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Schattenspieler (German Edition)

Schattenspieler (German Edition)

Titel: Schattenspieler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Michael Römling
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musterten ohne Scheu seine Toga mit dem breiten Purpurstreifen, die Caius als Angehörigen des senatorischen Adels auswies. Etwas an ihrem Blick war unverschämt. Er trug diese Toga erst seit knapp zwei Monaten und die beiden schienen seinen frischen Stolz genau zu bemerken. Als der eine mit dem Fuß eins der verschnürten Pakete lässig an die Seite schob, um Caius Platz zu machen, hatte auch diese Geste etwas Respektloses.
    Liefert lieber eure Ware ab, anstatt hier den Tag zu vertrödeln, dachte Caius noch, dann trat er aus dem Schatten des Säulenganges und stand nach ein paar Schritten und drei Stufen auf dem riesigen Platz des Forums.
    Licht und Wärme kamen hier von allen Seiten, er spürte die Sonne im Nacken und musste die Augen zukneifen, so grell warf der mit Marmorplatten ausgelegte Boden das Licht zurück. In seinem Rücken machte der Säulengang einen ersten Knick und nach etwa sechzig Schritten einen zweiten, dann lief er wieder auf den Tempel zu, der an der gegenüberliegenden Schmalseite den Abschluss des Forums bildete. Mitten auf dem Platz stand auf einem mannshohen Sockel eine vergoldete Skulptur, die die ganze Fläche beherrschte: ein vierspänniger Triumphwagen. Caius hatte schon oft hier gestanden, doch immer wieder weckte die Figurengruppe in ihm grenzenlose Bewunderung, weniger wegen ihrer Größe als vielmehr wegen der fast unglaublichen Detailgenauigkeit und Lebendigkeit der Darstellung. Vier Pferde zogen den Wagen, und der Künstler – ein Grieche, wie fast alle großen Bildhauer – hatte es verstanden, ihre unbändige Bewegung so einzufrieren, dass es schien, sie würden jeden Augenblick zum Leben erwachen und weiter voranstürmen: Nervös warfen sie die Köpfe mit den geblähten Nüstern, an Flanken und Beinen zeichneten sich die Muskeln ab und an den Hälsen waren selbst die kleinsten Adern herausgearbeitet. Sechzehn Hufe stemmten sich in den Boden oder wirbelten durch die Luft, eins der Pferde schien gerade steigen zu wollen, und man hörte beinahe das Ächzen der Deichsel. Die ungestüme Dramatik des Gespanns wurde durch den Kontrast zur lässigen Pose des Wagenlenkers noch gesteigert: Sicher und ruhig stand er da und hatte es nicht nötig, sich anzulehnen oder festzuhalten. Seine Arme hatte er leicht abgewinkelt und nach vorn gestreckt. In seinen Händen ruhten die Zügel, als habe sie jemand behutsam hineingelegt. Er trug eine Feldherrenuniform und einen Brustpanzer, der über und über mit Reliefs geschmückt war. In seinen Gesichtszügen wiederholte sich die gelassene Überlegenheit der ganzen Pose: ein schmaler, kaum merklich geschwungener Mund, eine gerade Nase, Augen, die über die Pferderücken hinweg in die Ferne zu blicken schienen. Die Haare waren in Strähnen nach vorn gekämmt und wurden von einem Lorbeerkranz eingerahmt. Das Gesicht war Caius bestens vertraut; man konnte in Rom um keine Ecke biegen, ohne diesem Mann zu begegnen. Als Statue, Büste oder Relief hatte ein Heer von Steinmetzen ihn tausendfach aus dem Marmor geschält und sein Namenszug sprang einem von fast allen Inschriften an öffentlichen Gebäuden entgegen: Caius Julius Caesar Augustus, Princeps und Imperator, Großneffe und Adoptivsohn des göttlichen Caesar. Unwillkürlich schossen Caius die zahlreichen Titel durch den Kopf, mit denen der Senat Augustus im Laufe seiner mehr als vierzigjährigen Herrschaft geehrt hatte. Augustus war mächtiger, als je ein Mann in Rom gewesen war, und Rom war unter seiner Führung mächtiger geworden als jedes andere Reich auf der Erde. Die höchsten Ämter des Staates liefen in seinen Händen zusammen wie die Zügel des goldenen Gespanns, das in der Nachmittagssonne glänzte.
    Caius fühlte eine Hand auf seiner Schulter. Sein Vater, der vorhin im Gewühl zurückgeblieben war, hatte sich ebenfalls durch die Menge ins Freie gekämpft und stand nun hinter ihm. »Bist du aufgeregt?«, fragte Quintus Cornelius Castor.
    Caius machte keine Anstalten, seine Nervosität zu verbergen, sein Vater kannte ihn ohnehin gut genug. Wie sollte man an einem solchen Tag auch nicht aufgeregt sein? Als er vor zwei Monaten die Toga bekommen hatte, war er vor Stolz beinahe geplatzt. In seiner Fantasie hatte er bereits die verschiedenen Rollen der glanzvollen Karriere durchgespielt, die ihm nun bevorstand: Caius Cornelius Castor der Tribun, Caius Cornelius Castor der Legionslegat, Caius Cornelius Castor der Senator und Caius Cornelius Castor der Konsul.
Dann hatte sein Vater ihn

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