Schattennächte: Thriller (German Edition)
Freundin gefunden hast, Schatz«, sagte sie.
Dann ging sie aus der Küche und ließ ihren Toast liegen.
13
Das Gebäude, in dem sich das Thomas Center for Women befand, lag in der Nähe des Zentrums von Oak Knoll, es stammte vom Ende der Zwanzigerjahre und hatte bis in die Sechzigerjahre als private katholische Mädchenschule gedient.
Es war im Stil der alten spanischen Missionen erbaut, die sich wie die Perlen einer Perlenkette an der kalifornischen Küste entlangzogen. Weißer Putz und rote Ziegeldächer, Laubengänge und gebogene Giebel, ein Glockenturm, der sich über den dicken Mauern erhob.
Lauren erkannte die Details nach den Beschreibungen ihres Mannes wieder. Lance war begeistert gewesen von diesen Missionsstationen. Er hatte sie alle besucht – die meisten mehr als ein Mal. Ständig hatte er davon gesprochen, ein Familienanwesen in diesem Stil bauen zu wollen, bei dem Haupthaus, kleine Gästehäuser und Werkstätten oder Ateliers rings um einen hübschen Hof mit Garten lagen.
Bei einem seiner Aufenthalte in Oak Knoll während des Umbaus von Bumps und Sissys Haus hatte Lance das Thomas Center besucht. Lauren erinnerte sich daran, wie er von der Architektur geschwärmt hatte. Ein schönes Bauwerk war für Lance wie eine schöne Frau gewesen. Bump hatte ihn oft damit aufgezogen, dass ein Haus wie eine Geliebte für ihn sei, und wenn er nicht aufpasste, würde er, Bump, die Gelegenheit nutzen und ihm seine Familie ausspannen.
Lauren wusste, dass sich das Thomas Center seit zehn Jahren in diesem Gebäude befand. Die Gründerin dieser Institution hatte im Laufe der Jahre mehrere von Laurens Frauengruppen in Santa Barbara zu Vorträgen besucht. Lauren kannte Jane Thomas gut genug, um ein paar Höflichkeiten mit ihr auszutauschen, und sie bewunderte ihre unermüdliche Arbeit für das Center.
Das Thomas Center war ein Zufluchtsort für in Not geratene und missbrauchte Frauen, die ein neues Leben beginnen wollten. Ein Ort, an dem ihre Wunden heilen und die Frauen wieder zu sich finden konnten, ein Ort der Hoffnung. Frauen aus allen Gesellschaftsschichten und mit jedem Hintergrund wurden hier willkommen geheißen.
Lauren stellte ihr Auto auf dem Parkplatz neben dem Hauptgebäude ab und saß einen Moment lang nur da. Sie fühlte sich, als wäre ihr Gewalt angetan worden – durch das Leben und durch sich selbst. Sie brauchte ganz sicher Heilung.
An diesem Punkt ihres Lebens erschien ihr Hoffnung wie ein hübscher weißer Vogel, der außer Reichweite war. Einst hatte sie ihn in Händen gehalten, allzu fest wohl, denn er war ihr entflohen. Jetzt schnappte sie ständig nach ihm und hatte ein paar seiner Schwanzfedern erwischt, aber nie bekam sie ihn richtig zu fassen.
Sie holte zwei Schmerztabletten aus ihrer Handtasche und spülte sie mit einem Schluck aus ihrer Wasserflasche hinunter. Es war bereits elf Uhr, und sie hatte immer noch Kopfschmerzen vom Heulen und Trinken und dem Schlafmangel in der Nacht zuvor. Sie hatte sich Mühe mit ihrem Make-up gegeben, wusste aber, man würde ihr ansehen, dass sie müde war und einen Kater hatte und sich die letzte Nacht mit Selbstvorwürfen wegen ihrer Schwäche und Dummheit herumgeschlagen hatte.
Dazu brauchte sie nicht einmal in den Spiegel zu sehen. Sie setzte ihre Sonnenbrille auf und stieg aus.
Anne Leone hatte im Thomas Center ein Büro. Lauren erkundigte sich an der Rezeption nach dem Weg und drehte den Kopf weg, als sie an Jane Thomas’ Büro vorbei das Foyer durchquerte. Der Weg kam ihr endlos vor. Das Klackern ihrer Absätze auf den polierten mexikanischen Fliesen hallte von der Gewölbedecke wider.
Vor der Tür des Büros blieb sie stehen. Bevor sie es sich anders überlegen und wieder gehen konnte, wurde die Tür von innen geöffnet.
Anne begrüßte sie mit einem ungezwungenen Lächeln, so als wären sie gute alte Bekannte.
»Hallo, Lauren, kommen Sie herein. Die Frau an der Rezeption hat mir gesagt, dass Sie hier sind.
Es tut mir leid, dass ich keine Zeit hatte, als Sie angerufen haben«, fuhr sie fort, während sie sie an den Besucherstühlen vorbei in ihr kleines privates Arbeitszimmer führte. »Ich hatte einen Termin.«
»Das macht überhaupt nichts«, sagte Lauren. »Ich musste sowieso ein paar Dinge erledigen, da konnte ich gut hier vorbeikommen.«
Sie sagte nichts von ihrem Verdacht, dass Anne das geplant hatte. Vor einem psychologisch geschulten Menschen sollte man besser keine Paranoia zeigen.
»Nehmen Sie doch bitte Platz«, sagte Anne
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