Scarpetta Factor
– nichts weiter als Befehlsempfänger sind.«
»Dodie Hodge würde nie nach der Pfeife anderer Leute tanzen«, wandte Benton ein. »Sie macht mit, wenn sie sich Vorteile davon verspricht oder Spaß daran hat. Aber sie ist kein willenloses Werkzeug und nur bis zu einem gewissen Punkt kooperationsbereit und in Schach zu halten. Deshalb war es ein Fehler von Jean-Baptise, sie anzuwerben. Das Gleiche gilt für Jerome und die anderen, die er sich möglicherweise ausgesucht hat. Sie sind alle unberechenbar, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: weil er es selbst ist.«
»Warum, um alles in der Welt, hat sie nur die DVDs gestohlen?«, erkundigte sich Berger bei Lanier. »Ein paar Filme mit Hap Judd sind es doch nicht wert, dass man verhaftet wird.«
»Es ging ihr nicht um die Filme«, erwiderte Benton. »Sie war einfach machtlos dagegen. Und jetzt hat das Netzwerk ein Problem. Ein Teil seines Bankräuberpärchens ist gerade festgenommen worden. Deshalb heuert es einen Anwalt an, der mit den Verbrechern unter einer Decke steckt. Dieser wiederum versucht, einen Forensikexperten hinzuzuziehen, der ebenfalls dazugehört. Aber stattdessen landen sie bei mir, und zwar wegen Dodies theatralischem Gehabe und ihrer Eitelkeit. Sie will in demselben Krankenhaus behandelt werden wie die Reichen und Berühmten. Noch ein Hinweis darauf, dass sie eine schlechte Fußsoldatin ist.«
»Es war wirklich ein schwerer Fehler, die DVDs zu klauen«, stimmte Stockman Berger zu. »Wenn sie sich nicht die verdammten DVDs in die Hose gestopft hätte, könnte sie heute noch Banken überfallen.«
»Ihre ständige Angeberei mit Hap Judd war auch ziemlich unklug«, ergänzte Benton. »Weil sie ihr Verhalten nicht steuern kann, sorgt sie für Probleme und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Personen. Wir wissen nicht, was Hap Judd mit der Sache zu tun hat. Jedenfalls besteht eine Verbindung zwischen ihm und Dodie sowie zu Hannah Starr. Im High Roller Lanes hängt ein Foto, das ihn und Freddie Maestro zeigt, was bedeuten könnte, dass Hap außerdem Kontakt zu Toni Darien hatte. Wir müssen den Baum an die Wand projizieren, um etwas sehen zu können. Dann zeige ich Ihnen, wie alles zusammenhängt. «
»Kommen wir noch einmal auf die Bombe zu sprechen«, wandte sich Berger an Lanier. »Nur um sicherzugehen, dass ich alles richtig verstanden habe. Denken Sie, dass die Idee zu dem Paket von einer dritten Person stammt? Von Jean-Baptiste? Worauf stützen Sie diese Theorie?«
»Ich wollte den Ausdruck ›gesunder Menschenverstand‹ eigentlich nicht benutzen ... «, entgegnete Lanier.
»Sie haben es aber gerade getan«, gab Berger zurück. »Und Gönnerhaftigkeit bringt uns hier nicht weiter.«
»Lassen Sie mich ausreden. Es war ganz und gar nicht meine Absicht, Sie gönnerhaft zu behandeln, Jaime. Das Gleiche gilt für alle anderen Anwesenden hier am Tisch. Von einer analytischen Perspektive aus betrachtet« – damit meinte sie: aus dem Blickwinkel einer Kriminalistin, Ermittlerin, Analystin und Profilerin beim FBI –, »ist der versuchte Anschlag auf Dr. Scarpetta als persönlich einzustufen.« Lanier warf einen Blick auf Benton. »Als sehr persönlich sogar.« Es klang fast, als wolle sie andeuten, Benton selbst habe seiner Frau eine Bombe überreicht.
»Das mit dem gesunden Menschenverstand begreife ich immer noch nicht.« Berger sah Lanier an.
Es war offensichtlich, dass sie die FBI-Agentin nicht ausstehen konnte. Vermutlich war das Problem nicht Eifersucht, Unsicherheit oder einer der üblichen Gründe, warum erfolgreiche Frauen einander die Augen auskratzten, sondern eine rein praktische Frage. Wenn das FBI die gesamten Ermittlungen, einschließlich der Überprüfung einer möglichen Verbindung zwischen Dodie Hodge, Hap Judd und der anderen in diesem Raum erwähnten Personen mit Hannah Starr übernahm, würde die Oberstaatsanwaltschaft, nicht die Staatsanwaltschaft von New York County, die Anklage vertreten. Also nicht Berger. Reiß dich zusammen , sagte sich Benton. Hier geht es um mehr als um Kompetenzgerangel. Es war ein Fall für die Bundesbehörden, da er sich nicht nur auf die Vereinigten Staaten beschränkte und überdies ausgesprochen hässlich und gefährlich war. Wenn Berger nur eine Minute überlegt hätte, hätte sie dankend die Finger davon gelassen.
»Die Bombe, wie sie mir beschrieben wurde, stellt eine indirekte Drohung dar. Sie war als Einschüchterung gedacht«, erklärte Lanier Berger. »Das Opfer soll
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