Sagen aus dem Saarland
ein wildes Treiben: Jagdrufe, Hundegebell und Hörnerschall. Das währte bis zum ersten Hahnenschrei, wo es allmählich wieder still wurde. Jedermann wußte, daß dies der ewige Jäger sei; wer den Tag ruhig vorübergehen ließ, dem geschah kein Leid. Wer aber spottend dem Treiben nachrief, der wurde heftig gestoßen und geschlagen, ohne daß er dabei jemanden gesehen hätte. Heute soll man nur noch in der St.-Hubertus-Nacht den Zug des ewigen Jägers hören. Das Volk weiß von ihm, daß er im Leben ein wüster und roher Geselle war, der sich wenig um Gott und die Welt kümmerte und gerade an Sonntagen die schlimmsten Streiche verübte.
Einst war er auch an einem Feiertag draußen im Feld und störte alles durch sein wildes Jagdgeschrei. Da kam ihm ein Hase in den Weg, dem er lange vergebens nachjagte. Endlich schrie er voller Zorn: »Dich, Teufel, muß ich haben, und müßte ich dir ewig nachlaufen!«
Und seit dieser Zeit ging es fort, ohne Rast und Ruh, über Stock und Stein, hoch in den Lüften und tief am Boden durch das Tal der Blies. Zur Strafe für sein gottloses Treiben konnte der Jäger vom wilden Jagen nicht mehr ablassen und hat auch heute noch nicht die ewige Ruhe gefunden.
Der Riese Kreuzmann auf dem »großen Stiefel« bei Ensheim
Auf dem »Großen Stiefel«, dem kegelförmigen Berg bei Ensheim, heißt eine Felsplatte noch heute der Riesentisch. Hier hauste vor alten Zeiten der fürchterliche Riese Kreuzmann, der Menschen einfing und die Gefangenen auffraß. Der Unhold war so stark, daß er die dicksten Waldbäume wie Hanfstengel ausriß und Felsenstücke heben konnte, so groß wie kleine Häuser, wie man es noch an dem Riesentisch sehen kann, den er sich hierher setzte. Den im Tal eingefangenen Menschenvorrat, soweit er ihn noch aufsparen wollte, sperrte der Unmensch in einen hölzernen Käfig ein, bis er Hunger bekam. Die unglücklichen Leute sollen in ihrem Gewahrsam so fürchterlich geschrieen haben, daß man es weithin hörte. Doch der Riese höhnte voll Bosheit: »Ei, wie schön meine Vögel pfeifen!«
Lange Zeit hatten die Menschen unter diesem Bösewicht zu leiden. Schließlich rafften sich die Bewohner der Gegend auf und beschlossen gemeinsam, den Riesen zu töten. Sie wollten ihn nach seiner Mahlzeit, nach der er gewöhnlich einige Tage fest schlief, aus seiner Behausung ausräuchern. Daher häuften sie Stroh, Reisig und allerlei Holz um seinen Turm und zündeten alles an, um ihn zu ersticken; doch Kreuzmann hielt den Rauch, von dem er wach wurde, nur für dicken Waldnebel. Immerhin mußte er heftig niesen. Davon erzitterte die Erde wie bei einem Erdbeben, so daß die Leute erschreckt den Berg hinabliefen. Als Kreuzmann aus seinem Turm heraustrat, um frische Luft zu schöpfen, merkte er erst, was die Leute angerichtet hatten, und geriet in schreckliche Wut. Er hatte gerade den großen Wetzstein zur Hand, an dem er vor dem Schlachten seiner Opfer die Messer scharf machte. Diesen warf er seinen Feinden mit aller Wucht nach. Sausend fuhr der Stein durch die Luft, weit über die Menschen hinweg, mit der Spitze in die Erde, wo er noch heute neben dem Bach zu sehen ist.
Nun wollte der Riese selbst eilends den Berg hinablaufen, um die Menschen mit Baumstämmen zu erschlagen, aber er stolperte über einen Felsen und stürzte so wuchtig zu Boden, daß er betäubt liegen blieb. Kaum sahen die Menschen seinen Fall, da liefen einige besonders mutige Männer hin und schlugen das Scheusal vollends tot; seinen Leichnam warfen sie in ein tiefes Loch, auf das sie Stein um Stein wälzten, bis sich ein kleiner Hügel erhob. Darunter liegt der Riese noch heute begraben. Den Hügel aber nennt man auch jetzt noch das Riesengrab.
Der Saarfischer von Leukergrub und die Glocken in der Saar
Bei Leukergrub ist eine gefährliche Stelle für die Schiffahrt in der Saar. Einstens fuhr ein reichgewordener Schiffer mit seinen Schiffen stets für den Kurfürsten zwischen Saarburg und Trier. Der Fürst hatte drei Glocken in Leuken gießen lassen, Balthasar, Kaspar und Melchior benannt. Sie sollten am Dreikönigstag bereits an ihrem Platze im Trierer Dom hängen und dort dann zum erstenmal geläutet werden. Der Schiffer verpflichtete sich, trotz des Eistreibens im Fluß die Glocken rechtzeitig nach Trier zu bringen.
In jungen Jahren hatte der Mann stets das Bild des heiligen Nikolaus an der Grub gegrüßt und jedesmal beim Vorbeifahren seine Mütze gelüftet. Später, nachdem er reich geworden war, unterließ er
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