Sämtliche Werke
gewandten Diplomaten ist in jenen Aufsätzen nicht zu verkennen. Wie man sagt, ist Schleiermacher mit einer Entgegnung beschäftigt, und es wird dem gewaltigen Sprecher leicht werden, seinen Antagonisten niederzureden. Daß die Theologische Fakultät auf solche Angriffe antworten muß, versteht sich von selbst, und das ganze Publikum sieht mit gespannter Erwartung dieser großen Antwort entgegen.
Man ist hier sehr gespannt auf die zwei Supplementbände zum Brockhausischen Konversationslexikon, aus dem sehr natürlichen Grunde, weil sie, laut dem Inhaltsverzeichnisse der Ankündigung, die Biographien einer Menge öffentlicher Charaktere enthalten werden, die, teils in Berlin, teils im Auslande lebend, gewöhnliche Gegenstände der hiesigen Konversation sind. Soeben erhalte ich die erste Lieferung von A bis Bomz (ausgegeben den 1. März 1822) und falle mit Begierde auf die Artikel: Albrecht (Geh. Kabinettsrat), Alopäus, Altenstein, Ancillon, Prinz August (v. Preußen) usw. Unter den Namen, die unsere dortigen Freunde interessieren möchten, nenne ich: Akkum, Arndt, Begasse, Benzenberg und Beugnot, der brave Franzose, der den Bewohnern des Großherzogtums Berg, trotz seiner haßerregenden Stellung, so manche schöne Beweise eines edeln und großen Charakters gegeben hat und jetzt in Frankreich so wacker kämpft für Wahrheit und Recht.
Die Maßregeln gegen den Brockhausischen Verlag sind noch immer in Wirksamkeit. Brockhaus war vorigen Sommer hier und suchte seine Differenzen mit unserer Regierung auszugleichen. Seine Bemühungen müssen fruchtlos gewesen sein. – Brockhaus ist ein Mann von angenehmer Persönlichkeit. Seine äußere Repräsentation, sein scharfblickender Ernst und seine feste Freimütigkeit lassen in ihm jenen Mann erkennen, der die Wissenschaften und den Meinungskampf nicht mit gewöhnlichen Buchhändleraugen betrachtet.
Die griechischen Angelegenheiten sind hier, wie überall, tüchtig durchgesprochen worden, und das Griechenfeuer ist ziemlich erloschen. Die Jugend zeigte sich am meisten enthusiastisch für Hellas; alte, vernünftigere Leute schüttelten die grauen Köpfe. Gar besonders glüheten und flammten die Philologen. Es muß den Griechen sehr viel geholfen haben, daß sie von unsern Tyrtäen auf eine so poetische Weise erinnert wurden an die Tage von Marathon, Salamis und Platää. Unser Professor Zeune, der, wie der Optikus Amuel bemerkt, nicht allein Brillen trägt, sondern auch Brillen zu beurteilen weiß, hatte sich am meisten tätig gezeigt. Der Hauptmann Fabeck, der, wie Sie aus öffentlichen Blättern ersehen hatten, von hier aus, ohne viel tyrtäische Lieder zu singen, nach Griechenland gereist ist, soll dort ganz erstaunliche Taten verrichtet haben und ist, um auf seinen Lorbeern zu ruhen, wieder nach Deutschland zurückgekommen.
Es ist jetzt bestimmt, daß das Kleistische Schauspiel »Der Prinz von Homburg oder die Schlacht bei Fehrbellin« nicht auf unserer Bühne erscheinen wird, und zwar, wie ich höre, weil eine edle Dame glaubt, daß ihr Ahnherr in einer unedeln Gestalt darin erscheine. Dieses Stück ist noch immer ein Erisapfel in unsern ästhetischen Gesellschaften. Was mich betrifft, so stimme ich dafür, daß es gleichsam vom Genius der Poesie selbst geschrieben ist und daß es mehr Wert hat als all jene Farcen und Spektakelstücke und Houwaldsche Rühreier, die man uns täglich auftischt. »Anna Boleyn«, die Tragödie des sehr talentvollen Dichters Gehe, der sich jetzt just hier befindet, wird einstudiert. Herr Rellstab hat unserer Intendanz ein Trauerspiel angeboten, das den Titel führen wird »Karl der Kühne von Burgund«. Ob dieses Stück angenommen worden, weiß ich nicht.
Es wurde hier viel darüber geschwatzt, als man hörte, daß bei Wilmanns in Frankfurt der neue Hoffmannsche Roman »Meister Floh und seine Gesellen« auf Requisition unserer Regierung konfisziert worden sei. Letztere hatte nämlich erfahren, das fünfte Kapitel dieses Romans persifliere die Kommission, welche die Untersuchung der demagogischen Umtriebe leitet. Daß unserer Regierung an solchen Persiflagen wenig gelegen sei, hatte sie längst bewiesen, da unter ihren Augen, hier in Berlin, bei Reimer, der Jean Paulsche »Komet« mit Erlaubnis der Zensur gedruckt wurde und, wie Ihnen vielleicht bekannt ist, in der Vorrede zum zweiten Teile dieses Romans die Umtriebeuntersuchungen aufs heilloseste lächerlich gemacht werden. Bei unserm Hoffmann mochte man aber höheren Ortes gegründetes Recht
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