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Romeo und Jabulile

Romeo und Jabulile

Titel: Romeo und Jabulile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz van Dijk
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genauso groß ist wie er, aber deutlich schmächtiger und wohl auch jünger. Dann spuckt Lonwabo vor ihm aus und sagt verächtlich: »Mach, dass du hier wegkommst, Kwerekwere !«
    Ein paar andere Jungen lachen, bevor sie der Aufforderung von Pastor Khanya folgen und den Platz verlassen. Nur für einen Augenblick schauen wir uns in die Auge n – der Junge mit dem leichten Akzent und ich. Dann zieht mich Phumla mit zu den anderen aufs Feld, denn der Schiedsrichter wird jeden Moment das Spiel wieder anpfeifen.
    Ich sehe aus dem Augenwinkel, wie der Junge, der offenbar ganz allein ist, langsam vom Platz geht, zurück zur staubigen Nordseite. Mir ist, als würde er hinken.
    Die letzten Minuten des Spiels sind eher langweilig. Die Mädchen aus Gugs scheinen wie im Schock nach unserem einzigen Tor. Selbst Ma Dudula hat wieder ihr unfreundliches Gesicht, obwohl klar ist, dass ihr Team gewinnen wird.
    Nach dem Abpfiff werden wir von unseren Fans gefeiert, als hätten wir gewonnen. Auch Pastor Khanya gratuliert uns und lädt uns alle zum Braai ein, den Mitglieder seiner Gemeinde im Hof der Grundschule vorbereitet haben.
    Den ganzen Nachmittag, selbst während des Spiels der Jungenmannschaften, geht mir jene kurze Begegnung auf dem Spielfeld nicht mehr aus dem Kopf: Wer ist dieser freundliche Junge, der den Mut gehabt hat, mir zu gratulieren, obwohl er anscheinend nicht von hier stammt? Und der auf so hundsmiserable Weise von meinem Bruder behandelt worden ist?
    Überall schaue ich mich nach ihm um. Aber auch die kleine Gruppe, zu der er hinkend zurückgegangen war, ist wie vom Erdboden verschwunden. Woher kommt er? Wie heißt er? Warum kennt ihn sonst niemand?
    Bei der abendlichen Feier zum Abschluss des Sportfests sind alle bester Stimmung. Kwaito dröhnt aus allen Lautsprechern. Später erhält selbst Unathi ihren Karaokeauftritt, zusammen mit ein paar anderen Mädchen. Auch mein Bruder Lonwabo kommt mehrmals vorbei, um mich seinen Freunden gegenüber als seine »starke Schwester« vorzustellen. Er merkt natürlich, dass etwas nicht okay ist mit mir, hat aber wohl beschlossen, es zu ignorieren.
    Wenn ich die Augen schließe, kann ich das Gesicht vor mir sehen: seine dunkelbraunen Augen und den sanften Mund mit vollen Lippen und blitzend weißen Zähnen. Wenn ich ihn doch nur wiedertreffen könnte.
    Ich tanze mit niemandem an diesem Abend, obwohl mehrere Jungs deutlich zeigen, dass sie es wollen. Einmal fragt Unathi: »Immer noch dein Auge?« Ich nicke. Selbst ihr kann ich nicht sagen, an wen ich immerzu denken muss.
    Noch vor Ende der Party mache ich mich auf den Heimweg. Kaum habe ich das Schulgelände verlassen, als sich aus dem Schatten eines Baums eine magere Gestalt löst und einen vorsichtigen Schritt auf mich zumacht.
    Ich weiß, dass nur er es sein kann.

Die Hütte – iShack

    Zuerst sehe ich nur seine weißen Zähne in der Dunkelheit blitzen. Er lächelt. So schüchtern. Gut einen Meter vor mir bleibt er stehen und rührt sich nicht. Nur das Lächeln.
    » Mol o – hall o …«, sage ich so leise, dass ich es selbst kaum hören kann.
    Er antwortet nicht. Am Weiß in seinen Augen erkenne ich, dass er sich vorsichtig umschaut, ob wir auch wirklich allein sind.
    Dann hebt er seine rechte Hand und winkt mir, ihm zu folgen. Ich tue es, ohne zu zögern und obwohl ich noch immer nichts von ihm weiß. Mein Herz klopft aufgeregt.
    Gleichzeitig spüre ich eine tiefe Sicherheit. Er ist es. Ihm will ich folgen. Jetzt. Er wird mir nichts antun. Er achtet darauf, dass ein Abstand zwischen uns bleibt.
    Zuerst gehen wir noch ein ganzes Stück am Zaun des Schulgeländes entlang. Dort, wo das Licht der Straßenlampen nicht hinreicht. Obwohl er auch jetzt leicht sein linkes Bein nachzieht, bewegt er sich so, als würde er sich genau auskennen. Kein einziges Zögern. Wohin will er mit mir gehen?
    Ich betrachte seinen schmalen Rücken, als ich hinter ihm herstolpere. Er hat auch ziemlich dünne Arme, was ich jetzt, als sich meine Augen an das fahle Mondlicht gewöhnt haben, gut erkennen kann. Obwohl er einen Kopf größer ist als ich, glaube ich, dass ich stärker bin als er. Nur für alle Fälle.
    Wir haben jetzt den Rand des Township erreicht, dort, wo eine ziemlich hohe Mauer unsere Armensiedlung von einem benachbarten Industriegebiet trennt, auf dem sich ein Baumateriallager, Schrotthalden und Autowerkstätten befinden. An der Spitze eines ausrangierten Baukrans hängt ein Scheinwerfer und bestrahlt einen Teil des Geländes. Erst

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