Schattenjagd
Brust von schwarzen Wunden bedeckt war. Eisiger Schreck durchzuckte ihn. So schwach er sich auch fühlte, stemmte er sich hoch und schleppte sich zu dem metallenen Spiegel, der zerbeult war, als hätte ein Riese in Raserei mit seiner Faust dagegen getrommelt.
Aber das Metall spiegelte immer noch, wenn auch verzerrt. Mythor sah sich darin – und seine verbrannte Brust. Aber Fronjas Bildnis fehlte.
Mit einem trockenen Schluchzen wandte er sich ab.
*
»Was habe ich nur angerichtet?« sagte Sadagar entsetzt. Er kauerte zusammengesunken da und zitterte am ganzen Leib. Er war stark abgemagert und bestand nur noch aus Haut und Knochen. Sein Gesicht war ein Totenschädel. Er fuhr fort: »Ich hätte dich, meinen besten und einzigen Freund unter den Menschen, zum Sklaven eines Dämons gemacht. Und ich habe über ein ganzes Volk Unglück gebracht.«
»Unsinn!« sagte Mythor, der immer noch ein schmerzhaftes Pochen in der Brust spürte, das nur allmählich nachließ. »Die Rafher sind ihren vorbestimmten Weg gegangen. Sie haben nur dafür gelebt, eines Tages in einem Wesen aus reinem Geist aufzugehen. Ich weiß jetzt, dass es den Rafher-Deddeth gibt, denn ich habe ihn gegen den Schatten aus Dhuannin kämpfen sehen. Ich verdanke ihm meine Freiheit. Der Dhuannin-Deddeth konnte mir nicht mehr nehmen als Fronjas Bildnis.«
»Trotzdem.« Sadagar schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. »Es war schrecklich. Ich werde dieses Erlebnis nie vergessen.«
Die Tür ging auf, und No-Ango trat ein. »Die Vogelreiter belagern die Stadt immer noch«, sagte er. »Ich konnte nur wenige Vorräte zusammentragen, gerade genug für ein paar Tage.«
Er legte einen Wasserschlauch und zwei Lederbeutel auf den Boden, dann stützte er sich auf seinen langen Stock und betrachtete Sadagar. Als der Steinmann den Kopf hob und ihn bekümmert ansah, sagte No-Ango: »Du hast dir keine Vorwürfe zu machen, Sadagar. Niemand wird dich für die Bösartigkeit des Schattens verantwortlich machen, der dich geritten hat.«
»Ha!« rief Sadagar voller Selbstvorwürfe.
»Jetzt ist es genug«, sagte Mythor. »No-Ango hat selbst genug Kummer, als dass er dir noch Trost spenden soll. Reiß dich endlich zusammen, Steinmann! So übel haben wir es nicht erwischt. Wir brauchen nur zu warten, bis die Vogelreiter abziehen, dann können wir uns auf den Weg nach Logghard machen.«
»Das ist gar nicht nötig«, sagte No-Ango. Er deutete auf den verbeulten Metallspiegel. »Das ist eine Tür, und dahinter führt eine Höhle zur Anhöhe hinauf.«
»Willst du uns nicht begleiten, No-Ango?« fragte Mythor.
»Das muss ich wohl«, antwortete der Letzte der Rafher. »Ihr würdet euch in den Schluchten von Rafhers Rücken hoffnungslos verirren und umkommen. Ich werde euch den Weg zeigen.«
»Ich meinte eigentlich, ob du uns nicht nach Logghard begleiten willst«, sagte Mythor. »Es war dir nicht möglich, mit deinem Volk zu gehen. Aber du könntest auf unsere Art, gemeinsam mit Sadagar und mir, für eine bessere Lichtwelt kämpfen.«
»Ich habe erwartet, dass du das sagst, Mythor«, meinte No-Ango. »Logghard war auch für uns Rafher schon immer der wichtigste Stützpunkt der Lichtwelt. Auch mein Volk wird sich dort einfinden. Vielleicht wird es mir möglich sein, mit Hu-Gona Verbindung aufzunehmen, denn ich fühle, dass ich ihm trotz meines Körpers sehr nahe bin… Ja, ich komme gerne mit euch.«
»Dann sollten wir sofort aufbrechen, bevor die Moronen auf den Gedanken kommen, dieses Gebäude zu durchsuchen«, sagte Mythor.
Er nahm die Vorräte auf, die No-Ango mitgebracht hatte.
Sadagar erhob sich schwerfällig. Als er stand, zwinkerte er Mythor zu.
No-Ango hatte einige Mühe, die verbeulte Spiegeltür aufzubekommen, aber schließlich schaffte er es. Er entzündete mit zwei Feuersteinen die Öllampe, hob sie auf und betrat die Höhle hinter dem Spiegel.
Mythor folgte ihm nicht sogleich. Er trat noch einmal vor den Spiegel hin, vergeblich darauf hoffend, dass sich Fronjas Bildnis auf seiner schwarz verbrannten Brust zeigen würde.
»Bist du jetzt statt des Deddeth eine Gefangene der Spiegelwelt?« fragte er.
Er hoffte, darauf einmal eine Antwort zu bekommen.
*
Deddeth
Er war seinem Triumph so nahe gewesen, seines Sieges so gewiss wie nie zuvor, und da traf ihn die vernichtende Niederlage.
Es war so blitzartig über ihn gekommen, dass er kaum zu einer Gegenwehr fähig war. Etwas aus reinem Licht war in ihn eingedrungen, hatte ihn von innen her ausgehöhlt und
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