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Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Schattenlord 6 - Der gläserne Turm

Titel: Schattenlord 6 - Der gläserne Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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dann werde ich auch zu diesem Gott beten.« Er legte die Hand auf den Griff der Tür.
    »Es gibt etwas anderes, was du tun könntest.« Andreas legte all die Überzeugungskraft, die er aufbringen konnte, in seine Worte. Eine weitere Chance würde er nicht bekommen. »Befreie mich von diesen Fesseln und zeig mir, wie man von dem Schiff entkommt.«
    »Du willst es nicht kapieren, oder?« Aswig drehte sich zu ihm um. Der Schutzschild umgab ihn wieder wie eine Mauer. Sein Gesicht wirkte hart. »Es gibt kein Entkommen. Niemand flieht von dem Seelenfänger, kein Lebender und erst recht kein Toter. Du wirst hierbleiben, bis der Käpt’n deine Seele verschlungen hat. So war es immer, und so wird es auch immer sein.«
    Andreas riss an seinen Fesseln. Verzweiflung überkam ihm. »Dann hol die Peitsche! Schlag so lange auf mich ein, bis nichts mehr von mir übrig ist.«
    »Nein!« Der Junge wirkte entsetzt. »Das könnte ich niemals tun.«
    »Wenn du es nicht tust, werden Luca und Sandra sterben.« Er wusste nicht, ob das stimmte, aber es war das Einzige, mit dem er glaubte, Aswig noch überzeugen zu können. »Ich halte keinen weiteren Schlag aus, Aswig. Tu es für deine Freunde. Bitte.«
    »Sie sind nicht meine Freunde.« Der Junge riss die Tür auf. »Sie hätten es sein können, aber sie sind es nicht.«
    Er lief nach draußen. Andreas hörte seine verzerrten Schritte über das Deck hallen.
    Ich habe versagt, dachte er. Es war nicht der Dämon, der in ihm sprach, sondern Hoffnungslosigkeit und die Erkenntnis, dass er die Menschen, die, ohne es zu ahnen, auf ihn zählten, verraten würde. Vielleicht hielt er noch einen Schlag durch, vielleicht sogar zwei oder drei, doch irgendwann würde er nicht mehr die Willenskraft aufbringen, sich Fokke zu widersetzen. Die Zeit war auf der Seite des Kapitäns, und auf Andreas’ Seite?
    Da war nichts.
    Irgendwann wurde es dunkel. Die Kajütentür öffnete sich, und Fokke betrat den Raum.
    »Eine wundervolle Nacht, oder?«, sagte er, als er den Holzkasten auf die Truhe legte, öffnete und die Peitsche herausnahm. »Nicht zu warm, nicht zu kalt, nicht zu stürmisch und nicht zu ruhig. Als Kapitän kann man sich kaum besseres Wetter wünschen.«
    Er runzelte die Stirn, als er die offene Tür sah, ging hin und schloss sie. Die Geräusche des Decks verstummten. »Wo ist eigentlich Laura?«
    Andreas schloss die Augen. Er hörte das Klirren der Peitsche.
    Ich halte das durch, dachte er, nur noch einen weiteren Schlag.
    Wozu?, fragte er sich im nächsten Moment. Es kann doch nur auf eine Weise enden.
    »Warte«, sagte Andreas und öffnete die Augen.
    Fokke ließ die Peitsche, die er bereits angehoben hatte, sinken. Die Schwärze in seinen Augen wurde so intensiv, dass sie zu leuchten schien. »Willst du das Unvermeidliche nur hinauszögern, oder bist du bereit, meine Frage zu beantworten?«
    Andreas presste die Lippen zusammen. Es tut mir so leid, Laura, dachte er. Wenn du jemals erfährst, wer dich verraten hat, hoffe ich, dass du mir verzeihst.
    Fokke hob die Peitsche. »Wo ist Laura?«
    »Sie ist auf dem Weg in die Gläserne Stadt, um einen Dolch zu holen, der Alberich töten kann.«
    Der Kapitän lächelte. »War das jetzt so schwer?«, fragte er, während er die Peitsche zusammenrollte und in ihren Kasten legte.
    »Nein«, sagte Andreas. Er war immer noch ein guter Lügner. »Es war sogar ganz leicht.«
    Fokke wirkte überrascht, sagte jedoch nichts dazu.

    In seinen Gedanken wurde aus Andreas, dem Versager, Andreas, der Rächer. Er hielt sich von den anderen Seelen fern und ging Aswig aus dem Weg, so wie dieser ihm. Die meiste Zeit verbrachte er auf Deck, während der Seelenfänger stur nach Norden segelte. Die Gläserne Stadt war eine Legende, die auch einige der Matrosen kannten, und gelegentlich bekam er Gespräche darüber mit. Sie glaubten nicht, dass es die Stadt überhaupt gab, und murrten, weil Fokke jegliche Unterbrechungen der Fahrt verboten hatte, was die Landgänge einschloss. Es gab zwar genügend Vorräte an Bord, aber ohne frische Lebensmittel wurden die Mahlzeiten immer eintöniger. Zweimal musste Patto, der Maat, einschreiten und Prügeleien zwischen Matrosen und dem Koch beenden, während Kramp einen Mann, der sich über die sinnlose Herumfahrerei beschwert hatte, wegen Meuterei hinrichten ließ. Danach beschwerte sich niemand mehr, aber die Stimmung war gedrückt.
    Andreas interessierte das alles nicht. Er stand im Bug des Schiffes und ließ die graue Landschaft unter

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