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Schampanninger

Titel: Schampanninger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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unter meine Lederjacke zog.
    Und los ging es. Himmel hilf!

53
    Was hätte ich nun für die Redefertigkeit mancher Leute gegeben, mit der sich dieser Wahnsinn, den ich mir antat, hätte abpuffern lassen. Aber auch bei solchen Geschichten hielt ich mich an das, was ich konnte, Krisenbewältigung nach Art der Boxer: kurz und trocken möglichst direkt ins Ziel. Von einem Punkt zum anderen geht es am schnellsten geradeaus.
    – Viel Glück, sagte Edi.
    So verabschiedete man Himmelfahrtskommandos.
    Ich trat an die Rampe, klopfte auf das Mikrofon und sah auf die johlende und pfeifende Menge hinunter.
    – Ich bitte um Aufmerksamkeit für eine Durchsage. Ruhe bitte!
    Der Trubel legte sich etwas.
    – Kurz und knapp: Die Veranstalter des heutigen Abends sind von einem betrügerischen Agenten aufs Kreuz gelegt worden. Jimmy Page ist nicht hier, er kommt nicht und hatte das auch nie vor. Das hat die Leute, die das organisiert haben, eine Stange Geld gekostet, ist aber logischerweise nicht euer Problem. Ich will nur sagen, dass euch niemand hier im Saal oder draußen in der Garderobe an den Beutel wollte.
    Das Pfeifen und Schreien schwoll an. Wer jetzt den Zuchtmeister spielte, hatte verschissen. Ich wartete eine Weile und setzte dann noch mal neu an.
    – Das tut mir wirklich leid, es hat aber keinen Sinn darum herumzureden. Wer gehen möchte, kann gehen, Geld gibt es an der Kasse zurück. Zeit genug für ein anderes Silvestervergnügen ist noch. Für die, die bleiben, gibt es zuerst Slaughterhouse Rock live und dann, wie geplant, große Disco. In einer Viertelstunde legen wir los.
    So weit war alles gut gelaufen, keiner hatte eine Flasche nach mir geworfen, aber die eigentliche Prüfung folgte erst. Eine Art Gottesurteil. Sicherheitshalber hätte ich den direkten Ausgang zur Garderobe hinter die Bühne nehmen können. Ich sprang jedoch von der Rampe und machte mich daran, den ganzen Saal zu durchqueren. Wer mir an die Gurgel wollte, konnte es tun. Andererseits war dies meine einzige wirkliche Chance, den Saal zu befrieden. Wer bis dahin noch nicht kapiert hatte, dass hier einer klar Flagge zeigte und mit offenen Karten spielte, verstand das jetzt.
    Eine schmale Gasse öffnete sich. Einige schrien Arschloch, Betrüger oder sonst was von hinten heraus. Das war zu verkraften. Ein paar knufften und schubsten, aber gewischt bekam ich keine. Ich durchquerte den Saal so sicher, wie ein Voodoo-Jünger auf glühenden Kohlen wandelte.
    Am Ausgang bei der Kasse wartete ich und guckte, was passierte. Ein Drittel zog ab, der Rest blieb, so hatten wir immer noch einen gut gefüllten Saal.

54
    Unsere Band allerdings machte keinen guten Eindruck. Julius schwitzte wie immer zu solchen Gelegenheiten wie ein Schwein, Henry war nur als Schatten seiner selbst, als Geistwesen im Raum, und Onkel Tom, unser schwarzerHauptdarsteller, verlangte Schnaps zu seinem Bier. Dass sich ein so glänzender Musiker zu diesem Penner heruntergewrackt hatte, war eine traurige Geschichte. Aber so wie er dastand, hart zwischen Suff und Entzug, würde er den Abend nicht schaukeln können. Und dass sie unsere Ersatzleute nun von der Bühne hauten, das durfte man keinesfalls riskieren.
    Aber was sollte ich mit diesem Kerl nur anfangen?
    Mein Weihnachtsengelchen hatte mich noch nicht verlassen. Tocktock klopfte es mit seinen feinen Fingerchen an meinen harten Schädel und erinnerte mich an das Tütchen, das mir dieser gehässige Kommissar Dorst in die Brusttasche geschoben hatte. Ich tastete danach, und es war da, wo ich es vermutete.
    Onkel Tom schmatzte und machte lange Zähne, als ich ihm damit vor dem Gesicht herumwedelte.
    – Wie steht’s? Kleine Anschubhilfe?
    Onkel Tom nickte. Das hatte er sicher nur in seinen besten Zeiten als Gitarrenheld der Münchner Szene erlebt. Er richtete sich eine ordentliche Line hin und rollte seine Eintrittskarte zu einem Röhrchen.
    – Ab in den Gully, sagte er.
    Wie ein Rüsseltier hatte er das Pülverchen abgesaugt. Was mit dem Mann nun passierte, war eine komplette Verwandlung. Nun endlich erreichte er Betriebstemperatur, und alle Aggregate wurden in ihm hochgefahren. Er straffte sich, sein trüber Blick wurde geradezu flammend. Wäre es Koks gewesen, hätte man sofort dazu konvertieren mögen, aber so wurde in einem der Glaube an die menschliche Selbstbildungskraft vollgültig ins Recht gesetzt.
    Tom wartete erst gar nicht auf seine Kumpanen, sondern packte die Gitarre, stürmte nach draußen in die Schlacht undstöpselte sich

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