Schattenengel (Contoli-Heinzgen-Krimi)
drauf.«
Anke grinste .„ Sind die Mädchen da?«
Sandra deutete ihr den Weg in eines der Besprechungszimmer. Als Anke eintrat, schoss Marianne von ihrem Stuhl hoch und begrüßte sie. Über die anderen fünf hatte sie geschrieben, sie jedoch nie gesehen. Von Sandra wusste Anke, dass drei regelmäßig in die Beratungsstelle kamen, um über das Trauma zu sprechen und es zu verarbeiten. Nach ihren Artikeln hatten sich weitere 35 Mädchen gemeldet, die in nächster Zeit die Beratungsstelle aufsuchen würden.
Endlich brachte Sandra Kaffee und Schokolade. Die Mädchen füllten sich die Tassen und stürzten sich auf den Obstkuchen. Anke sah ihnen amüsiert zu. Wie anfangen?
Und schließlich erzählte sie ihnen, wie sie auf die Täterin gestoßen war, obwohl einige es sicherlich aus ihrem Artikel wussten. Nicht für alle Ohren bestimmte Einzelheiten ließ sie allerdings bei ihrem Bericht aus.
Nachdem die Opfer sich endlich entspannt und gegenseitig ihre schrecklichen Erlebnisse mitgeteilt hatten, wobei sie Sandra als Sozialarbeiterin verständnisvoll auffing, wurde es ein ungezwungener Nachmittag.
Als Anke gegen Abend die Beratungsstelle verließ, behielt sie den Eindruck, dass sich einige Freundschaften unter den Mädchen entwickeln könnten. „Gemeinsam sind wir stark«, hatte Marianne gesagt.
Anke bog in die Poppelsdorfer Allee ein und freute sich auf einen gemütlichen Abend mit Wolf und einem feinen Roten von der Ahr, als ihr Handy sich in ihre freudigen Gedanken einbrachte. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr kurz vor sieben Uhr. Mist. Jetzt nicht mehr. Doch die Nummer eines ihrer Informanten ließ ihren Finger blitzschnell auf die grüne Taste gleiten.
„ Fahr mal runter zum Rhein, Leinpfad, Nähe Augustinum, anscheinend tödlicher Badeunfall.«
In der Rechtsmedizin bei Roland Geiß nahmen Anke und Wolf Stunden später Abschied von Laura Varelli, umbenannte Koll. Wie zerschmettert stand Anke vor der Leiche und betrachtete das kalkweiße Gesicht. Es war noch zierlicher und kleiner. Wie geschrumpft.
„ Ihr Schicksal hat sich erfüllt«, meinte Anke betroffen. »Und ich dachte, alles würde gut für sie.«
Wolf nickte, als hätte sie seine Erwartung ausgesprochen.
„ Man hätte sie in der geschlossenen Abteilung behalten sollen, da wäre sie vor sich selbst sicher gewesen.«
„ Aber Laura hat so einen starken Eindruck gemacht, nicht nur ich dachte, sie würde es schaffen.«
„ Sie hat den Kampf gegen sich selbst verloren.«
Sowohl die deutsche als auch die italienische Polizei hefteten sich an den Sarg, als Laura nach Kalabrien überführt wurde. Aber keiner ihrer engen Familie erschien auf der Beerdigung. Sie waren wie vom Erdboden verschluckt.
39
Anke blickte konzentriert in den Badezimmerspiegel.
„ Was zeigst du mir hier?«, murmelte sie unzufrieden, wobei sie ungehalten an ihren Haaren zupfte. Sie hatten in der letzten Zeit ihre rote Leuchtkraft verloren. „Oh, meine Haare werden alt«, gab sie ihrem Spiegelbild zu verstehen. Einmal mehr unzufrieden musterte sie ihr Gesicht, während ihre Finger mehrfach ihre Wangenhaut kneteten.
„ Was murmelst du da, du wirst alt?«
Im Spiegel grinste sie Wolf zu, der ins Bad getreten war.
„ Och ja«, zur Bestätigung tätschelte sie ihre Wangen. Anschließend fasste sie eine Haarsträhne und zog sie nach oben. „Sieh dir das an, blass und farblos wie ich selbst.«
Wolf lachte herzhaft.
„ Für mich bleibst du immer die schönste junge Frau, die ich je geheiratet habe.«
„ Was du nicht sagst.« Anke drehte sich verblüfft zu ihm und lachte auf. „Gab‘s denn vor mir noch andere Ehefrauen?«
Später stand sie vor dem Kleiderschrank, denn der Abend mit Birgit und Dietrich Hauff stand an.
Was anziehen? Seit Monaten hing da etwas, das sie eigenhändig in Paris gekauft hatte. Erst zögerlich, später energisch zog sie das Teil aus dem Schrank, verschwand damit ins Bad und schloss ab. Wolf sollte sie nicht überraschen.
Als sie sich später in ihrem Chanel Kostüm vor ihm drehte, klang das „Wow« aus seinem Mund überaus bewundernd.
„ D u siehst grandios aus.«
Passend zum Kostüm ließ ein Glanztonikum ihre Haare wie Feuerlicht scheinen. Sie griff seinen Arm .„ Die Hauffs warten sicherlich schon.«
Es wurde ein ausgelassener Abend mit viel Gesprächsstoff über die vergangenen Ereignisse, die sie sich bei Essen und Wein von der Seele redeten.
„ Kannst du das Ding nicht einmal abstellen«, knurrte Wolf, als
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