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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Fall weiß ich nicht mehr, wie ich dir helfen könnte, nachdem du mir kein umfassendes Vertrauen schenkst.“
    Verlegen trat der Knappe von einem Bein aufs andere. Dann fiel er im Beisein der anderen auf die Knie, bat sie um Verzeihung und erzählte ihr tatsächlich von seinem Erbe und dem gesuchten Tor. „Ich habe mich an das Versprechen gebunden gefühlt, das ich meiner Mutter gab. Aber nun ist die Lage anders. Ich muss ihr helfen. Wenn ich Euch jetzt anvertraue, Herrin, dass sich ein sicherer Hinweis in Montpellier befindet – es geht um einen Engel aus Stein -, hättet Ihr dann vielleicht die Güte, uns drei schnelle Pferde zur Verfügung zu stellen?“
    Olivier wies auf Gala. „Für sie tut es auch ein Esel, sie ist keine gute Reiterin.“ Dann fiel auch er auf seine Knie. „Wir bitten Euch wirklich inständig um Hilfe, Herrin! Mein Vater wird ebenfalls in Carcassonne gefangengehalten.“
    „Ja, wir flehen Euch an!“, drängte Damian.
    „Steht auf“, sagte Sancha mit ernstem Gesicht. „Schreib deiner Großmutter einen Brief und versuche Näheres herauszufinden. Dann sehen wir weiter.“
    „Aber ich kenne sie nicht. Sie lebt im Kloster Gellone und ist sicherlich längst tot! In spätestens einer Woche wären wir zurück ...“
    „Schluss jetzt mit der Tollerei! Allein lasse ich euch nicht reiten, schon gar nicht im Winter. Aber ich will mich selbst umhören, ob deine Großmutter noch lebt. Wenn ja, suchen wir sie auf. Im Frühling. Gemeinsam. Es gibt immer mehrere Wege, um an ein Ziel zu gelangen.“

9.

    Als Miraval und sein Diener in Carcassonne eintrafen, durchgefroren und steif vom Ritt, herrschte geschäftiger Trubel in der Stadt, was ihnen aber gerade recht kam. Am Narbonner Tor gab er sich als Tuchhändler auf der Durchreise aus und zeigte das Pergament vor, das ihm Meister Balthus, Raymonds Sekretär, ausgestellt hatte. Balthus hatte ihm auch einen Namen zugesteckt: Gaufred Fabri. Fabri, ein Tuchhändler und heimlicher Anhänger der Katharer, beherberge oft fremde Kaufleute, hatte der Sekretär gesagt. Er solle nach einem großen Backsteinhaus Ausschau halten, einem zweistöckigen Anwesen mit einem steinernen Pferdekopf über dem Tor.
    Nun hätte Miraval seinen Diener vorausschicken und nach dem Haus fragen lassen können, aber er wollte kein Aufsehen erregen. So ritten sie gemeinsam in Richtung Palatium, dann, an der östlichen Barbarkane vorbei, zur Kathedrale Saint-Nazaire, in deren Nähe sie Fabris Haus recht bald entdeckten.
    Der Türwächter öffnete die Klappe.
    „Ich handle mit Flämischem Tuch und Samt aus Lucca“, stellte sich Miraval vor und übergab ihm Balthus` Empfehlung.
    Es dauerte nicht lange, da wurde das Tor geöffnet. Ein Knecht nahm ihnen die Pferde ab, ein weiterer, dünn wie ein Aal, geleitete sie ins Haus.
    Qualm und der strenge Geruch von Teerfackeln drangen Miraval in die Nase, als sie die Eingangshalle betraten, über deren gesamte Länge sich dunkle Deckenbalken zogen. Schwere Truhen, Wandteppiche mit Fabelwesen, farbige Steinfliesen statt Streu. Einzig in einer Ecke der Aula war frisches Stroh aufgeschüttet. Dort saßen zwei alte Frauen auf Dreibein-Schemeln. Sie waren in warme Umhänge gehüllt und kardätschten Wolle über einem großen Korb. Neben ihnen bediente eine schlanke, hochgewachsene Frau, mit frisch gestärkter weißer Haube, einen Webstuhl.
    Miraval grüßte, doch die Frauen drehten sich kaum zu ihm um. Nicht einmal die Katzen, die sich zu ihren Füßen im Stroh räkelten, schienen sich für den Gast zu interessieren.
    „Nehmt bitte Platz, Sénher“, bat hingegen der Knecht, bevor er wieder davoneilte.
    Miraval setzte sich auf eine der mit Kissen versehenen Bänke. Sein Diener blieb stehen. Beide starrten sie auf den langen Tisch, auf dem mehrere aufgeschüttete Haufen mit buntem Garn, vier Scheren und einige Weberschiffchen lagen.
    Der Troubadour hob und senkte abwechselnd die Schultern und rieb sich die kalten Hände. Obendrein war er hungrig wie ein Wolf. Seinem Diener knurrte sogar hörbar der Magen. Obwohl sie bereit gewesen waren, ordentlich zu zahlen, hatte man ihnen unterwegs kaum etwas Essbares vorgesetzt. Der Krieg! Zwar war im Haus eines Katharers, wie Fabri einer war, auch kein Fleisch zu erwarten, aber vielleicht doch etwas Schmackhafteres als zweimal aufgewärmten Kohl? Miraval schwebte ein gesalzener Meerfisch vor, oder eine Pastete, gefüllt mit Nüssen, Mandeln und Rosinen.
    Als hätte er sie mit seinen Sehnsüchten herbeigelockt,

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