Saubere Verhältnisse
du bereit?«
Magnus flitzte plötzlich in der Hocke zur Tannenhecke hinüber, das offene Hemd flatterte ihm um die Hüften, und der Riemen des Fernglases hing wie eine Schultasche schräg über seiner Brust. Er hielt am hinteren Ende der Hecke und machte eine einladende Geste. Sie war ein wenig erstaunt über die Eile und ging zu ihm. Er schüttelte den Kopf.
»Man geht nicht in normalem Spaziergängertempo durch die Gärten. Man bewegt sich entweder sehr schnell oder sehr langsam, das kommt ganz darauf an«, flüsterte er ermahnend.
Dann ging er noch tiefer in die Hocke und war im nächsten Moment in der Tannenhecke verschwunden. Yvonne guckte erstaunt, die Hecke war nämlich dicht wie eine Wand.
»Komm schon«, hörte sie seine Stimme auf der anderen Seite.
Seine Hand kam aus der Hecke und drückte einen Zweig zur Seite. Da bemerkte sie, daß es hier ein Loch in der Hecke gab. Der herunterhängende Tannenzweig hatte es wie ein Vorhang versteckt. Auf allen vieren kroch sie durch das Loch und wunderte sich, daß es diese Öffnung in der wohlbekannten Hecke gegeben hatte, ohne daß sie etwas davon wußte.
Und dann ging es los durch die sommerliche Abenddämmerung. Manchmal sehr schnell, manchmal sehr langsam, es kam ganz darauf an, genau wie Magnus gesagt hatte.
Für Yvonne öffnete sich eine neue Welt. Sie konnte kaum glauben, daß es der gleiche Vorort war, den sie so gut zu kennen glaubte, ja beinahe zu gut.
Sie hatte immer nur ein unregelmäßiges Karomuster aus Straßen gesehen, das von Hausfassaden begrenzt wurde. Die Gärten hatte sie natürlich auch studiert, aber mehr als eine Verlängerung der Häuser. Die Straßen hatten das System zusammengehalten. Jetzt sah sie die Straßen mit Magnus’ Augen: als Grenzen, die das zusammenhängende Ganze der Gartenlandschaft zerschnitten.
Die Grenzen zwischen den Gärten waren jedoch, laut Magnus, dazu da, überwunden zu werden. Das war ein Grundelement des Sports.
Yvonne lernte, die beste Stelle in einer Hecke zu finden und wie man über einen Drahtzaun klettert. Am schwierigsten war die Kombination aus Zaun und Hecke. Da mußte sie oft auf die Straße hinausgehen, während Magnus sich seiner Hochsprungtechnik bediente, um über das Hindernis zu kommen.
Wenn sie zu einer niedrigen, aber breiten Hecke kamen, zog Magnus sein Flanellhemd aus und breitete es oben auf der Hecke aus, dann rollten sie sich drüber. Trotz des Hemdes stachen die abgeschnittenen Zweige wie Nägel in Yvonnes Haut. An manchen Stellen hatte Magnus das Durchschlüpfen erleichtert, indem er wie in Ekbergs Tannenhecke an einer unsichtbaren Stelle eine Öffnung geschnitten und sie dann mit Zweigen bedeckt hatte.
Yvonne wunderte sich über die Höhenunterschiede zwischen den terrassierten Gärten in der Hortensiengasse und im Minzpfad. Die Steigungen wurden für den Fußgänger durch Treppen und gleichmäßig ansteigende Straßen ausgeglichen, aber für den Gartenwanderer waren sie abrupt und dramatisch mit ihren plötzlichen Abgründen und senkrechten Mauern. Die Viermetermauer, von der Magnus erzählt hatte, war natürlich nichts für Yvonne. Da mußte sie die Gartenwelt verlassen und auf die Straße hinausgehen. Aber sie hatte sich schon so an die Regeln angepaßt, die in seiner Welt galten, daß sie sich wie ein Schummler vorkam, wenn sie am nächsten Haus in die Garageneinfahrt huschte, während er wie Spiderman die Wand herunterkletterte.
Sie wanderten durch die Sommernacht, unter dem Blütenschnee der süßlich duftenden Spiersträucher hindurch, vorbei an zarten Lauchpflanzen und riesigen Rhabarberblättern, über frisch gemähte Rasen und Streifen von liegengebliebenem trockenem Gras, das beim Kriechen auf allen vieren an den Knien hängenblieb.
Sie liefen über Plattenwege mit versenkten blauen Lampen, die von weitem aussahen wie die Landungslichter eines Flugplatzes und aus der Nähe Seeungeheuern glichen, deren gewölbte, meerblaue Augäpfel aus dem Wasser schauten.
Manchmal wurden sie vom plötzlich aufleuchtenden Licht einer Lampe mit Bewegungsmelder überrascht, die automatisch auf ihre Anwesenheit reagiert hatte, und sie mußten sich beeilen, aus dem Lichtkreis zu verschwinden.
Sie kamen durch höchst unterschiedliche Gärten:
Modische viktorianische Gärten, in denen jedes unkonventionelle Detail geplant war, vom Spalier aus gedrehten Weidenruten über die handgeflochtenen Körbe in den Obstbäumen bis zur Zinkgießkanne auf der Treppe.
Langweilige, pflegeleichte
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