Rotes Meer
verdammte Hinrichtung«, sagte Ringmar.
Winter antwortete nicht.
»Es wird immer schlimmer«, sagte Ringmar.
»Was wird schlimmer?«
»Was meinst du wohl? Was meinst du, wovon ich rede?«
»Nun mal ganz ruhig, Bertil.«
»Ruhig, ruhig … Immer sollen wir alles ruhig hinnehmen. Ich hab’s verdammt noch mal satt, ruhig zu bleiben.«
»Die Ruhe macht uns zu Profis.« Winter musste über seinen eigenen neunmalklugen Kommentar lächeln.
»Und die da drinnen?«, fragte Ringmar. »Waren die auch ruhig?«
Jetzt sind sie jedenfalls sehr ruhig, dachte Winter.
»Ich meine nicht die Opfer, Erik«, fuhr Ringmar fort. »Ich meine den Mörder. Oder die Mörder.«
»Die waren ruhig«, sagte Winter. »Ruhig und vielleicht Profis.«
»Himmel, ich sehne mich nach einer Welt voller Amateure zurück.«
»Dafür ist es zu spät, Bertil. Die Zeiten sind vorbei.«
»Die armen Teufel da drinnen waren vielleicht einmal etwas anderes, ganz woanders.« Ringmar drehte sich zum Laden um. »Aber dann waren sie nur noch Amateure gegen Profis.«
»Und jetzt sind sie nichts mehr«, sagte Winter.
Ringmar beobachtete den Verkehr auf der Straße. Autos von Süden, Autos von Norden. Überwiegend Volvos, sie befanden sich schließlich in Göteborg. Ringmar kam es vor, als führen sie langsam, fast im Zeitlupentempo, als wollten sie die Toten ehren.
»Es sieht aus wie eine Abrechnung unter Gangstern in Chicago«, sagte Ringmar, den Blick immer noch auf den Verkehr geheftet. »In den zwanziger Jahren, Maschinengewehre, Schrotflinten, einfach niedergemäht.«
»Hast du nicht eben gesagt, du sehnst dich zurück in eine Welt voller Amateure?«
»Ach, vergiss, was ich gesagt habe.«
»Du hast Schrotflinten gesagt. Dem müssen wir aber nachgehen. Hier sieht’s nach Schrothagel aus. Vielleicht halbautomatische Waffen.«
»Eine oder mehrere?«
»Ich vermute mindestens zwei«, sagte Winter.
»Mhm.«
»Vielleicht verschiedene Arten von Munition.« Winter wies mit dem Kopf zum Laden, in dem sich Gestalten bewegten. »Mal sehen, was Pias Obduktion ergibt.«
»Aber jugendliche Banden benutzen doch keine Schrotflinten?«
»Nein, das ist ungewöhnlich. Trotzdem kann hier eine Art Abrechnung stattgefunden haben.«
»Oder ein Raubüberfall«, sagte Ringmar.
»Das Geld ist noch in der Kasse, und apropos, wir können wahrscheinlich ablesen, wann sie das letzte Mal geöffnet wurde. Wann hier der letzte Kunde etwas eingekauft hat. Holst du Informationen beim Hersteller ein?«
Ringmar nickte. Düster starrte er zum Laden, dann sah er Winter an.
»Den Mördern hat es einen Kick gegeben, den Opfern das Gesicht wegzuschießen«, sagte er. »Da haben sie die Kohle vergessen. Das Schießen hat ihnen genügt.«
»Und – soll ich das auch gleich wieder vergessen?«
»Ja.« Ringmar lächelte schwach. »Vielleicht.«
»Vielleicht waren die riesig wie Häuser«, sagte Winter.
»Größer als die Häuser hier oben.«
»Vielleicht haben sie die Opfer gekannt.«
»Das wird sich herausstellen, wenn wir wissen, wer die Opfer waren«, sagte Ringmar.
Bei den Opfern handelte es sich um Jimmy Foro, Hiwa Aziz und Said Rezai. Sie brauchten nicht lange, um das festzustellen. Seit viereinhalb Jahren betrieb Jimmy Foro den Laden, der Jimmy’s hieß, und Hiwa Aziz war bei ihm angestellt, auch wenn die entsprechenden Sozialabgaben, Steuern und dergleichen nicht gezahlt worden waren.
Said Rezai war nicht dort angestellt, aber vielleicht ein Kunde gewesen. Er hatte seinen Führerschein in der Tasche gehabt und einige Fragmente seiner Zähne behalten, und so konnten sie sich überzeugen, dass er es tatsächlich war. Rezai konnte den Laden zusammen mit dem Mörder oder den Mördern betreten oder sich bereits darin befunden haben. Wenn Rezai nicht Teil irgendeiner Abrechnung war, vielleicht im Rahmen einer größeren Abrechnung, dann hatte er das Pech gehabt, die falsche Person am falschen Ort zum falschen Zeitpunkt gewesen zu sein.
Es musste sich um mehrere Mörder gehandelt haben. Wenn es ein einziger Mörder gewesen wäre, hätte er unmenschlich schnell gewesen sein müssen oder es geschafft haben, die Opfer in Sekundenschnelle zu hypnotisieren, sodass sie ganz still abgewartet hatten, bis sie an der Reihe waren. Oder er hätte unsichtbar gewesen sein müssen. Vielleicht haben die Opfer nicht gewagt sich zu bewegen, dachte Winter. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten.
Jimmy Foro und Hiwa Aziz hatten nicht in Hjällbo gewohnt, sondern weiter nördlich, in
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