Rosen für die Kaiserin
vorüberglitt. Einmal winkte sie einem Mädchen zu, das einen Blick auf sie erhaschte und vor lauter Staunen den Mund nicht zubekam.
Sie überquerten eine Tiberbrücke. Theophanu sah in die trüben Fluten des Flusses und dachte wehmütig an die blauen Wasser des Bosporus, über die ein frischer Wind strich und kräuselnde Wellen formte. Der alte Erzbischof schien zu wissen, was ihr durch den Kopf ging. »Du musst keine Angst haben, Theophanu«, sagte er leise zu ihr. Zum ersten Mal sprach er sie nicht als Prinzessin an, aber Theophanu störte es nicht.
»Ihr denkt, ich habe Angst?« Es gelang ihr nicht, ihrer Stimme einen amüsierten Beiklang zu verleihen.
»Auch eine Löwin hat manchmal Angst«, erwiderte Gero flüsternd. »Und du bist eine Löwin, meine Tochter, deine Augen verraten es mir. Du wirst allen Widrigkeiten trotzen. Gott wird dir dabei helfen, dafür bete ich. Denn ich weiß, dass du Gott gefällst.«
»Wie könnt Ihr da so sicher sein?« Die Huldigung aus dem Mund des ehrwürdigen Erzbischofs beschämte Theophanu. Statt einer Antwort verzog er den Mund zu einem Lächeln.
»Bitte erzählt mir von meinem künftigen Gemahl«, bat sie ihn, da er offenbar nicht näher auf seine kryptischen Behauptungen eingehen wollte.
»Habt Ihr mir diese Frage in den vergangenen Wochen nicht schon hundert Mal gestellt, Prinzessin?«
»Möglich, doch Eure Antworten gaben mir stets Mut und Hoffnung.«
Er lächelte immer noch. »Ich übertrieb nicht, als ich Euch den jungen Otto als einen Menschen beschrieb, der Eurer würdig ist. Aber Ihr werdet ihn gleich selbst kennenlernen, Prinzessin, deshalb werde ich mich nicht wiederholen. Seht es mir nach.«
Theophanu seufzte leise. Eunice zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Einer der Reiter ließ sich zurückfallen und spähte ins Innere des Wagens. »Wir nähern uns St. Peter, Eure Exzellenz«, informierte er den Erzbischof.
Gero nickte und wandte sich erneut an Theophanu: »Meine Aufgabe ist nun erfüllt, Prinzessin.«
Beinahe trieben seine Worte, die so sehr nach Abschied schmeckten, ihr Tränen in die Augen. Als der Wagen kurz darauf zum Stehen kam, wusste Theophanu, dass ihr neues Leben begann. Sie warf sich Gero in die Arme.
»Schon gut, kleine Löwin«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Denk immer an meine Worte und vertraue auf Gott. Sieh nur, dein künftiger Gemahl ist erschienen, um dich zu empfangen.«
Theophanu nickte tapfer.
Der junge Kaiser überragte sie allenfalls um einen halben Kopf. Sein Gesicht war jungenhaft und dennoch ernst, ein zarter blonder Bart bedeckte seine Wangen. Die Hand, die er ihr reichte, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein, fühlte sich weich an, aber nicht kraftlos. Theophanu versuchte in seinen Augen zu erkennen, was er bei ihrem Anblick empfand, doch es stand keine Antwort darin geschrieben. Sie begriff, dass auch sie selbst nichts fühlte außer der Aufgeregtheit des Neuen. Es fuhr kein Blitz in ihr Herz, als sie den Mann erblickte, mit dem sie schon bald vermählt werden sollte. Aber sie empfand das nicht als Enttäuschung. Die Sonne, die wohltuend wärmend am römischen Himmel stand, verbat ihr, sich um Dinge zu sorgen, die längst beschlossen waren.
»Ich hoffe, du hattest eine angenehme Reise!«
Der junge Kaiser sprach langsam und ruhig; er besaß eine glockenhelle Stimme. Theophanu war überrascht über seinen vertraulichen Ton, empfand ihn aber nicht als störend. Otto schien es wirklich zu interessieren, ob sie eine gute Reise gehabt hatte. Er verzichtete auf die umständlichen Regeln der Etikette. Sie sah ihm tief in die Augen und spürte, wie sehr er sich mühte, ihrem Blick nicht schüchtern auszuweichen.
»Ein paar Wochen zur See können sehr beschwerlich sein«, erklärte sie ihm mit erhobenen Brauen. »Und nach ein paar Tagen im Reisewagen spürt man jeden einzelnen Knochen. Aber sonst war die Reise gut, vielen Dank.«
Offenbar hatte er nicht damit gerechnet, dass sie seine Sprache so gut heherrschte, denn sein Mund blieb offen stehen, ohne dass er etwas zu erwidern wusste. Theophanu fragte sich, ob sie nicht zu forsch gewesen sei; auch für Otto war dies eine Begegnung, über deren möglichen Verlauf er sicherlich viel nachgedacht hatte. Doch mit einem Mal zeigte sich ein verschmitztes Lächeln auf seinen Lippen.
»Oh, ich glaube, ich kann es dir nachfühlen«, behauptete er. »Nach ein paar Tagen auf dem Pferd fühle ich mich ähnlich malträtiert.«
»Und ich weiß genau, welcher Körperteil dir nach dem
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