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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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Ihnen auf jeden Fall zu sagen: suchen Sie sich in Acht zu nehmen und die Fortschritte, welche die Unruhe in der Einsamkeit macht, aufzuhalten. Aus einer Mücke wird da ein Elephant; ich habe es oft erfahren.«
Antwort.
    Mittwoch Abend.
    »Ich kann Sie weder besuchen noch Ihren Besuch annehmen, so lange die Unruhe, in der ich mich befinde, anhält. Das Vertrauen, von dem Sie reden, besteht nicht mehr, und es wird nicht leicht sein, es wieder zu erlangen. Ich erblicke in Ihrem Eifer jetzt nur das Verlangen, aus den Geständnissen eines andern Vortheil zu ziehen, der für Ihre Pläne paßt. Mein Herz, das sich so gern einem Herzen, welches sich ihm öffnet, anvertraut, schließt sich vor List und Schlauheit. In der Schwierigkeit, die Ihnen das Verständnis meines Billets bereitete, erkannte ich Ihre gewöhnliche Gewandtheit. Halten Sie mich für einen so großen Gimpel zu glauben, daß Sie es nicht verstanden hätten? Nein; aber ich werde Ihre Ränke durch meinen Freimuth zu besiegen wissen. Ich werde mich noch deutlicher aussprechen, damit Sie mich noch weniger begreifen.
    »Zwei fest vereinte und einander würdige Liebende sind mir theuer; ich bin selbstverständlich überzeugt, daß Sie nicht wissen werden, von welchen Personen ich rede, wenn ich sie Ihnen nicht nenne. Ich setze voraus, daß man sie zu veruneinigen versucht und sich meiner bedient hat, um einen von ihnen mit Eifersucht zu erfüllen. Die Wahl ist nicht sehr geschickt, wenn sie auch der Bosheit geeignet schien, und wegen dieser Bosheit habe ich Sie in Verdacht. Ich hoffe, daß Ihnen dies deutlicher ist. »So würde also die Frau, die ich meines Wissens am höchsten schätze, die Schändlichkeit besitzen, ihr Herz und ihre Person zwischen zwei Liebhabern zu theilen, und ich die, einer dieser beiden Elenden zu sein? Wüßte ich, daß Sie auch nur einen einzigen Augenblick im Leben so hätten von ihr und mir denken können, so würde ich Sie bis zum Tode hassen. Allein ich traue Ihnen nur zu, daß Sie es gesagt, und nicht, daß Sie es auch geglaubt haben. In diesem Falle begreife ich nicht, wem von den Dreien Sie haben schaden wollen; aber wenn Sie die Ruhe lieben, so fürchten Sie sich vor dem Unglücke, ihr Ziel zu erreichen. Weder Ihnen noch ihr habe ich verhehlt, wie schlecht ich über gewisse Verbindungen denke; aber ich will, daß ihr Ende eben so achtungswerth sei wie ihre Entstehung, und daß sich eine unrechtmäßige Liebe in eine ewige Freundschaft auflöse. Sollte ich, der ich nie jemandem wehe that, dazu benutzt werden, meinen Freunden Wehe zu thun? Nein, ich würde es Ihnen nie verzeihen, ich würde Ihr unversöhnlicher Feind werden. Nur Ihre Geheimnisse würden unangetastet bleiben, denn ich werde nie ein Mann ohne Treu und Glauben sein.
    »Die Verlegenheit, in der ich mich befinde, kann, wie ich glaube, nicht lange währen. Ich muß bald erfahren, ob ich mich getäuscht habe. Dann werde ich vielleicht großes Unrecht wieder gut machen müssen, und ich werde nie in meinem Leben etwas freudiger gethan haben. Aber wissen Sie, wie ich während der kurzen Zeit, die mir bei Ihnen noch zuzubringen übrig bleibt, meine Fehler sühnen werde? Indem ich das thue, was kein andrer thun wird als ich, indem ich Ihnen freimüthig sage, was man in der Welt über Sie denkt und wie Sie Ihren geschädigten Ruf wieder herstellen können. Trotz aller vermeintlichen Freunde, die Sie umgeben, werden Sie, sobald Sie mich haben scheiden sehen, der Wahrheit Lebewohl sagen können, Sie werden niemanden finden, der sie Ihnen sagt.«
Drittes Billet derselben. (Heft A, Nr. 46.)
    »Ich verstand Ihren Brief von heute Morgen nicht; ich sagte Ihnen die reine Wahrheit. Den von heute Abend verstehe ich; haben Sie keine Furcht, daß ich je darauf antworten werde; es liegt mir viel zu sehr am Herzen, ihn zu vergessen, und obgleich Sie mich dauern, habe ich mich doch nicht der Bitterkeit erwehren können, mit der er meine Seele erfüllt hat. Ich, Ränke schmieden! Gegen Sie List anwenden! Leben Sie wohl! Ich beklage, daß Sie sie... Leben Sie wohl; ich weiß nicht, was ich sage ... Leben Sie wohl! Ich werde mir Mühe geben, Ihnen zu verzeihen. Kommen Sie, wann Sie wollen, Sie werden besser aufgenommen werden, als Ihr Verdacht eigentlich verdiente. Nur Ihrer Bemühung um meinen Ruf können Sie sich überheben. Mich läßt der, welchen man mir nachsagt, kalt. Meine Aufführung ist gut, und das genügt mir. Ueberdies wußte ich nicht das Geringste von allem, was jenen beiden

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