Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sagen aus der Hanse

Sagen aus der Hanse

Titel: Sagen aus der Hanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
Vom Netzwerk:
meinte, die dienstbaren Geister hätten das Buch umgewandelt und aus dem Höllenzwang eine Bibel gemacht. So wurde er als ein offenbarer Hexer, der unter Beschwörungen den Leuten mit einem kupferfarbenen Nagel die Augen ausschlug, zum Tode verurteilt.
    Der Scharfrichter aber war krank und elend und sein Knecht verließ ihn, weil er auch den Meister für einen Teufelsbündner hielt. Und als dieser das Schwert erhob, ging es ganz wunderlich zu, denn er sah nicht nur einen Hals und Kopf vor sich, sondern sieben, und wußte nicht, welches der rechte sei, und schlug erbärmlich drauf los, so daß er den Kopf erst nach mehreren Schlägen abzubauen vermochte. Das Volk aber schrie aufgebracht gegen ihn und wäre er nicht ohnmächtig zu Boden gesunken, hätte man ihm gewiß was angetan.

Klaus Störtebeker und Godeke Michels
    Woher Störtebeker stammt, weiß niemand recht. Einige sagen, er sei in Ostfriesland geboren, aber die meisten berichten, er sei eines Edelmanns Sohn aus Halsmühlen bei Verden an der Aller. In seinen jungen Jahren hat er lustig gelebt, hat Fehden ausgefochten, gerauft, geschmaust und gezecht und danach in Hamburg mit andern wilden Gesellen so lange bankettiert und gewürfelt, bis er Hab und Gut verpraßt hatte. Und wie ihm nun zuletzt die Hamburger seiner Schulden halber sogar das ritterlich Gewand und Rüstzeug genommen und ihn der Stadt verwiesen haben, da ist er unter die Vitalienbrüder gegangen und ein Seeräuber geworden, wie vor ihm noch keiner gewesen ist.
    Deren Anführer war damals Godeke Michels (nach heutiger Art zu sprechen: Gottfried Michaelsen), ein tapferer gewaltiger Mann, auch guter Leute Kind, über dessen Heimat sich Holstein, Mecklenburg, Pommern und Rügen streiten; andere aber nennen eine verfallene Burg bei Walle im Verden'schen als seinen Geburtsort. Der hat den neuen Genossen mit Freuden aufgenommen; und nach abgelegten Proben seiner Kraft (denn er hat eine eiserne Kette wie Bindfaden zerreißen können) wie auch seiner Unerschrockenheit und Tapferkeit, hat er ihm gleich ein Schiff unterstellt und hernach den Oberbefehl über die ganze Brüderschaft mit ihm geteilt. Und weil der neue Genoß, der seinen adligen Namen abgelegt, so ganz unmenschlich trinken konnte, daß er die vollen Becher immer in einem Zuge ohne abzusetzen hinunterstürzte und dies Becherstürzen täglich unzählige Male wiederholte, so nannte man ihn den Becherstürzer, oder plattdeutsch Störtebeker.
    Als die Raubgesellen einstmals die Nordsee recht leer geplündert hatten, fuhren sie nach Spanien, um dort zu rauben. Störtebeker und Godeke Michels machten wie immer gleiche Teile der Beute, nur die Reliquien des heiligen Vincentius, die sie aus einer Kirche genommen, behielten sie für sich und trugen sie seitdem unter ihrem Wams auf der bloßen Brust. Und daher ist's gekommen, daß sie hieb- und schußfest gewesen sind; kein Schwert und Dolch, keine Armbrust, Büchse oder Kartaune hat sie je verwunden, geschweige denn töten können – so ging die Sage.
    Und nach ihrer Vertreibung aus der Ostsee haben sie von ihren Schlupfwinkeln auf Rügen und andern Orten lassen müssen. Darauf haben sie aber in Ostfriesland gute Freunde gewonnen und dort ihren Raub bergen und verkaufen können. Besonders bei Marienhave haben sie viel verkehrt und dort gibt's noch viele Erinnerungen an Störtebeker. Der Häuptling, Keno ten Brooke, wurde sein Schwiegervater, denn dessen schöne Tochter verliebte sich in den kühnen mächtigen Mann und folgte ihm auf sein Schiff und in sein schwankend' Reich.
    Wenn Störtebeker Gefangene machte, die ein Lösegeld versprachen, so ließ er sie leben. Waren sie aber arme Teufel und alt oder schwächlich dazu, wurden sie gleich ohne weiteres über Bord geworfen. Erschienen sie ihm jedoch tüchtig und brauchbar, so machte er erst eine Probe mit ihnen. Wenn sie nämlich seinen ungeheuren Mundbecher voll Wein in einem Zuge leeren konnten, dann waren sie seine Leute, dann nahm er sie als Gesellen an. Die es aber nicht konnten, die wurden auch abgetan.
    Störtebeker und Godeke Michels haben zuweilen Reue über ihr Leben gefühlt. Und deshalb soll jeder von ihnen dem Dorn zu Verden sieben Fenster, zur Abbüßung ihrer sieben Todsünden, geschenkt haben; das Störtebeker'sche Wahrzeichen, zwei umgestürzte Becher, ist in einem dieser Fenster angebracht. Auch Brotspenden an dortige Arme haben sie gestiftet. Und hierin finden viele eine Bestätigung der Angabe, daß beide Verden'sche Landeskinder

Weitere Kostenlose Bücher