Sagen aus dem Saarland
Der Bausmärten von Schwemlingen
Vor vielen hundert Jahren stand oberhalb des Dorfes Schwemlingen im Saartal am Fuße des Hardtberges eine Mühle. Das Mühlrad, das der Kohlenbruchbach drehte, hatte nicht nur die Mahlsteine für das Getreide, sondern auch die Schlaghämmer der Ölmühle zu bewegen. Diese Schlaghämmer nannte das Volk die »Bausen«. Davon erhielt die Mühle den Namen die »Baus« und der Müller zu seinem Rufnamen den Hausnamen der Mühle. Der letzte Müller in der Mühle am Hardtberg war der Bausmärten, der als Bausmännchen heute noch fortlebt. Von ihm erzählt man:
Dem Bausmärten hatte der Erzbischof von Trier, wie seinen Vorfahren seit altersher, die Mühle übertragen. Hier hauste der Märten allein mit seiner hochbetagten Mutter. Redlichkeit jedoch war bei ihm eine seltene Ware; bald fehlte dem einen Bauern das Korn, dem andern das Mehl, diesem der Krug, jenem das Öl. Die Verwünschungen und Klagen der Geschädigten nahmen kein Ende. Und in das Poltern und Klappern der Mühle hinein tönten dann die Mahnworte der Greisin. Aber der Sohn schlug sie alle in den Wind. Doch die geschädigten Bauern brachten ihre Klagen wiederholt beim Erzbischof als Grundherrn vor, bis dessen Geduld erschöpft war. Nach nutzlosen Verwarnungen mußte der Bausmärten die Mühle räumen. Die Mutter erhob ein schreckliches Klagen, weil sie nun in ihren alten Tagen zum Bettelstab greifen müsse.
Märten ergrimmte über den Räumungsbefehl und das unaufhörliche Jammern der Alten. Mit grimmiger Miene und wütenden Blicken ging er umher, sagte aber kein Wort. Eines Abends stellte er die Mühle ab und suchte die Dorfschenke auf, um sich den Zorn und die Sorge um die Zukunft hinwegzuspülen. Erst als die Hähne bereits krähten, kam er von der Wirtsstube heim. Er stieg in die Mühle hinunter, hieß seine Mutter ihm folgen und öffnete die Schleuse, um die Baus in Bewegung zu setzen. Plötzlich faßte er seine Mutter an ihren schwachen Schultern und drückte sie auf den leeren Stein. Mit Wucht sauste der Hammer nieder. Als letzter Laut ertönte ihr Todesschrei – dann war alles wie ausgestorben. Der Müller floh ins Dickicht des Hardtwaldes, die Mühle ließ er weiter bausen.
Leute, die zum Ölschlagen in die Mühle kamen und sie leer fanden, suchten im Gewölbe nach und fanden neben dem Hammer die zerschmetterte Leiche der alten Mutter. Von Entsetzen gepackt, rannten sie hinaus. Draußen sprang ihnen unversehens aus dem Gebüsch der Märten entgegen. »Hu-hä kreischte sie noch«, rief der Mordbube und rannte den Berg hinauf, wobei er unaufhörlich den Todesschrei der Mutter wiederholte. Als man der Müllerin zum fernen Friedhof St. Gangolf das letzte Geleit gab, sprang der tolle Märten wieder aus dem Gebüsch und drang durch den Zug der Trauergäste ins Mühlgewölbe, immer wieder den furchtbaren Schrei seiner Mutter ausstoßend. Ehe die Versammelten sich gefaßt hatten, stürzte der Märten wieder aus dem Hause, die gänzlich zerschmetterte, blutige Rechte vor sich haltend. Einige beherzte Männer ergriffen ihn, banden das strömende Blut ab und sperrten ihn dann in eine Kammer ein, bis ein Heilkundiger herbeigeholt war. Während der Trauerzug sich in Bewegung setzte, hielten zwei Männer vor der Kammer Wache, wo der Gefangene die zerschlagene Hand in die Höhe hielt und schrie: »Mit dieser hab, ich sie unter die Baus gezogen.« Allmählich wurde es aber still. Als dann der Wundarzt zur Stelle war, gab es für ihn nichts mehr zu tun – der Märten war dennoch verschwunden. Alles Suchen half nichts – er blieb verschwunden – Hielt er es mit dem Bösen?
Mancher, der später in der Nähe der Mühle vorbeikam, glaubte, im Dunkel der Bäume sein Gesicht gesehen und aus dem Wald heraus seinen irren Schrei gehört zu haben.
Einsam, verrufen stand nun die Mühle am waldigen Hang. Sturm und Regen rissen auseinander, was die Menschen nicht mehr zusammenhalten wollten. In einem Winter brach das Dach unter der Last des Schnees zusammen. Stürme und Wasserfluten ließen mit der Zeit die Mauern einstürzen. Ein Wolkenbruch führte das haushohe Mühlrad zu Tal und schwemmte es in die Saar hinein. Im Welles bei Montclair zerschellte es an einem Felsen. »Die gehn den Welles hinunter«, sagen heute noch die Leute im Saartal, wenn in einem reichen Hause Sterben und Verderben eingerissen sind.
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