Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
sinnliche Verlockung. Gelassener Spott lag in dem eisblauen Blick, Intelligenz, große Kraft, verborgener Schmerz. Ilat studierte das schöne Gesicht, seine Faszination war mittlerweile größer als die sexuelle Gier.
„Du trägst bereits großen Schmerz in dir“, sagte er nachdenklich und ergriff ihre Hände. Irgendetwas an ihren Handgelenken war seltsam, die Haut schien makellos, und doch prickelte es in seinem Nacken, als er sie dort berührte. „Du verbirgst dich hinter deinem Spott und deiner Magie, um deine Narben nicht zeigen zu müssen.“ Er stellte sich hinter sie, fuhr zärtlich über ihre schmalen Schultern. Spürte die harten Muskeln, die sich unter seinen Fingern anspannten. Das hier war eine Kriegerin, so widersinnig es klingen mochte. Frauen kämpften nicht, sie wurden beschützt. Für Hexen galten wohl andere Regeln.
„Du gibst dich mir hin, wenn ich dir zu deiner Rache verhelfe?“, fragte Ilat, während er wieder vor sie trat, ganz dicht an sie heran. Er strich mit dem rechten Zeigefinger über ihren Hals hinab, zwischen ihre Brüste. Ihr Blick verhärtete sich, dennoch spürte er keine Angst und sie zuckte nicht zurück. Oh ja, sie würde sich ihm darbieten. Nicht aus Lust, und auch nicht mit jener selbstzerstörerischen Gleichgültigkeit, die Ilat schon bei einigen Frauen erlebt hatte. Frauen, die unter der Hand von Männern gelitten hatten, bis sie einen Schutz um ihre Seele legen konnten, durch den kein äußerer Schmerz mehr drang. Diese Hexe hatte gelitten, zweifellos, und der Schutzring um ihre Seele war aus unzerstörbarem Stahl. Aber es war kein Mann, der ihr das angetan hatte. Sie würde anders auf ihn reagieren, wenn dem so wäre. Diese Härte … Und noch etwas anderes. Sie liebte einen Mann, er spürte es. Sie war verliebt und begann trotzdem dieses Spiel mit einem wahnsinnigen König. Faszinierend, gewiss.
„Sag mir, wovor du Angst hast“, befahl er. Die Hexe zögerte. Einen Moment lang wirkte sie jung, beinahe mädchenhaft, und verletzlich. Sie sah kurz zu Boden, danach hatte sie sich wieder unter Kontrolle.
Ja, sie musste ihm ihre Angst offenbaren, das war ihr klar.
Ilat genoss diesen winzigen Anblick von Schmerz und die Macht, die er nun besaß. Sie wollte etwas, das nur er ihr geben konnte, darum musste sie sich beugen.
„Sag es mir, sonst kannst du gehen!“
„Ich fürchte mich davor zu lieben, geliebt zu werden und diese Liebe zu verlieren“, bekannte sie tonlos.
Ilat nickte. „Also bist du unangreifbar für mich, denn ich kann dich nicht lieben, und du wirst wohl außer Mitleid und Verachtung nichts für mich fühlen. Was ist mit dem Mann, den du liebst?“
Sie zog die Augenbrauen hoch, versuchte aber nicht zu leugnen, was Ilat so deutlich erkannt hatte.
„Er fürchtet sich davor, dass er meine Liebe nicht verdient haben könnte und sie dadurch verlieren wird.“
„Ein Zweifler also? Und, hat er sie verdient, deine Liebe und Aufmerksamkeit?“
„Mehr als du“, parierte Inani in dem gleichen spöttischen Tonfall, mit dem er gefragt hatte.
Ilat seufzte. Er konnte sie nicht beherrschen, es war deutlich spürbar, dass sie nicht gelogen hatte und nur diese einzige Schwäche besaß. Diese Hexe war ihm mehr als ebenbürtig, so etwas hatte er noch nicht erlebt. Ob ihm das gefiel, konnte er nicht entscheiden.
„Vielleicht will ich dich gar nicht?“, sinnierte er und zog sich einen Schritt von ihr zurück. Inani stutzte, einen Moment lang überrascht, doch sie ließ sich von ihm nicht täuschen.
„Was dein Körper will, Ilat, ist nicht zu übersehen“, sagte sie leichthin. „Verlangst du mehr? Weder meine Seele noch mein Herz stehen zu Gebot. Du kannst diesen Leib als Spielzeug haben, sobald er von Roen Orms Krone geschmückt wird, du kannst dir meine Magie nutzbar machen und die Welt unterwerfen. Was willst du noch?“
„Nichts mehr“, murmelte er. Schwermut überflutete sein Bewusstsein, schwarzes, hoffnungsloses Nichts. Er wollte nicht denken. Am liebsten hätte er Inani genommen, sofort, mit Gewalt, sie getötet und sich so seine Ruhe gesichert. Er wusste, dieser Frau war er nicht gewachsen, und sie würde mehr von ihm verlangen, als er geben konnte. Sollte er sie wegschicken? Konnte er ein solches Angebot ausschlagen?
Nein. Er wollte spielen. Er brauchte alles was sich bot, um sich vor der großen Leere in seinem Inneren abzulenken. Die Stimmen fernzuhalten, die ihn quälten, wann immer er nüchtern war.
Erschöpft taumelte Ilat zu seinem Bett
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