Rosen für die Kaiserin
geneigtem Kopf. Aber seine Stimme war klar und fest.
»Das geht heute nicht!«
»Und darf ich fragen, warum?«
»Das siehst du doch. Der Förster hat hohen Besuch, da hat er keine Zeit für dich.«
Inzwischen war Jutta bei ihrem Vater angelangt. Sie merkte, dass er sich mühsam beherrschte.
»Verzeiht, aber es ist von großer Wichtigkeit. Dieser Säugling hier braucht dringend eine Amme, und der Förster …«
»Herrgott noch mal, komm morgen wieder!«
Jutta konnte nicht länger an sich halten. »Hoher Besuch? Wer ist es? Der Kaiser?«
»Hab ich dir nicht befohlen, drüben auf mich zu warten?«, zischte Helmprecht.
Der Ritter zeigte erstmals den Anflug eines Lächelns. »Helles Köpfchen, deine Kleine. Erraten, Mädchen, der Kaiser und die Kaiserin sind hier. Versteht ihr nun, dass ihr da nichts zu suchen habt?«
Jutta blies staunend die Wangen auf, aber Helmprecht fühlte sich auf den Arm genommen.
»Der Kaiser, wie? Gewiss doch. Ist vielleicht auch der Herr Papst bei ihm? Oder der König von Frankreich?«
Der Ritter verlor die Geduld mit ihm. »Was erlaubst du dir? Hör zu, Bauernlümmel, wenn du nicht auf der Stelle das Weite suchst …«
»Wirich!« Helmprecht erblickte seinen Freund, den Förster, der soeben das Haus verließ, und winkte ihm heftig zu. Wirich zögerte kurz, eilte dann herbei, wirkte sehr angespannt.
»Hab das von Hroswitha gehört. Es tut mir ja so leid, mein Freund. Aber im Augenblick …«
»Sind der Kaiser und die Kaiserin wirklich bei dir?«, platzte es aus Jutta heraus.
»Ja, Kleine. Sie sind hier!« Es klang wie der Seufzer eines Mannes, der sich mit allem überfordert fühlt. Was keineswegs typisch für den jungen Förster war.
Vor Staunen bekam Jutta den Mund nicht mehr zu. Helmprecht wurde endlich bewusst, dass man ihn durchaus nicht veralbert hatte.
»Wie … Ich meine, warum … ausgerechnet hier?«
»Die beiden befanden sich mit ihrem Gefolge auf dem Weg nach Nimwegen, aber unterwegs …« Er winkte ab. Schweiß perlte auf seiner Stirn. »Freund, ich erzähl’s dir ein anderes Mal. Hab im Augenblick wirklich viel zu tun. Muss mich um all diese Leute kümmern.«
»Siehst du diesen kleinen Wurm hier, Wirich? Verdammt, er hat Hunger, und Hroswitha ist tot, verstehst du?«
»Oh«, machte Wirich nach kurzem Nachdenken.
»Die Amme, die dein Kind nährt – sie hat doch sicher noch Milch übrig, oder? Bitte, Wirich! Was soll ich sonst tun?«
»Der Kerl soll endlich verschwinden!«, meldete der Ritter sich wieder zu Wort. Unter seinem Topfhelm leuchtete ein zornrotes Gesicht.
»Schon gut, Herr. Ich bürge für diesen Mann. Von ihm geht keine Gefahr aus.«
Der Ritter blickte zu seinen Kameraden hinüber, die einen Weinschlauch kreisen ließen. »Na schön. Aber ins Haus darf er trotzdem nicht, verstanden?«
Wirich packte Helmprecht sanft am Arm, führte ihn mit sich fort und gab Jutta einen Wink, ihm zu folgen. Abseits des Hauptgebäudes gab es einen Geräteschuppen.
»Geht da hinein, ich schicke später die Amme zu euch. Verhaltet euch unauffällig, tut mir den Gefallen. Die Herren Ritter sind recht nervös.«
»Danke, Wirich«, sagte Helmprecht erleichtert.
»Ach was. Meine Pflicht als Freund und Christ. Ich werde die Amme jeden Tag zu dir nach Hause schicken. Dein Wurm soll nicht verhungern.«
»Warum sind sie hier?«, fragte Jutta. »Der Kaiser und die Kaiserin.«
»Nun, glaub mir, Kleine, ich war genauso verblüfft wie du, als sie gestern Abend mit ihrem Gefolge hier aufkreuzten.«
»Warum?«, beharrte Jutta, ahnend, dass es einen besonderen Grund für die Anwesenheit des kaiserlichen Paares an diesem abgelegenen Ort geben musste. Der Förster schien um die Neugier des altklugen Kindes zu wissen, es würde nicht lockerlassen, bis es eine halbwegs zufriedenstellende Erklärung gehört hatte. Auch Helmprecht sah ihn fragend an.
»Na ja, was soll’s, bald weiß es sowieso jeder. Die Kaiserin ist schwanger, wusstet ihr das? Ausgerechnet auf dem Weg nach Nimwegen hat sie ihre Wehen bekommen.«
»Gütiger Jesus«, flüsterte Helmprecht beklommen; offenbar holten die Erinnerungen an Hroswithas Torturen ihn wieder ein. »Hat sie … hat sie endlich einen Jungen geboren?«
Seit vielen Jahren wartete man im Reich auf die Nachricht von der Geburt eines möglichen Thronfolgers, aber Kaiserin Theophanu und ihrem Gemahl waren bislang nur drei Töchter geschenkt worden. Was mancher, der der Kaiserin aus der Fremde nicht wohlgesinnt war, mit Häme und Schadenfreude
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