Romana Exklusiv 0172
vergessen, Rosa“, sagte er und beobachtete Harriet, als sie Kaffee einschenkte.
Rosa hatte ihr erzählt, dass Leo seinen Kaffee schwarz trank. Trotzdem bot Harriet ihm Sahne an. „Seit meiner Verbannung hatte ich wenig Gelegenheit, Italienisch zu sprechen, außer in meinem Job.“ Und das stimmte ja auch.
„Du hast also vergessen, dass ich meinen Kaffee ohne Milch, aber mit Zucker trinke“, erklärte Leo und zog fragend eine Augenbraue hoch. „Was hast du noch vergessen, Rosa?“
„So viel ich konnte“, antwortete sie scharf. „Möchtest du einen Keks?“
Leo schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück, wobei er sie keine Sekunde lang aus den Augen ließ. „Wie gefällt dir die Arbeit im Hermitage?“
„Besser, als ich anfangs gedacht hätte.“ So hatte Rosa sich ausgedrückt.
„Damals hattest du andere Ziele.“
„Spielst du auf eine Karriere als Mannequin an?“ Harriet zuckte die Schultern. „Ach, das waren nur die typischen Träume eines Teenagers. Darüber bin ich inzwischen längst hinweg. Und zwar über alle“, fügte sie vielsagend hinzu.
„Wirklich?“ Er sah sie forschend an. „Du warst damals schon hübsch genug für diesen Beruf, und jetzt bist du noch schöner.“ Genießerisch ließ er den Blick über ihre makellose Figur gleiten.
Harriet wandte sich ab, um sich noch eine Tasse Kaffee einzuschenken, und wünschte, Leo Fortinari würde endlich verschwinden. Hatte er denn gar nichts in den Weinbergen zu tun, die, wie sie von Rosa erfahren hatte, einige Kilometer von der Villa Castiglione entfernt lagen? Sie überspielte ihre Verärgerung und fragte höflich: „Wie geht es Mirella und Dante?“
„Dante ist meine rechte Hand, seit Vater sich aus dem Geschäftsleben zurückgezogen hat. Und Mirella ist verheiratet und erwartet ihr erstes Kind.“ Leo stellte die leere Tasse aufs Tablett. „Bei Tonys Frau scheint es ja auch bald so weit zu sein.“
Harriet nickte. „Ja, wir rechnen jetzt jeden Tag mit der Geburt. Deshalb können sie auch nicht zu Nonnas Geburtstag kommen.“
„Hoffentlich geht alles gut. Mirella erfreut sich jedenfalls bester Gesundheit. Du bist nicht zu ihrer Hochzeit gekommen“, fügte er vorwurfsvoll hinzu.
Jetzt stellt er mich schon wieder auf die Probe, dachte Harriet ärgerlich. „Aus gutem Grund.“ Sie hielt seinem Blick stand, bis Leo wegsah.
„Hattest du Angst herzukommen?“
„So kann man es auch nennen.“
„Wärst du gekommen, wenn Nonna dich persönlich eingeladen hätte?“ Er sah sie gespannt an. „Oder hast du dich vor dem Wiedersehen mit deinen alten Freunden gefürchtet?“
„Hör auf, das Kind zu tyrannisieren!“, befahl eine herrische Stimme.
Leo stand auf, und Harriet folgte schnell seinem Beispiel. Die Dame, die auf sie zukam, trug ein ausgezeichnet sitzendes marineblaues Leinenkostüm. Das dunkle Haar war von Silberfäden durchzogen und perfekt frisiert, das Gesicht gekonnt zurechtgemacht. Die Jahre schienen fast spurlos an ihr vorübergegangen zu sein. Harriet sah ihr schweigend und nervös entgegen.
In Vittoria Fortinaris Augen schimmerten Tränen, als sie Harriet in die Arme schloss. „Rosa“, sagte sie mit bebender Stimme. „Wie schön du bist!“ Mit einem Taschentuch trocknete sie sich die Tränen. „Ach, ich darf nicht weinen. Das würde mein Make-up sehr übel nehmen.“ Sie lächelte so schalkhaft, dass Harriet ihr Lächeln unwillkürlich erwiderte.
Signora Fortinari setzte sich aufs Sofa und zog Harriet neben sich, bevor sie Leo zulächelte, der sie beide mit einem forschenden Blick ansah, der Harriet langsam unangenehm wurde. „Vielen Dank, dass du Rosa zu mir gebracht hast, Leo.“
Leo Fortinari verbeugte sich höflich. Er hatte die Aufforderung seiner Großmutter, sich nun zu verabschieden, sehr wohl verstanden. „Da ich meinen Zweck nun erfüllt habe, Nonna, werde ich nach Fortino zurückkehren.“
„Nun habe ich dich beleidigt. Komm doch zum Abendessen wieder, Leo“, fügte sie hinzu, sehr zu Harriets Missfallen.
Leo hatte es sofort bemerkt und lächelte sarkastisch. „Gern, falls Rosa nichts dagegen hat.“
„Ich würde mich sehr freuen“, log Harriet.
„Also abgemacht.“ Vittoria lächelte herzlich. „Bring Dante mit, Leo. Er wird es kaum erwarten können, Rosa wiederzusehen.“
Harriet entspannte sich etwas. Dante war in Kalifornien gewesen, als Rosa in Ungnade gefallen war.
„Wie du wünschst, Nonna.“ Leo gab seiner Großmutter einen Handkuss und fügte besorgt hinzu:
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