Rolf Torring 005 - Kaempfe im Urwald
ein Ast, über den ich streifte, nach, und mit leisem Knarren wich ein schmales Stück der Holzwand zurück. Ein dunkler Raum lag dahinter, aus dem eine furchtbar schlechte Luft mir entgegenschlug. Schnell schaltete ich meine Taschenlampe ein und erblickte eine zweite Kajüte, die einfach üppig eingerichtet war. Wie das Boudoir einer Weltdame wirkte der Raum. Auf dem schwellenden Seidensofa mir gegenüber aber lag eine menschliche Gestalt. Schnell trat ich näher und erblickte einen schwarzbärtigen Mann, der in tiefer Ohnmacht zu sein schien. Er war gefesselt, und ein dicker Knebel schnürte ihm fast den Atem ab. Wie mechanisch stöhnte er ab und zu auf, ohne sich zu regen.
Ich machte mir keine Gedanken über diesen sonderbaren Schoner, sondern hob den Bedauernswerten hoch und trug ihn in die Nebenkajüte. Dann rief ich Pongo, er solle Rolf ablösen und hinunter schicken. Schnell durchschnitt ich die Fesseln und entfernte den Knebel aus dem Mund des Bewußtlosen. Als Rolf erschien, stellte er gar keine Frage, sondern entkorkte sofort eine Whiskyflasche, um die Schläfen des Mannes einzureiben. Es dauerte auch nicht lange, da bewegte sich der Schwarzbärtige, schlug endlich die Augen auf und stöhnte in französischer Sprache: „Wasser!"
Schnell holte ich aus der Küche einen Becher, und wir flößten ihm vorsichtig das belebende Naß ein. Er starrte uns groß an, schloß dann die Augen und schien einzuschlafen. Als wir ihn aber auf das Sofa in der Kajüte legten, flüsterte er plötzlich:
„Ich bin Kapitän Larrin. Meine Leute haben gemeutert und mich dem Hungertod überlassen. Retten Sie mich, fahren Sie den Schoner ins Meer hinaus." „Wir sind bereits auf dem Meer", beruhigte ihn Rolf, „Sie sind in Sicherheit. Schlafen Sie jetzt; ich werde eine kräftige Brühe kochen lassen."
Während Rolf wieder ans Steuer ging und Pongo in die Küche schickte, säuberte ich die Wunden an den Handgelenken des Kapitäns. Die Stricke hatten die Haut durchgescheuert. Er fragte mich jetzt, wie wir auf den Schoner gekommen seien, und ich erzählte ihm unsere Flucht. „Das ist gut", nickte er, „wir können zusammen den nächsten Hafen anlaufen. Ich werde mich bald erholt haben, dann werde ich feststellen, wo wir sind." Der Kapitän schien wirklich eine eiserne Natur zu haben. Bereits eine Stunde, nachdem wir ihm die kräftige Brühe eingeflößt hatten und ihn schlafend glaubten, erschien er plötzlich an Deck.
„Wie Sie sehen, meine Herren, bin ich schon wieder wohlauf", lächelte er. „Seien Sie nochmals bedankt. Jetzt werde ich unseren Standort feststellen." Er ging zum Sextanten und sagte nach einigen Augenblicken:
„Wir befinden uns in der Malakkastraße, in der Höhe von Delhi. Wollen wir umkehren und die Station anlaufen, oder wollen wir weiter nach Singapore fahren?" „Wir würden gern Delhi anlaufen. Mein Freund hat Ihnen wohl unsere Abenteuer schon erzählt, und wir müssen die Legion benachrichtigen, damit der Sergeant im Urwald benachrichtigt wird." „Gut, meine Herren, dann werden wir wenden." Kapitän Larrin trat ans Steuer. Aber bevor er das Rad herumdrehte, ließ er seinen Blick prüfend ringsum schweifen. Und plötzlich zuckte er zusammen, blickte längere Zeit scharf nach Nordwest und sagte dann mit gepreßter Stimme:
„Meine Herren, wir können jetzt nicht an Land. Wir müssen im Gegenteil mit äußerster Kraft in die hohe See. Walte Gott, daß es nicht schon zu spät ist." Erstaunt blickten wir ebenfalls nach Nordwest. Der Himmel hatte dort allerdings ein sonderbares, schwefeliges Aussehen, aber das war doch kein Grund, um nicht zu wenden.
„Es scheint wohl Sturm zu kommen?" fragte Rolf endlich. „Gehen Sie schnell in den Maschinenraum", wandte sich Larrin an mich, „der Motor muß mit vollster Kraft laufen. Das ist kein schwerer, Sturm, der da kommt, das ist ein Taifun. In einer halben Stunde ist er hier. Dann Gnade uns Gott."
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