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Rom kann sehr heiss sein

Titel: Rom kann sehr heiss sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Bo tius
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Babylonien, geboren 216, gestorben 277 im Gefängnis. Der größte Religionsgründer aller Zeiten, denn er hat es verstanden, die Menschheit von der Droge des gnostischen Dualismus abhängig zu machen. Weiß und Schwarz, Gott und Teufel, Gut und Böse, Geist und Materie, diese krasse Antithetik steuert uns auch heute noch als ein unausrottbares pseudoethisches Programm. Leider wurde der triadische Ansatz des Christentums manichäisch unterwandert. Himmelhoch jauchzend oder zu Tode betrübt, anders können wir nicht fühlen. Prost, auf uns drei. Auf dass wir keine Manichäer sind. Schließlich gibt es noch etwas Drittes zwischen nüchtern und besoffen, und das ist die Hellsicht des maßvoll Betrunkenen. Die Bogomilen sind übrigens der Auffassung, dass Jesus nie einen wirklichen Menschenleib angenommen hat. Doketismus nennt man das.«
    »Ich glaube, Monsignore Tanner war auch dieser Meinung.«
    Er trank uns zu. Dann fuhr er fort mit seinem religionsphilosophischen Exkurs. »Mir fällt noch eine andere Sekte ein, die sehr gut zu den HUBRO-Leuten passt. Anfang des 15. Jahrhunderts gab es in Brüssel eine Vereinigung, die sich ›Homines intelligentiae‹ nannte. Sie waren Adamiten, das heißt, sie waren Freigeister, die den neuen Menschen verehrten. Adam sei der wahre Gott, der Gott-Mensch schlechthin. Hatte ihn der alte Gott nicht nach seinem Ebenbild geschaffen? Diese Geistmenschen lehnten den Unterschied von Mann und Frau ab. Sie traten nackt bei ihren Kulthandlungen auf. Natürlich wurden ihnen von Seiten der Kirche perverse Motive angehängt.«
    »Gibt es eine Verbindung zwischen dem Manichäismus und dem Buddhismus?«, fragte ich. Er starrte mich an, wie man einen Ungebildeten ansieht, mit einer Art erfreutem Mitleid im Blick. »Du spielst auf den Götzen im Schrank an? Einar hat ihn mir beschrieben. Es gibt natürlich eine Verbindung. Sie ist besonders typisch für die tibetanische Version des Buddhismus, den Lamaismus. ›Om mani padme um‹, ein Mantra, eine magische Formel, die man zur Gebetsmühle leiert. Mit ihr beschwört man die Seinsform des Absoluten. Die Silbe Om findet sich auch zuweilen auf dem Lingam – ihr Banausen würdet Schwanz sagen – des Gottes Shiva und symbolisiert durch die drei Laute a-u-um die Trinität von Vishnu, seiner Frau Shri und dem Krieger Shiva. Manichäische Kosmologien enthalten immer bestimmte trinitarische Einschlüsse, von daher ist auch das Christentum in Wahrheit eine gnostische Ideologie. Ihr seht, wir haben es bei eurem schweizerisch-italienischen Klonclub mit einem eklektischen Zirkel zu tun, der auf alle möglichen manichäischen Vorbilder zurückgreift, um sein Vorgehen zu legitimieren. Sie wollen Geld, das ist wohl wahr, aber sie wollen auch eine neue Menschheit, und dabei gehen sie im wahrsten Sinne des Wortes über die gleichen Leichen, über die auch die alte ging.«
    Der Abend bei Ulla Räsanen verlief ziemlich katastrophal. Ulla war tatsächlich unirdisch schön, was dazu führte, dass wir drei Männer uns unbeholfen benahmen, wie Konkurrenten, die sich diese Rolle nicht eingestehen wollten. Nach einer langen Phase dürftigen Small Talks holte die Gastgeberin aus dem Schreibtisch ihres Mannes eine Flasche von 80-prozentigem Selbstgebrannten. Wir tranken ihn schweigend. Plötzlich fühlte ich mich von einer Sekunde zur anderen so betrunken, dass ich aufstehen und hinausgehen musste. Vaala und Einar stützten mich. Ulla holte ein nasses Handtuch und wischte mir damit über die Stirn. Ich sah nichts außer schwarzen Flecken, die vor meinen Augen tanzten. Dann lag ich mit dem Gesicht im Heidekraut und übergab mich. Kein unangenehmes Gefühl in diesem Moment, eher das Gefühl, Ballast abzuwerfen, leichter zu werden. Der Mond stand am Himmel. Ich hörte Stimmen. Sie schäkerten. Ich drehte mich auf den Rücken und sah die Sterne. Sie schwirrten wie Mückenschwärme am Himmel. »Irgendwo da oben bist du«, flüsterte ich. »Nicht der Vater, nicht der Sohn, nicht der Heilige Geist, sondern du, Frau meines Lebens, die ich noch nicht gefunden habe und vielleicht nie finden werde.« Da sah ich plötzlich einen Mann am Firmament. Er war groß und schön, hatte ausdrucksvolle Augen. Seine Haare waren schulterlang. Er kam auf mich zu, geradewegs vom Horizont. Es war der Sohn Gottes. Je näher er kam, desto ähnlicher sah er mir. Schließlich berührten wir uns und wir verschmolzen. Dann musste ich eingeschlafen sein.

17. Café Moskau

    Die Pressekonferenz fand am

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