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Schach Mit Einem Vampir

Schach Mit Einem Vampir

Titel: Schach Mit Einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Krüger
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Gesprächs, dass er nun noch später nach Hause kommen würde. „Hier Goldstein“, sprach er mit sonorer Stimme in den Hörer. Am anderen Ende der Leitung meldete sich Sophie Brown, eine von den vier Wachleuten, die für die Sicherheit des Institutes verantwortlich waren. Brown war eine korpulente, sehr direkte, aber gutmütige Afroamerikanerin. Goldstein war sie jedoch gerade wegen ihrer authentischen Art sympathisch. Und wenn sie Dienst hatte, nahm er sich immer ein wenig Zeit für sie und hielt einen kurzen Plausch über die Familie oder sonstige Themen mit ihr. Brown bat Goldstein, den Warteraum für Besucher aufzusuchen. Dort würde jemand auf ihn warten, der dringend Mister Meyers Leichnam sehen wollte. Weitere Details erfuhr er von ihr nicht. Das Gespräch war beendet. Er zog sich eine Krawatte und sein Jackett an und machte sich auf den Weg. Handelte es sich bei dem Besucher um Verwandtschaft des Toten? Oder hatte die Presse von dem Verbrechen Wind bekommen und ein aufdringlicher Reporter würde ihn mit Fragen belästigen? Vielleicht war es aber auch einer der FBI-Agenten, der von ihm die neuesten Untersuchungsergebnisse erfahren wollte. Dr. Goldstein hatte dem FBI zwar mitgeteilt, dass er sich umgehend bei ihnen melden würde, nachdem er die Thanatologie abgeschlossen hatte, doch in mancher Hinsicht fand er die Agenten doch zu ungeduldig. Und wie der Mediziner ganz richtig vermutete, waren sie bei diesem mysteriösen Fall um den Schachspieler besonders hartnäckig. Der Doktor schritt einen langen gekachelten Gang entlang, bog um eine Ecke und wäre dort fast mit einer Bahre zusammengestoßen, die von einem Mitarbeiter der Pathologie zum Kühlraum geschoben wurde. Auf der Rollbahre lag ein kleiner, mit einem Laken zugedeckter Körper. Der Größe nach zu urteilen handelte es sich um die Leiche eines Kindes. Goldstein ließ den Mann passieren und setzte seinen Weg fort. Nach wenigen Schritten erreichte er den Besucherraum. Er öffnete die Tür und trat ein. Man hatte versucht, den Besucherraum freundlich zu gestalten. Doch dabei war ein undefinierbarer Stil herausgekommen, der vielleicht noch entfernt an das Wartezimmer eines Zahnarztes erinnerte. Zwei Reihen mit grellfarbenen Plastikstühlen und in der Mitte ein einfacher Holztisch, auf dem einige Zeitschriften lagen, bildeten das Resultat. Und an den gelb gestrichenen Wänden hingen Fotografien mit Sonnenuntergängen und alten, kauzigen Bäumen. Diese Aufnahmen hatte einer der Sektionsgehilfen aus seinem Urlaubsfundus gestiftet. Auf einem dieser geschmacklosen Plastikstühle saß, mit übereinandergeschlagenen Beinen, eine junge, gutaussehende Frau. Sie knabberte nervös an ihren Fingernägeln. Ihr haselnussfarbenes langes Haar fiel offen über ihre schmalen Schultern, die in einem grauen, gut sitzenden Kostüm steckten. Goldstein schätzte das Alter der Frau auf vielleicht zwanzig, maximal fünfundzwanzig Jahre. Als sie den Doktor aus ihren großen braunen Augen ansah, erhob sie sich. Trauer lag in ihnen und sie waren vom Weinen gerötet.
    Also niemand von der Polizei, dem FBI oder der Presse. Die trauern nicht um den Toten Mr. Meyers. Meyers war Single, also ist sie eine nahe Verwandte oder eine enge Bekannte des Opfers, schlussfolgerte der Doktor richtig daraus. Die Frau, die Dr. Goldstein um einen halben Kopf überragte, streckte ihm die Hand zur Begrüßung entgegen. Etwas zögerlich reichte er ihr die Seine. Doch das Zögern war nicht unhöflich gemeint. Es war in einem pathologischen Institut einfach nicht üblich, sich die Hände zu schütteln. Die Frau stellte sich als Miss Meyers vor und Goldstein erfuhr ebenfalls, dass es sich bei ihr um die Schwester des Mordopfers handelte. Sofort schlug Goldstein die Anwesenheit dieser entzückenden Trauernden auf den Magen. Denn er wusste jetzt schon, dass er ihr bezüglich ihrer unausweichlichen Bitte, die sie ihm jeden Moment vortragen würde, nur eine Enttäuschung bereiten konnte. Im Umgang mit den Hinterbliebenen, so hatte ihm einmal ein Kollege vorgeworfen, würde er immer zu viel Mitgefühl an den Tag legen. Außerdem machte er sich zu viele Gedanken um Dinge, die ihn nichts angingen. Dieser Kollege sagte ihm auch noch, dass andere Mächte die Spielregeln des Lebens festlegen würden und er, Goldstein, sollte sich nur als ein Zuschauer verstehen. Das Spiel fand auf dem Rasen statt und die Spieler darauf mussten sich nach den vorgegebenen Spielregeln richten. Wer sich seine eigenen Regeln machte,

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