Schnapsdrosseln
Blumen her?«
»Er scheißt!«, tönte eine Stimme von hinten. »Britta, dein fetter Stinkeköter scheißt auf den Rasen. Mach das weg! Mach das sofort weg! Wenn ich nachher Hundescheiße am Rollator habe, dann kannst du was erleben!«
Britta wühlte abwesend nach einem Plastiktütchen. »Woher?« Sie fixierte Wörner.
»Sie sind noch aus dem Krankenhaus. Es ist ein total schöner Strauß, und darum dachte ich, ich kann sie dir schenken. Weil ich weiß, dass du Rosen gernhast.«
Britta schwante Übles. »Aus dem Krankenhaus, ja? Wörner, wer schickt dir Blumen ins Krankenhaus?«
»Na, Leute. Nette Menschen. Die mir eine Freude machen wollen.«
»Kann es zufällig sein, dass du mir gerade Blumen schenkst, die Sophie dir ins Krankenhaus geschickt hat? Ist es möglich, dass du mir Rosen schenkst, die du von dieser blöden Kuh …«
»Danke, lieber Wörner«, unterbrach Stefanie. »Das ist, was sie sagen will. Danke, lieber Wörner, ich freue mich sehr!«
»Wieso ist der Tisch noch nicht gedeckt?« Margot stand in ihrer Schürze in der Tür. »Muss ich denn alles allein machen?«
»Irgendwer macht jetzt sofort die Kacke da weg. Sonst raste ich hier völlig aus!«, plärrte Agathe.
Britta seufzte und ging mit dem Tütchen ans Werk, während Wörner artig den Tisch zu decken begann.
»Oh stolzes Menschengeschlecht!« Agathe schüttelte missbilligend den Kopf. »Muss hinter den Kötern die Haufen aufsammeln!« Sie hackte eilig auf die Tastatur ein, wohl um diese tiefschürfende Beobachtung mit der Facebook-Gemeinde zu teilen.
Man hörte ein Bellen. Etwas kleines, offensichtlich Wildes stürmte über den Rasen. Es steuerte Stefanie an, sprang an ihr hoch.
»Was ist das? Meine Güte, ich habe einen Schlaganfall! Ich sehe noch einen Köter!« Agathe hob eine Hand, um ihre Augen zu beschatten. Louis begann zu knurren. Das interessierte die junge Dogge, die über den Rasen tobte, allerdings nur am Rande. Sie sprang an jedem hoch, der ihr vor die Nase kam, japste, bellte und benahm sich unmöglich. Gerade rannte sie auf Agathe zu, deren Gesicht nacktes Entsetzen zeigte. »Wag es nicht! Ich erschieße dich, wenn du mir zu nahe kommst!«
Stefanie erwischte das Tier am Nackenfell. »Wer bist du denn?«, fragte sie lächelnd.
»Er heißt Ludwig.« Doris kam mit Till auf sie zu.
»Er hat in mein Auto gepisst«, bemerkte der verärgert.
»Sorry«, sagte Doris. »Ich bezahl die Reinigung.« Sie wandte sich wieder an Stefanie. »Eine Woche … allerhöchstens eine Woche.« Sie grinste. »Ich weiß sonst wirklich nicht, wohin mit ihm.«
»Ich hatte einen Schlaganfall. Ich bin gestorben. Und ich bin wirklich in die Hölle gekommen!«, kreischte Agathe und klang ehrlich entsetzt.
Britta ging zu ihr. »Die Hölle, das sind die anderen«, raunte sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Wie wäre es mit einem Schnaps?«
»Pronto!« Agathe schnaubte. »Irrenhaus hier.«
Britta sah hoch, in den Himmel, der sich langsam rötlich färbte. Sie schloss einen Moment die Augen, hörte Agathe leise vor sich hin granteln, hörte Louis, der den Neuankömmling gar nicht zu schätzen schien, kläffen und knurren. Sie hörte Margot schimpfen und Wörner protestieren. Es war ganz erstaunlich, wie laut sich himmlischer Frieden anhören konnte.
Carsten Sebastian Henn
IN VINO VERITAS
Eifel Krimi
ISBN 978-3-86358-196-1
»Carsten Henn hat ein höchst unterhaltsames Stück
Krimi-Literatur abgeliefert. Wer Ahr-Rotwein nicht liebt, wird trotzdem
Geschmack an der Story finden. Weil sie pfiffig ist, weil sie stimmig ist, weil
sie viel Witz hat – weil sie einfach gut ist.«
Rhein-Zeitung
Leseprobe zu Carsten Sebastian Henn,
IN VINO VERITAS
:
I
»Winzer in Burgundersauce«
Es war das erste Mal seit Jahren, dass Julius ein Filet
anbrennen ließ.
So etwas bereitete ihm für gewöhnlich körperliche Schmerzen. Der
schwere Geruch der verkohlten Rotbarbe verteilte sich in jede Ecke der
blitzsauberen Küche. Sichtlich ergriffen hatte die sonst so fröhliche Stimme
von Radio RPR verkündet, dass Siegfried
Schultze-Nögel tot sei. Jetzt lief ein Nachruf, in dem noch einmal all seine
Verdienste aufgezählt wurden. Angefangen bei der Revolution der Weinkultur im
Ahrtal über die unzähligen Auszeichnungen für seine Tropfen bis zum
Bundesverdienstkreuz im letzten Jahr.
Beißend stieg der Rauch Julius in die Nase, und er zog die
gusseiserne Pfanne schnell vom Gas.
»Jetzt schau sich einer des arme Fischerl an! Völlig
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