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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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von Hagelstein“, stieß sie empört hervor, „jetzt erst rückst du damit heraus? Ich lasse dich an den Füßen aufknüpfen und vierteilen!“ Sie eilte zur Tür, wobei sie sich unterwegs in ihrem rostroten Gewand verhedderte, rief nach ihren Damen und befahl ihnen, niemanden hereinzulassen. „Sagt allen, ich hätte einen wichtigen Brief zu schreiben!“
    „Und jetzt sprich“, herrschte sie Hagelstein an, als sie sich gegenübersaßen. Ihr Herz klopfte aufgeregt. „Möge deine Neuigkeit mich über allen Ingrimm hinwegtrösten.“

    Geschickt umschiffte Hagelstein das, was er sich Sancha nicht zu erzählen getraute.
    „Und nachdem mich die Adler vertrieben hatten“, fuhr er fort, „hüllte mich mit einem Mal eine derart dicke Nebelsuppe ein, das ich die Orientierung verlor. Fast blind stieg ich bergab und übersah dabei die Abzweigung zum Weiler Linas, wo noch immer mein Pferd im Stall stand. Viel zu spät bemerkte ich meinen Irrtum, doch nachdem mir der Sinn nicht nach der ...“, er räusperte sich, „nach der schmutzigen Kate der Alten stand, die mich gesundgepflegt hat, lief ich weiter.“
    Er erzählte, dass er eine Wiese voller Knabenkraut überquert und über dem Ausgraben einiger Knollen die Zeit vergessen hätte. „Ich wusste nicht genau, wo ich mich befand und so folgte ich einem Bachlauf, dessen hüpfendes Wasser grün und blau funkelte. An einer Weggabelung begegnete mir ein junger Fischersmann, das Gewand vielfach geflickt, einen rissigen Strohhut auf der Stoffhaube. Dieser freundliche Mann wies mir mit seinem Kescher den Weg zu einer kleinen Burg. Sie lag am Rande des Dorfes Bugarach, einige Meilen unterhalb von Linas. Das Gemäuer der Burg machte einen eher abweisenden Eindruck, aber weil das Fallgitter noch nicht herabgelassen war, überquerte ich die Brücke und klopfte ans Tor. Es dauerte, und ich wollte mich schon wieder davonmachen, als mich jemand durch das Fensterloch beäugte und nach meinem Begehr fragte.“
    Er sei ein Heiler, habe er dem Mann erklärt, ihm die Knollen und Kräuter gezeigt und um ein Nachtlager gebeten. „Der Knecht ließ mich eintreten. Aber ach“, fuhr Hagelstein fort, „auf dem Burghof schien es so ärmlich zuzugehen, wie bei der Alten oben in Linas. Nur wenige Hühner scharrten im Dreck und ich hörte nicht mehr als zwei Ziegen blöken. Der Knecht geleitete mich zum Donjon, einem dreistöckigen Turm, der die nordöstliche Ecke der Burganlage flankierte ...“
    „Weiter!“, drängte Sancha. Ihre Wangen waren ganz rot.
    „Als der Knecht die Tür aufstieß, fiel das Licht seiner Öllampe auf ein riesiges, gemauertes Loch im Lehmboden, das bis nahe an den Rand mit Wasser gefüllt war; daneben Eimer, Winde, Kette.“
    „Die Brunnenkammer, freilich!“
    „Eine Treppe führte nach oben. Schwerfällig zog sich der Knecht am Geländer hoch. Die Stufen endeten vor einer geschnitzten Tür, neben der sich aufgestapeltes trockenes Holz befand. Er trat ein, ich wartete draußen. Als er mich endlich einließ, schlug mir eine wahre Gluthitze entgegen. Vor der Feuerstätte, in der das Holz nur so loderte, stand ein breites und ungewöhnlich hohes Spannbett. Auf diesem lehnte, halb unter Pelzwerk verborgen, ein alter Mann.“
    Grinsend beschrieb Hagelstein den Zobelhut, den jener im Bett getragen hätte. „Er ähnelte dem, den ich bei der Kastellanin im Spiel gewann, war jedoch mit einer breiten goldenen Litze verziert und dem prachtvollsten Rubin, den ich je sah.“
    „Zwei Hühner bloß - und ein Rubin?“ Sancha verzog das Gesicht. „Wie geht das zusammen?“
    „Auch das Gemach, der frühere Rittersaal, war eines Königs würdig. Um drei Wände zog sich ein breiter, farbiger Fries“, fuhr der Narr fort. „Ein Zug von Menschen war darauf zu sehen, so trefflich gezeichnet, als lebten sie: Ritter in der Rüstung, Knappen mit Lanzen und Bannern in den Händen; liebliche, bekränzte Jungfrauen, die schwere Leuchter vor sich hertrugen. Ja, prachtvolle Leuchter! Zwei Jungfern fielen mir besonders auf. Sie schleppten schwer an einem grünen Edelstein, der wie eine dünne Schale geschnitten war und immer dann aufblitzte, wenn zufällig der Feuerschein des Kamins auf die Wand fiel. Hättet Ihr nur all das Goldgewirk gesehen, Doña Sancha, die Seidenpracht, den Schmuck, die Schellen, die zierlichen Gürtel und Schuhe!"
    „Und das Tor?“
    „Geduld!“ Hagelstein fuhr ungerührt mit seiner Schilderung fort: „Der Burgherr war krank. Ein Ungleichgewicht der Säfte. Wobei

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