Robur der Sieger
sagte Onkel Prudent, sind Sie gleich mir entschlossen, das Leben zum Opfer zu bringen?
– Ja, gleich Ihnen!
– Und noch einmal, es liegt auf der Hand, daß wir von diesem Robur nichts zu hoffen haben.
– Nichts!
– Nun wohl, Phil Evans, mein Entschluß ist gefaßt. Da der »Albatros« noch heute spät Abends abfahren soll, wird die Nacht nicht vergehen, ohne daß unser Werk vollbracht wäre. Wir werden dem Vogel des Ingenieurs Robur die Flügel zerbrechen. Diese Nacht wird er mitten in der Luft zersprengt!
– Haben Sie auch alles dazu Nöthige in Bereitschaft?
– Gewiß. Letztvergangene Nacht, als sich Robur und seine Leute nur um die Rettung des Aeronefs bemühten, gelang es mir, in die Munitionskammer zu schleichen und eine Dynamitpatrone mitzunehmen.
– So lassen Sie uns unverzüglich an’s Werk gehen, Onkel Prudent…
– Nein, erst heute am Spätabend. Wenn es dunkel geworden ist, ziehen wir uns nach unserer Wohnung zurück und Sie übernehmen die Wache, daß mich bei den Vorbereitungen Niemand überrascht.«
Gegen sechs Uhr speisten die beiden Genossen in hergebrachter Weise. Zwei Stunden später hatten sie sich nach ihrer Cabine zurückgezogen, als wollten sie sich für die letzte schlaflose Nacht schadlos halten.
Weder Robur, noch irgend einer seiner Leute konnte im entferntesten ahnen, welche Katastrophe den »Albatros« bedrohte.
Onkel Prudent aber dachte nach folgender Art zur Ausführung zu schreiten:
Wie schon erwähnt, war es ihm gelungen in die Munitionskammer einzudringen, welche in einer der unteren Rumpfabtheilungen des Aeronefs angelegt war. Dort hatte er sich einer gewissen Menge Pulvers und einer Patrone bemächtigt, die ganz mit denen übereinstimmte, deren sich der Ingenieur früher in Dahomey bediente. Nach seiner Cabine zurückgekehrt, hatte er die Patrone sorgfältig versteckt, mit der der »Albatros«, wenn er in der Nacht seinen Flug durch die Lüfte wieder begonnen, gesprengt werden sollte.
Eben jetzt besichtigte Phil Evans den von seinem Genossen geraubten Explosionskörper.
Dieser bestand aus einer längeren Hülfe, deren metallene Wand etwa ein Kilogramm des explosiven Stoffes enthielt, also voraussichtlich eine hinreichende Menge, um den Aeronef auseinander zu reißen und sein vielfältiges Steigschrauben-Getriebe zu zerstören. Vernichtete ihn die Explosion aber nicht mit einem Schlage, so mußte der Sturz in die Tiefe das Zerstörungswerk vollenden. Die Form und Größe der Patrone begünstigten es übrigens außerordentlich, diese in einer Ecke der Cabine so anzubringen, daß sie die Plattform unbedingt durchschlug und ihre Wirkung auch das Rippenwerk des Rumpfes erreichte. Die Explosion konnte nun aber nur durch das Zündhütchen, mit dem die Patrone ausgerüstet war, bewerkstelligt werden, das war der heiklichste Theil des ganzen Vorhabens, denn dieses Zündhütchen sollte nur nach vorausberechneter Zeit in Brand gesetzt werden.
Onkel Prudent hatte sich den Verlauf folgendermaßen gedacht: Gleich nach Vollendung der Reparaturarbeiten an der Vordertreibschraube sollte der Aeronef den Weg nach Norden wieder aufnehmen; wenn Obiges aber geschehen war, lag die Wahrscheinlichkeit nahe, daß Robur mit seinen Leuten nach dem Hinterdeck kommen würde, um auch die hintere Treibschraube wieder in guten Stand zu setzen.
Die Anwesenheit der gesammten Mannschaft in der Nähe der Cabine aber konnte Onkel Prudent leicht bei seiner Thätigkeit stören. Deshalb hatte er sich zur Verwendung einer Lunte entschlossen, um mittelst derselben die Explosion zu einer bestimmten Zeit eintreten zu lassen.
Er sprach sich darüber gegen Phil Evans mit folgenden Worten aus:
»Als ich die Patrone holte, habe ich gleichzeitig auch etwas Pulver mitgenommen. Mit diesem Pulver denke ich eine Lunte herzustellen, deren Länge mit ihrer gewünschten Brenndauer in Uebereinstimmung zu bringen sein wird und deren Ende ich in dem Zündhütchen zu befestigen gedenke. Meine Absicht geht nun dahin, dieselbe um Mitternacht anzuzünden und die Explosion zwischen drei und vier Uhr früh erfolgen zu lassen.
– Gut ausgedacht!« antwortete Phil Evans.
Die beiden Collegen waren, wie man hieraus ersieht, schon dahin gelangt, mit größter Kaltblütigkeit das schreckliche Vernichtungswerk zu besprechen, durch das auch sie mit untergehen sollten. Sie trugen eben eine solche Summe von Haß gegen Robur und seine Leute in sich, daß ihnen selbst die Aufopferung des eigenen Lebens nicht zu groß erschien,
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