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Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall

Titel: Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P Gibert
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und versetzte ihm einen Tritt in die Seite. Der alte Mann glaubte, das
Bersten seiner Rippen hören zu können, bevor er es spürte, riss die Augen auf
und sank stöhnend zusammen.
    »Schöne Beerdigung war das heute«, hörte er über sich. »Du
hast meine Frage übrigens noch nicht beantwortet, du Bastard. Tut es weh, wenn
man die Frau verliert, die man liebt?«
    Bauer machte keine Anstalten, zu antworten. Zusammengekrümmt
lag er da und versuchte, mit kurzen, gepressten Atemzügen Luft in seine Lungen
zu saugen.
    »Hallo, jemand
zu Hause?«, rief der Mann über ihm freundlich und trat ihm dabei mit voller
Wucht ins Gesicht. Bauer sah Sterne. Sein Gebiss flog wie der Mundschutz eines
angeknockten Boxers neben ihm über den Teppich. Ein paar Tritte später senkte
sich eine wohltuende, schmerzfreie Dunkelheit auf ihn herab.

2
    Hauptkommissar Paul Lenz betrat die einsam und
verlassen wirkende psychiatrische Praxis seines Freundes Christian, brachte den
mitgebrachten Sekt im Eisfach des Kühlschrankes unter, trat ans Fenster und sah
hinab auf den Marktplatz von Fritzlar, der alten Fachwerkstadt südlich von
Kassel, über der sich gerade die letzten Sonnenstrahlen verzogen hatten. Noch
eine Viertelstunde, vielleicht etwas länger, denn Pünktlichkeit war nicht die
Stärke seiner großen Liebe, dann würde er Maria in seine Arme schließen können.
Maria Zeislinger, die Frau des Kasseler Oberbürgermeisters Erich Zeislinger.
    Er sah aus dem Fenster und dachte über seinen letzten Besuch
nach in dieser Praxis, die ihnen als diskretes Liebesnest für ihre amourösen
Treffen diente. Auch an jenem Winterabend ein halbes Jahr zuvor hatte er aus
dem Fenster gesehen und gewartet, doch sie war nicht gekommen. Und während er
wartete, hatten die Ärzte um ihr Leben gekämpft und sie sogar reanimieren
müssen.
    Einem Kleintransporter war ein Reifen geplatzt, und Maria zur
falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Zuerst dachte Lenz, sie sei bei dem
Unfall getötet worden, was sich jedoch als Falschinformation herausgestellt
hatte. Es folgten diskrete nächtliche Besuche auf der Intensivstation und im
Anschluss eine endlos scheinende Rehabilitation, weil sie als Folge des Unfalls
monatelang mit Doppelbildern, quälenden Kopfschmerzen und permanenter Müdigkeit
zu kämpfen gehabt hatte. Doch das war nun Schnee von gestern. Seit ein paar
Tagen durfte sie wieder Auto fahren und war damit in der glücklichen Lage, sich
mit ihm zu treffen.
    Ein leises, entferntes Klopfen riss ihn aus seinen
Gedanken. Er drehte sich um, ging mit schnellen Schritten zur Praxistür und
öffnete sie vorsichtig. Zunächst konnte er im dunklen Hausflur nichts erkennen,
dann jedoch drängte sich Maria an ihm vorbei, drückte mit dem Rücken die Tür
zu, umarmte ihn und presste dabei ihre Lippen auf seinen Mund.
    »Warte, warte«, protestierte er schwach, jedoch ohne
irgendeine Aussicht auf Erfolg. Sie schlang die Arme fester um seinen Hals,
umspielte mit ihrer Zunge seine Lippen, griff gleichzeitig nach seinem Kragen
und nestelte am obersten Knopf seines Hemdes herum.
    »Maria …«
    »Psst, Paul. Auf das, was jetzt kommt, freue ich mich seit
fast einem halben Jahr. Du kannst einer Verdurstenden nicht das
lebensnotwendige Wasser vorenthalten. Bitte nicht.«
    »Aber wollen wir nicht erstmal …?«, startete er einen letzten
Versuch.
    »Nein, wollen wir ganz bestimmt nicht«, erwiderte sie sehr
bestimmt. »Aber alles, was du jetzt nicht kriegst, ist bloß aufgeschoben, nicht
aufgehoben. Also bitte, rette mich vor dem Ertrinken. B I T T E!«

     
    Eine knappe Stunde später lagen die beiden
restlos erschöpft nebeneinander auf der Praxiscouch und hielten sich im Arm.
    »Oh Gott, ist mir heiß«, erklärte sie, machte sich von ihm
frei, holte eine Haarklammer aus ihrer Handtasche, drehte ihre Haare ein und
fixierte sie. »So ist es besser«, ließ sie ihn wissen und schmiegte sich wieder
an seinen Körper.
    »Wow!«, erklärte er tonlos und streichelte dabei ihren Busen.
    »Noch immer nicht genug?«, fragte sie scheinheilig.
    »Oh doch, vielen Dank. Das war grandios.«
    Sie stützte sich auf den rechten Ellenbogen, sah ihn im
diffusen Licht der Reklamebeleuchtung von der gegenüberliegenden Straßenseite
an und grinste.
    »Find ich auch. Und ich hätte es wirklich keine Sekunde länger
ohne Sex mit dir ausgehalten.«
    »Quatsch.«
    »Glaub es oder lass es, das ist mir egal. Ich kann dir nur
sagen, dass ich seit drei

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