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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Sterben? Er will sterben?“ Sancha sprang auf. „Aber dann ist diese Kapelle für uns verloren. Wer wird uns noch Einlass gewähren, wenn der Alte tot ist!“
    Hagelstein schmunzelte. Er legte die Hand auf sein Herz. „Konntet Ihr Euch nicht immer auf mich verlassen?“
    Wie gebannt starrte Sancha auf das Pergament, das er nun geheimnisvoll aus seinem braunen Wams zog.
    „Hier – eine Abschrift seines Testamentes. Aniort von Pecaire hat es in meinem Beisein aufsetzen lassen. Der Herr von Bugarach vermacht darin seinen gesamten Besitz dem zukünftigen Jungritter Damian von Rocaberti. Bezeugt vom örtlichen Priester und gesiegelt vom Bayle, dem Dorfvorsteher“, erläuterte er stolz.
    „Bei Gott, ist der Alte verrückt geworden? Du warst ihm doch völlig fremd!“
    Hagelstein lachte laut. „Ich schon, aber nicht Ihr, Sancha! Habt Ihr Euren Geleit- und Schutzbrief vergessen, den Ihr mir mit auf den Weg gabt? Und vor Eurem Bruder hatte Pecaire die größte Hochachtung. Nun, ich musste dem alten Herrn in die Hand versprechen, ihm den Jungen zu bringen. Das war seine einzige Bedingung. Aber ich bat ihn um Geduld, schon damit es nicht nach Erbschleicherei aussah. Es herrsche Krieg, vertröstete ich ihn, der Knappe müsse seinem Herrn noch bis zur Schwertleite dienen. Dann erst sei er frei …“ Hagelstein griff in sein Wams und zog ein kleines goldenes Kruzifix heraus. „Hier. Ein Erkennungszeichen. Damit muss sich Damian bei seiner Ankunft ausweisen.“
    „Gut gemacht“, sagte Sancha sichtlich zufrieden, streifte einen ihrer Ringe vom Finger und schob ihn Falk zu. „Das Testament und das Kruzifix bleiben einstweilen in meiner Obhut.“
    Ohne sich zu zieren, steckte Hagelstein den Ring an seinen kleinen Finger. „Dennoch, Eure Stimme klingt bedrückt, Sancha. Was ist geschehen während meiner Abwesenheit? Wie steht es mit Toulouse?“
    „Wie du sagtest: Auf einen Glücksstrahl folgen dreißig Plackereien. Niederschmetternde Nachrichten sind eingetroffen. Montfort hält Strafexpeditionen ab. Er lässt die Überläufer gnadenlos aufhängen. Die Rückeroberung von Toulouse ist daher aufgeschoben. Raymond, Roç und unsere Barone sitzen im Bergland fest. Sie stellen sich auf ein Winterlager ein.“
    Hagelstein verzog das Gesicht. „Regengüsse, Schlamm, Schnee, eisige Kälte ...“
    „Und Hunger“, ergänzte Sancha. "Die Kornspeicher und Mühlen sind heiß umkämpft, und meine Schwester ist in großer Sorge um ihren Gemahl. Sie befürchtet das Schlimmste.“
    Schweigend saßen sie einander gegenüber.
    „Ich sollte zu ihnen reiten, so lange es das Wetter zulässt“, sagte Falk nach einer Weile.

    Nach der für alle Beteiligten harten Winterpause flammten die Kämpfe im März erneut auf wie trockenes Stroh, das in die Nähe des Zunders gerät. Sie zogen sich durch das ganze Jahr, wobei das Kriegsglück für beide Lager so beständig wie eine Hure war: Jedem unverhofften oder ruhmvollen Sieg folgte der Höllenpfuhl, das Heulen und Zähneklappern.
    Die Gräfinnen von Toulouse bekamen ihre Gemahle monatelang nicht zu Gesicht. Falk von Hagelstein ritt indes regelmäßig ins Feldlager, überbrachte Briefe, überwachte die Gesundheit der Grafen und ihrer Barone und sorgte vor allem für Nachschub an Leinenbinden, denn viele Ritter waren übel zugerichtet. Die Ärzte im Feldlager, die ihn noch in Toulouse misstrauisch überwacht hatten, hießen ihn jetzt willkommen. Hagelstein nutzte seine Kurierdienste aber auch für heimliche Abstecher zum Bugarach, wo er zu seiner Rechtfertigung in den umliegenden Wäldern nach Buchenschwämmen suchte, die dringend zur Blutstillung gebraucht wurden. Dabei kümmerte er sich regelmäßig um Aniort von Pecaire, verbrachte die Nächte jedoch meist bei Grazide - die vor Glück strahlte, als er ihr bei einem seiner Besuche Sanchas Ring über den Finger streifte – und sie damit unwissentlich in große Gefahr brachte.

7.

    Ein Jahr später,
    im neunten Monat des Jahres 1217

    Es war, als ob die vier Winde stürmten und Triton in sein Horn blies! Ein gewaltiges Tosen und Brausen lag über Toulouse, als Raymond mit großem Gefolge über die Furt des Bazacle setzte, um seine Stadt wieder in Besitz zu nehmen.
    Elize von Montfort hielt bei seinem Anblick den Atem an. Saß sie in der Falle?
    „Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum. Benedicta tu in mulieribus …“, hörte sie ihre Damen neben sich beten. Gemeinsam waren sie nach der Messe auf den Adlerturm gestiegen, um sich von der

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