Schnapsdrosseln - Kriminalroman
wusste, dass er das verstand und akzeptierte. Und Dieter war froh darüber. Nicht weil er sich langsam jenem Alter näherte. Diesem Punkt, an dem man nicht mehr gut allein zurechtkam. Das schien noch weit entfernt. Und wenn es so weit war, würde er sich eine gepflegte Einrichtung suchen. Das Haus Mühlenbach lag fast nebenan. Eine Residenz, in der sich geschultes und diskretes Personal um die Notwendigkeiten kümmerte. Schon der Gedanke, dass Maxi sich auf diese Weise mit ihm befassen sollte, war unmöglich. Er würde seiner Tochter nicht zumuten, noch einmal so viel Schwäche zu ertragen.
Heute früh hatte er kurz mit ihr gesprochen. Sie hatte mitgenommen gewirkt, aber gefasst. Es gebe eine Menge zu tun, hatte sie gesagt, das sei ihr recht. Sie käme klar, sie würde sich melden, wenn sie etwas brauche.
Dieter hatte gewusst, dass sie das nicht tun würde. Maxi kam zurecht. Auch in so einer Situation. Trotzdem machte ihn die Stille im Haus nervös.
Er hob eben den Finger, um erneut auf die Klingel zu drücken, als er Geräusche aus dem Flur hörte. Die Tür öffnete sich, und Elsa stand vor ihm.
Der Köter stieß einen Laut zwischen Japsen und Bellen aus und stürmte auf sie zu.
»Geh spielen«, wehrte Elsa ihn ab, schob ihn mit dem Fuß von der Türschwelle. »Los, geh spielen jetzt!«
Dieter verkniff sich eine böse Bemerkung über gewisse Abmachungen bezüglich kläffender Köter, die alles vollpissten. Das war nicht der richtige Moment.
»Dieter«, sagte Elsa. Sie wirkte ein wenig atemlos, schenkte ihm dennoch ein gespreiztes Lächeln. »Wie schön, dass du vorbeischaust«, sagte sie dann, ganz Hausherrin, die sie verdammt noch mal nicht war. »Komm doch herein.«
Dieter schluckte. Er musste sich zusammenreißen. »Elsa«, sagte er. »Elsa, es … es tut mir schrecklich leid. Mit Bernd, ich meine … mein Beileid.«
Elsa nickte hoheitsvoll. »Es ist ein furchtbarer Schlag«, sagte sie, aber es klang sonderbar unbeteiligt. »Ich kann es noch gar nicht wirklich glauben. Aber komm, komm doch!«
Er folgte ihr ins Wohnzimmer.
»Kann ich dir einen Kaffee anbieten? Oder einen Tee?« In der dunklen Hose und dem flauschigen schwarzen Pullover sah sie verkleidet aus. Sie war kräftig, ohne dick zu sein. Stämmig auf eine bäurische Weise, sie hätte gut auf ein Feld gepasst, mit einem Spaten in der Hand, dachte Dieter. Viel besser als in die Kulisse der teuren Designermöbel, in der sie sich trotz bemühter Kleidung und Frisur fremd ausnahm. »Vielleicht einen Cognac?«, fragte sie nun.
»Ich wollte eigentlich mit Maxi reden.« Er versuchte, nicht allzu unfreundlich zu klingen. Aber selbst unter den gegebenen Umständen fiel es ihm schwer, nett zu dieser Frau zu sein.
»Sie ist nicht da«, antwortete Elsa. »Sie hat einen Anruf bekommen und ist in die Kanzlei gefahren. Sie hat mir nicht gesagt, worum genau es ging.«
Natürlich hatte sie das nicht. Warum um alles in der Welt hätte Maxi mit ihrer Schwiegermutter über solche Dinge reden sollen? Dieter presste die Lippen aufeinander.
Es war kein Geheimnis, dass er seinen Schwiegersohn nicht sonderlich gemocht hatte. Maxi hatte etwas Besseres verdient als Bernd. Dennoch war sein Tod tragisch. Wenn auch kein großer Verlust.
Er griff nach dem Cognacglas, das Elsa vor ihm abgestellt hatte. Trank so hastig, dass er sich um ein Haar verschluckt hätte.
Es war, wie es war. Grauenhaft, eine Tragödie und was der großen Worte mehr waren. Und eben darum musste er jetzt die Fäden in der Hand behalten. Maxi würde den Verlust überwinden. Sie war kaum vierzehn gewesen, als sie ihre Mutter verloren hatte. Im Vergleich dazu war das hier ein Spaziergang. Maxi war erwachsen. Eine starke Persönlichkeit.
Er musterte Elsa verstohlen. Versuchte, Mitgefühl aufzubringen. Aber ihre Attitüde machte es verdammt schwer. Was tat sie überhaupt schon wieder hier oben? Wenn Maxi doch nicht einmal zu Hause war. Wie kam sie dazu, ihm etwas zu trinken anzubieten in einem Wohnzimmer, das ihr nicht gehörte? Sie war völlig unfähig, Grenzen zu akzeptieren. Vermutlich würde es noch schlimmer werden. Sie würde die Rolle der trauernden Mutter dazu nutzen, noch mehr Raum zu beanspruchen, noch weniger Zeit in ihrer eigenen Wohnung zu verbringen. Der Einliegerwohnung, teuer eingerichtet, mit Zugang zum Garten. Da unten sollte sie jetzt mit ihrem Köter sein.
Elsa leerte ihr Cognacglas. »Ich mache uns einen Kaffee«, zwitscherte sie. »Ein Kaffee wird uns guttun.«
»Nein danke. Ich
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