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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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leider noch nicht wieder bei Atem, geschweige denn bei Kräften.
    Nur die Anfertigung und gut sichtbare Anbringung eines großen, mit FAHRRÄDER IM HAUSFLUR ABSTELLEN STRENGSTENS VERBOTEN! beschrifteten Schildes war schon beschlossene Sache. Ein Ruck am Lenker, die Tür fiel zu und der Aufzug sackte mit dem Fauchen von Zugluft davon. Ich kramte den Wohnungsschlüssel aus meiner Jacke, las die Nummer ab und zählte mich den halbdunklen Flur hinunter an den Türen entlang. Hätte ich nicht gebraucht, weder das Zählen noch den Schlüssel. Denn erstens war die Tür unmissverständlich mit >Hausmeister< beschriftet, zweitens stand sie offen. Halboffen, um genau zu sein, und dahinter waren die Geräusche einer hastigen und dabei jeglicher Heimlichkeit entbehrenden Durchsuchung zu vernehmen. Mit einer Mischung aus in den Schmodder sinkender Laune bei gleichzeitig hochkochender Mordlust setzte ich den Pappkarton ab, um zumindest eine Hand frei zu haben. Ich kannte das hier, ich kannte das alles aus dem doppelt so hoch aufgeschichteten Slum in der Mülheimer City, den ich Heim nenne. Kurz entschlossen kickte ich die Tür auf. Und war nicht weiter überrascht, dem genervten Doppelblick der Herren Rotzig & Rotzig zu begegnen. „Okay“, bellte ich. „Hände, wo ich sie sehen kann. Dann Taschen leer. Alles - und ich meine alles - hier vor mir auf den Tisch.“ Mit einer einzigen, ruppigen Armbewegung fegte ich das Sammelsurium aus leeren Gläsern, vollen Aschenbechern, dreckigem Plastikbesteck und Papp- und Aluschalen mit angegessenen und dann lange, lange Zeit sich selbst überlassenen Fertiggerichten von der Tischplatte hinunter auf den Boden, wo es sich mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit ins weitere Ambiente einfügte.
    „Wird's bald? Ich warte.“
    Ich konnte spüren, wie sie in Gedanken nach kurzem Antäuschen links und rechts unter meinen ins Leere greifenden Händen hindurch an mir vorbei davonwieselten. Rasch setzte ich den Katzenkorb ab, knallte die Wohnungstür mit der Hacke zu und baute mich drohend davor auf. „Alles!“
    Die beiden blickten bockig. Da dies unmöglich das erste Mal sein konnte, dass man sie bei irgendetwas erwischte, erwartete ich das übliche Fünf-Punkte-Standardprogramm.
    „Du hast uns überhaupt nix zu befehlen“, begann es denn auch, mit der zu erwartenden Widerborstigkeit, gemischt allerdings mit einer gewissen Vorsicht angesichts eines gereizten, unbekannten, männlichen Erwachsenen.
    Mir fiel auf, dass mir das alles überhaupt keinen Spaß machte. Doch wenn ich die beiden jetzt einfach ziehen ließe, würden sie mir für die gesamte Dauer meines Aufenthaltes hier auf der Nase herumtanzen. Also für Tage, schlimmstenfalls Wochen. Sie und wer weiß wie viele ihrer gleichaltrigen Kollegen. Ein schon im Ansatz entnervender Gedanke.
    „Taschen leer“, wiederholte ich stoisch.
    „Aber wieso denn? Wir haben doch nix getan.“
    Die weinerliche Nummer, jetzt. Zweites Häkchen auf der stark von eigenen jugendlichen Erfahrungen geprägten Liste.
    „Das sehen wir dann.“
    „Bist du etwa der neue Hausmeister?“
    Ablenkung. Drittes Häkchen.
    Ich schwieg. Wohl auch, weil ich mich irgendwie noch schwertat, diese Frage mit einem lockeren >Ja< zu beantworten.
    „Und selbst wenn, hast du kein Recht ...“
    Die juristische Karte. War die ausgespielt, müsste eigentlich eine wie auch immer geartete Drohung folgen.
    „Ich erwische euch beim Einbruch in meine Wohnung und habe jedes Recht der Welt“, behauptete ich. „Also bist du doch der neue Hausmeister.“
    „Ja. Und ich warte.“
    „Wenn du uns nicht gehen lässt, erzählen wir unserm Stief, dass du uns begrapschen wolltest.“
    „Ja, und dass du uns deinen Pimmel gezeigt hast.“ Das, musste ich neidlos eingestehen, hatten Scuzzi und ich noch nicht drauf gehabt, damals. „Einverstanden. Da komme ich direkt mit, zu eurem Stief. Doch zuerst macht ihr eure Taschen leer.“ Sie gehorchten.
    Kleingeld rasselte auf den Tisch, ein Handy, ein Schlüsselbund, zwei Schülerausweise, zwei Monatstickets, ein kleiner, zylindrischer, wasser- und staubdichter Behälter, anderswo auch als Filmdose bekannt, ein zur Hälfte gerauchter Joint, gleich zwei fette Eddings. „Wenn du irgendwas davon abziehst, kannste schon mal 'nen Satz neue Schluffen ordern.“ Das Butterfly-Messer schlug kurz mit den Flügeln. „Ihr bringt mich noch so weit, dass ich mir selbst die Reifen zersteche und dann euren Stief auf Schadenersatz verklage.“
    Der Bengel hatte

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