Saemtliche Werke von Karl May - Band 01
Vaterjaguar zugleich die Absicht verfolgte, ihn von hier zu entfernen, damit er ja keine Zeit und Gelegenheit fände, seinen, wie er meinte, übereilten Vorsatz auszuführen. Darum fuhr Hammer fort:
»Du mußt aber sofort aufbrechen, weil du nicht reiten darfst und der Weg zu Fuß sehr weit ist. Reitend würdest du Gefahr laufen, entdeckt zu werden; zu Fuß aber kannst du leicht nach allen Richtungen gelangen.«
»Ich bin bereit, Señor. Sagen Sie mir nur, wie weit ich gehen soll!«
»Zunächst zurück bis zur Salina del Condor, an welcher der Gambusino vielleicht heute abend schon ankommen und lagern wird.«
»Und wenn er nicht kommt?«
»So steht zu erwarten, daß er in einer Doppelhöhle lagert, welche von der Salina rückwärts in der Richtung nach dem Guanacothale liegt, von woher die Mojosindianer kommen müssen.«
»Ich kenne diese Höhle und werde mitgehen,« fiel da der alte Anciano ein. »Erlauben Sie das, Señor?«
»Sehr gern, ich habe nichts dagegen einzuwenden, denn vier Augen sehen mehr als zwei.«
»Und wo werden wir Sie bei unsrer Rückkehr treffen?«
»Da Eure Ankunft erst morgen früh zu erwarten ist, so werde ich diese Nacht bei den Gefährten zubringen, am Morgen aber wieder hier sein, um Euern Bericht zu hören. Nach ihm haben wir uns dann zu richten.«
Er erhielt von Anciano eine Beschreibung des Weges nach dem Bergloche und ritt dann mit Anton Engelhardt und den beiden Maultieren der Peruaner davon. Diese letzteren aber stiegen zu Thale, indem sie die Richtung nach der Salina del Condor einschlugen.
Sie kamen dort nach Einbruch der Dunkelheit an und gingen dann, da sie niemand fanden, weiter, um die Höhle aufzusuchen. Als sie dieselbe zu später Abendstunde erreichten, wurden sie, wie bereits erwähnt, Zeugen der Ermordung des Peon und der beiden Arrieros, worauf sie nach der Salina zurückeilten. Dort warteten sie und fanden nach einer Weile ihre Vermutung bestätigt, denn der Gambusino langte mit den Indianern dort an. Da er aber wegen Mangel an Holz kein Lagerfeuer machen konnte, so vermochten sie nichts zu sehen. Auch zu lauschen gab es nichts, da die Feinde sich sehr still verhielten, und darum blieben sie nur so lange, als geraten war, wenn sie mit Tagesanbruch wieder bei der Mordschlucht sein wollten.
Dort trafen sie den Vater Jaguar bereits ihrer wartend und berichteten ihm das Ergebnis ihres Kundschafterganges. Das war viel und doch nicht viel. Sie wußten, daß drei Männer erschossen worden und drei leben geblieben waren. Sie wußten auch, daß sich bei den letzteren die zwei kleinen, rot gekleideten Deutschen befanden, was Hammer sehr in Harnisch brachte; aber wer der dritte war, das wußten sie nicht. Da sie vor allen Dingen sehen sollten, ob die heranziehenden Indianer mit ihnen befreundet seien oder nicht, so mußten sie sich hinter einem nahen, felsigen Hügel postieren, um dieselben bei ihrer Ankunft zu beobachten, während Hammer zurückritt, um die Gefährten näher heranzuholen und ihnen die ganz unerwartete Mitteilung zu machen, daß der unvermeidliche deutsche Gelehrte mit seinem Diener ihnen wieder nachgefolgt und dabei abermals in die Hände des Gambusino gefallen sei.
Dieser letztere kam am frühen Vormittage mit Antonio Perillo, den acht Indianern und seinen drei Gefangenen angeritten und machte an dem Rande der Schlucht Halt. Er führte, sobald die Maultiere entlastet waren, sofort die Arrangements aus, welche er für nötig hielt. Die Habgier trieb ihn, sofort eine Untersuchung der Schlucht vorzunehmen, und da die Gefangenen doch auch Wert für ihn hatten und er sie den Indianern nicht anvertrauen wollte, so mußten sie mit in die Schlucht genommen werden. Man gab ihnen also die Füße frei, daß sie hinabklettern konnten. Unten aber, und zwar im Hintergrunde angekommen, wurden ihnen die Füße wieder gefesselt; man band sie an Steine, damit sie sich auch nicht einmal durch Wälzen von der Stelle bewegen konnten. Dann entfernten sich der Gambusino und Perillo, allerdings nicht weit, um ihre Nachforschung zu beginnen. Die Indianer waren oben zurückgeblieben, da ihnen verboten worden war, die Schlucht zu betreten.
Zufälligerweise waren die Gefangenen gerade nach der vorspringenden Felsenspitze, in deren hinterem Winkel der Eingang zum Stollen lag, gebracht und an drei von den vier erwähnten großen Steinen gebunden worden. Sie lagen natürlich an der Erde, Doktor Morgenstern genau auf dem Steingries, welcher die verborgene Maultierhaut bedeckte. Als
Weitere Kostenlose Bücher