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Rolf Torring 060 - Mary Barring die Sonderbare

Rolf Torring 060 - Mary Barring die Sonderbare

Titel: Rolf Torring 060 - Mary Barring die Sonderbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Warren
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      Eine große alte Frau kam aus einer Nische heraus. Langsam, fast schleichend, ging sie auf uns zu, und ich erschrak vor dem glühenden, haßerfüllten Blick ihrer Augen.  
      „Also, das sind sie," sagte sie mit müder Stimme, „sie haben meinen armen Mann gehetzt, bis in den Tod gehetzt. Oh," — ihre Stimme wurde plötzlich schrill, — „oh, ihr sollt es büßen. Ihr habt ihn gemordet !"  
     

 
      5. Kapitel. Mary Barring, die Sonderbare.  
     
     
      Sie sah in diesem Augenblick ganz gefährlich aus. Durch den Tod ihres Mannes, des berüchtigten Bandenführers, schien sie irr geworden zu sein. Und ich konnte mir vorstellen, daß sie in ihrem furchtbaren Haß zu den gräßlichsten Taten fähig war.  
      Rolf blieb völlig kühl, wie ich mit schnellem Seitenblick feststellte. Er betrachtete Mary Barring ruhig, heftete dann seine grauen Augen fest in die ihren und sagte mit Nachdruck:  
      „Barring hatte den Tod verdient, er hatte gemordet. Wenn Sie ihn rächen wollen, sind Sie ebenfalls eine Mörderin. Er wurde auch nicht von uns getötet, sondern Dwina hat ihn heimtückisch getötet.  
      Mary machte eine zweifelnde Miene.  
      „Ist das wahr?" meinte sie schwankend. „Dwina war der Mörder? Ich habe ihn ja immer vor diesem Schwarzen gewarnt, der so blutdürstig war. Es kann sein, daß Dwina ihn gemordet hat." Im nächsten Augenblick änderte sich aber wieder ihr Gesicht, und wüterfüllt zischte sie Rolf an:  
      „Aber ihr habt ihn gejagt, ihn und Dwina, das weiß ich. Und Dwina wird ihn nur getötet haben, weil er dann schneller und besser fliehen konnte. Ihr seid also schuld an seinem Tod, und büßen müßt ihr dafür. Oh, Ich werde eure Henkerin sein."  
      Es war klar, daß diese Frau nicht richtig bei Sinnen sein konnte. Das abenteuerliche Leben an der Seite des Verbrechers, das sie vielleicht erst später erkannt hatte, mochte den ersten Grund zu ihrer Geistesgestörtheit gegeben haben, und der Tod ihres Mannes hatte dann den morschen Geist völlig zerrüttet  
      In Rolfs Stimme war deutlich das Mitleid zu hören, als er jetzt sagte:  
      „Mary Barring, wir sind nur ins Innere des Landes gekommen, um Sie aufzusuchen. Kapitän Dawson vom 'Cormonran', mit dem wir von Südamerika herüberfuhren, bat uns, seine Schwester Mary zu suchen, die vor zwanzig Jähren mit Barring floh. Wir wollten sehen, wie es ihr ging, und sollten sie von ihrem Bruder grüßen, der sich immer noch nach ihr sehnt."  
      Ein Lächeln überflog das hagere Gesicht der Frau und machte es schön. Und mit weicher Stimme sagte sie:  
      „Mac, der kleine Mac! Er denkt noch an mich? Oh, dann bin ich ja nicht so allein auf der Welt. Zwanzig Jahre sind es her, daß ich mit Connor Barring entfloh. Zwanzig Jahre ! Und erst vor fünf Jahren merkte ich, daß Connor der Führer einer Verbrecherbande war. Da hatte ich mich aber schon mitschuldig gemacht, denn ich hatte das Geld, das er durch Raub erbeutete, genommen. Und nun ist Connor tot, und der kleine Mac läßt mich grüßen. Ich muß an ihn denken."  
      Damit wandte sie sich ab, ohne uns weiter zu beachten, und schlich der Nische zu, aus der sie aufgetaucht war. Der alte Finder warf uns einen wütenden Blick zu, dann eilte er ihr nach. Offenbar paßte es gar nicht in seine Pläne, daß Mary Barring durch die Erinnerung an ihren Bruder so weich gestimmt war.  
      Er rief über die Schulter den Leuten einen Befehl zu. Sofort wurden wir roh aus der Halle gezerrt. In zwei nebeneinanderliegende Zellen der kleinen Grotte wurden wir hinein gestoßen, die Türen flogen zu, und die schweren Riegel schnappten vor.  
      Es war völlig dunkel in dem Raum. Ich bemühte mich erst gar nicht festzustellen, wie groß die Zelle war, sondern fing sofort an, meine Handgelenke hin- und herzuwinden. Schon seit langer Zeit hatten Rolf und ich darauf trainiert, unsere Sehnen und Muskeln so anzuspannen, daß die Handgelenke dicker wurden. Wir waren ja schon so oft in feindliche Hände gefallen, die uns gefesselt hatten. Daher unsere Übung darin, uns zu befreien.  
      Obwohl unsere Fesseln sehr straff angezogen waren, wurden sie doch schon lockerer, nachdem ich einige Male daran gezerrt hatte, doch sah ich bald ein, daß ich unmöglich eine Hand aus der Lederschlinge ziehen konnte.  
      Die Hände waren mir auf dem Rücken gefesselt. Aber die Banditen waren zu sicher gewesen; sie hatten versäumt, mir den Waffengürtel unter der Jacke loszuknüpfen.  
     

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