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Rom kann sehr heiss sein

Titel: Rom kann sehr heiss sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Bo tius
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Zeitungsschreibers«, sagte Einar. Ich setzte mein Glas an die Lippe. In diesem Augenblick geschah etwas Verrücktes: Die Schallplatte brach entzwei. Der Tonarm verhakte sich. Die Bardame sah gelangweilt zu, wie die beiden Hälften der Schellackplatte zu Boden fielen und zersplitterten.

18. Ein ungewöhnlicher Schritt

    Im Hotel lag ein Brief meiner ehemaligen Behörde an mich. Ich wunderte mich, woher sie meine Adresse hatten. Einar zwinkerte mir zu. »Du hattest Kontakt mit ihnen?«, fragte ich.
    »Ja, mit deinem Exchef. Ein netter Kerl übrigens. Raue Schale, rauer Kern, würde ich sagen. Er ist durch und durch korrupt und daher glaubwürdig. Der richtige Mann für diesen Job.«
    Der Brief enthielt ein ungewöhnliches Lob. »Du bist und bleibst ein Chaot, Piet. Du hast wie immer in deiner seltsamen Art Bewegung in die Dinge gebracht. Wir sind inzwischen auch in Holland fündig geworden. Das italienisch-schweizerische Netzwerk reicht weiter, als du denkst. Eure Pressekonferenz hat genauso gewirkt wie ein Mann, der in einen Ameisenhaufen pinkelt. Überall wuselt es. Alle wollen ihre Eier und Larven in Sicherheit bringen.
    Ich schlage dir wegen deines Erfolges einen neuen Job vor. Wir stellen dich nicht wieder fest ein, sondern machen dich zu einem Sonderermittler auf Honorarbasis. Du hast in schwierigen Fällen nichts weiter zu tun, als in ihrer Nähe zu existieren. Wie findest du das? Existieren fällt dir doch schwer genug, also kannst du mit Recht gutes Geld dafür verlangen. Melde dich auf jeden Fall bei mir, wenn du wieder in Groningen bist.«
    Am nächsten Tag nahm ich die Fähre, einen dieser schwimmenden Plattenbauten, nach Schweden. Der Abschied von Einar war so unsentimental wie nur möglich. Er winkte mit einer Zeitung, auf deren Titelseite wir beide abgebildet waren. Von Stockholm fuhr ich mit dem Zug nach Göteborg und nahm dann die Fähre nach Frederikshavn. Dann ging es weiter mit dem Zug über Hamburg und Bremen nach Groningen. Es war eine lange Fahrt. Ich starrte zumeist aus dem Fenster und dachte und fühlte nichts. Ich war weder froh noch traurig, weder müde noch wach. Ich war tatsächlich im G0-Zustand.
    Das Haus meiner Mutter war verkauft. Ich hatte nichts von der Einrichtung behalten, außer meinem Rad. Ich mietete mich in einer Pension ein und ging abends in die »Blaue Maus«.
    »Der verlorene Sohn kehrt zurück«, sagte er Wirt, als er mich sah. »Du bist in der Zeitung gewesen, du bist berühmt. Ich hoffe, du lässt dir ein Bierchen ausgeben. Du warst ziemlich lange weg. Man hat dich in die Wüste geschickt, hast du damals gesagt. Hast du sie gefunden?«
    »Nein, ich zweifle daran, dass es meine Wüste gibt.«
    »Ich weiß, wo sie ist. Warst du noch nie im Watt? Ich kenne keine bessere Wüste als das Watt. Vor allem hat sie den Vorteil, alle zwölf Stunden frisch gescheuert zu werden.«
    Es war ein Tag mit viel Wind, viel Regen, viel so genanntem schlechten Wetter, was mir gefiel, denn es verwirbelte meine Gefühle zu einer braun-violetten Einheit, wie es beim Reinigen eines Aquarellpinsels geschieht, den man, mit unterschiedlichen Farben getränkt, immer in das gleiche Wasser taucht.
    Ich kämpfte mich mit meinem Pedersen nach Pieterburen durch und ging von dort ins Groninger Watt hinaus, so weit, dass das Land nicht mehr zu sehen war. Der Wirt der »Blauen Maus« hatte Recht. Es war meine Wüste. Sie hatte immer vor meiner Haustür gelegen. Ich wusste, dass ich sie nur mit dem Meer teilen musste.
    Als die Flut kam, begann das Watt zu singen. All die kleinen Luftbläschen, die der steigende Grundwasserspiegel aus dem Sand herauspresste, verliehen dieser Wüste ihre leise, bedrohlich klingende Stimme. Es war Zeit umzukehren, wenn ich mich an die Regel halten wollte, auch weiterhin das Unentdeckte im Entdeckten zu entdecken. Doch irgendetwas hielt mich fest. Ein Bann, der von der suggestiven Kraft dieser eintönigen, leeren Landschaft auszugehen schien. Ich befand mich an einer Stelle, wo ein tiefer Priel einen gewaltigen Bogen in den Wattboden hineingefräst hatte. Noch immer lief hier das alte Wasser in reißender Strömung dem unsichtbaren Meer entgegen, ein Fluss voller Wirbel und Katarakte, der mich an die Aare erinnerte. Auch dieses war ein Styx. Ich wusste, wenn ich hier länger verharrte, würde mir der Rückweg von der auflaufenden Tide versperrt. Der Gedanke gefiel mir, mich dem ewigen Pendelschlag der Gezeiten hinzugeben, Ebbe und Flut, die wechselnde Anziehungskraft des Mondes

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