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Schöne Bescherung

Schöne Bescherung

Titel: Schöne Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Plotek.
    »Nicht nur auf den Job«, ergänzte Silke Klein und Plotek dachte sofort an ihre »Jaeger Reverso«.
    Wie auf Stichwort fragte Kita Kubella: »Was sind Sie eigentlich von Beruf?«
    »Ich?« Silke Klein ließ eine kurze Pause, als ob sie nachdenken müsste, und sagte dann: »Ich bin Event-Managerin.«
    Dann kam wieder eine kurze Pause, in der Plotek angestrengt überlegte, was eine Event-Managerin eigentlich so machte.
    Noch ehe er draufkam, sagte Silke Klein: »Oder besser, ich war Event-Managerin bei einer Veranstaltungsagentur. Seit ich blind bin, ist da natürlich Feierabend.«
    Jetzt schauten die anderen betroffen.
    »Und Sie?«, fragte Silke Klein Frau Kubella.
    »Tänzerin.«
    Herr Stremmel verschluckte sich und musste husten. Skolny klopfte ihm auf den Rücken.
    »D-d-d-d-ank-k-k-k-e.«
    »Ha«, zischte Frau Klinkermann, die offenbar heimlich mitgehört hatte, Frau von Ribbenhold zu. »Die und Tänzerin!«
    Auch die anderen konnten sich Kita Kubella nur schwer als Tänzerin vorstellen. Selbst Plotek hatte so seine Schwierigkeiten.
    Herrn Wilhelm war es egal. Er sagte: »Woran erkennt man einen guten Tango-Tänzer?« Keiner wusste es. »Am feuchten Knie!«
    Die Frauen über sechzig schmunzelten verschämt. Die Männer schauten zu Boden. Nur Herr Wilhelm selbst lachte so laut, dass er seine dicke Herbert-Wehner-Brille vom Kopf nehmen und sich mit einem Taschentuch die tränenden Augen wischen musste.
    Während die einen Kaffee tranken und Kuchen aßen, aßen die anderen keinen Kuchen und tranken drei Bier und vertilgten eine Batterie kleiner grüner Fläschchen. Was die verächtlichen Blicke der Kaffeetrinker und Kuchenesser zur Folge hatte. Als der Kuchen gegessen, der Kaffee getrunken und die Biergläser leer waren, stand Frau Weller auf und lief los.
    »Wo willst du denn hin?«, rief ihr die Tochter hinterher.
    »Nach Marienbad«, sagte die Mutter.
    »Warum will denn Ihre Mutter immer nach Marienbad?«, fragte Herr Wilhelm.
    »Wegen Goethe. Meine Mutter glaubt, sie trifft Goethe dort.« Dabei tippte sie sich an die Stirn und sagte: »Na ja, Sie wissen ja, das Alter.«
    Und, als ob alle anderen nur allzu gut verstanden, wurde einhellig genickt.
    »Goethe war doch auch in Karlsbad«, sagte Skolny.
    Herr von Alten lachte. »Blödsinn, da verwechseln Sie was.«
    Schon hatten sich die beiden wieder in den Haaren. Der eine warf dem anderen eklatante Lücken in der Literaturgeschichte vor. Der andere beschimpfte den einen als Besserwisser und Rechthaber.
    Während Herr von Alten, unterstützt von Frau von Ribbenhold, Frau Weller und Frau Klinkermann, noch mit Herrn Skolny stritt, ergriff Ferdinand Schnabel das Wort und sagte: »Ob Marienbad oder Karlsbad, ganz egal. Wir müssen! Auf geht’s.«
    Alle brachen murrend auf. Nur Plotek wartete am Tisch noch auf Silke Klein, die sich an der Theke Proviant für die Weiterfahrt besorgen wollte. Zwischen den Kaffeetassen, Kuchentellern, Gabeln und zerknüllten Servietten entdeckte Plotek Schnabels Karlsbader Reiseprospekt auf dem Tisch, den einer der Busreisenden vergessen hatte. Plotek hielt zum ersten Mal den gefalteten DIN-A5-großen Prospekt in der Hand und betrachtete die Bilder auf dem Hochglanzpapier. Fotos vom Grandhotel, vierfarbig, mit Abbildungen der Zimmer und des Restaurants. Darunter der in Worte gefasste Luxus: 5-Sterne-Kategorie, Komfortzimmer; Junior-Suiten, Luxusbad und WC, Haartrockner, Telefon mit Direktwahl in die ganze Welt, Minibar, Pay-TV, erstklassige böhmische und internationale Küche im Grandrestaurant mit herrlichem Ambiente und vieles mehr. Daneben waren bezaubernde Landschaftsaufnahmen von Karlsbad zu sehen. Dann ein Foto von Schnabels weißem Luxusbus mit allen Vorzügen: Erstklassiger Reisekomfort, Schlafsesselbestuhlung, Fußstützen, Leselampen, zwei Luxustoiletten mit Waschraum, Klapptische, Stereo-Mikrofonanlage. Dann das Wellness – und Freizeit-Programm, das die Kurgäste in Karlsbad erwartete: Ärztliche Eingangsuntersuchung, Kuranwendungen, klassische Massagen, Heilgymnastik, Akupunktur, Akupressur, Schwimmbad-Benutzung, Whirlpool, Sauna, Dampfbad, Solarium, Fitness – und Beauty-Studio mit Kosmetikpflege, Maniküre und Pediküre, Casino und vieles mehr. Auf der Rückseite des Prospekts war dann auch noch ein Bild vom lächelnden Ferdinand Schnabel zu finden, darunter stand Touristikfachmann und Busunternehmer, spezialisiert auf Luxusreisen in die erstklassigen Gegenden der Welt. Dreimal erstklassig, dachte Plotek, und:

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