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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Roßbacher
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Oma verräumte den Geldbeutel wieder in der Schürzentasche.
    Eben, Sydow schüttelte traurig den Kopf, sagt alles kein Mensch mehr. Ich studiere, was das Zeug hält, renne in die Seminare für die Allerallerneueste Neue Deutsche Literatur , aber die neuesten Bücher sind einfach schneller. Ich brauch keine anderen Hosen. Ich und der Sämann teilen uns unsere Beinkleider, selbe Größe. Auch derselbe Geschmack, alles gleich. Der Sämann ist mein Freund, mein französischer Freund. Mal sehen, vielleicht helfe ich ihm gleich noch beim Ernteeinholen, mähen dreschen ackern, die ganze Chose. Vielleicht schaffen wir es mit vereinten Kräften, seinen Betrieb aus dem Würgegriff der Armut zu befreien. Vielleicht, er tätschelte die zusammengefaltete Zeitung, dann wieder ein bisschen ihre Hand, vielleicht kriegen wir irgendwann eine halbe Seite im Dossier Deutsch-Französische Freundschaft. Und ein Jobangebot. Das Bauern, es lohnt sich einfach nicht mehr. Viel zu anstrengend.
    Frederik, mir scheint –
    Auf dem halbseitigen Bild der Deutsch-Französischen Freundschaft stecken wir dann wie diese feisten Damen von dem Plakat bei Mrs. Sporty in einer riesigen Hose und freuen uns, dass wir jetzt zu zweit darin Platz haben. Bei den dicken Damen macht das überhaupt keinen Sinn, außer dass sie sich jetzt närrisch freuen, dass sie zu zweit Platz haben, wo vorher eine von ihnen schon alle Nähte schier gesprengt hat, sonst macht es aber absolut keinen Sinn, weil sie hätten genug Hosen zu Hause im Schrank, es sind die typischen Besserverdiener, die ihren Babyspeck nicht wieder loskriegen nach dem Kindersäen – ich frage mich übrigens, ob das Mrs. Sporty auch so leidet unter den Frauen, die zum einen weniger Babys bekommen und darum zum anderen nicht mehr ihren Babyspeck loswerden müssen – jedenfalls, sie bräuchten sich bei Gott nicht zu zweit in eine zu weite Hose bemühen, sie haben genug Hosen und müssen diese Hosen auch nicht schonen, bei dem Sämann und mir wiederum macht das aber absolut Sinn, weil die übrigen beiden Hosen leider beim Mähen und Dreschen verdroschen worden sind, wir –
    Frederik –
    Dabei sind diese beiden Damen in der riesigen Hose ja immer noch dick, sie waren nur vorher noch dicker, sie waren vorher furchtbar schlimm dick, jetzt sind sie immer noch schlimm dick, der Sämann und ich, wir waren beide weder vorher noch nachher dick, dick wird man nicht, wenn man unter der provencalischen Sonne darbt und sich von Brot und gepanschtem, er hielt inne, oder gepatschtem, wenn ich an die strammen Waden von dem Mädel denke, wie sie mit ihren nackigen Füßen darin herumpatscht, dann –
    Frederik?
    Die war sicher nie bei Mrs. Sporty , so was gibts dort überhaupt nicht, sie ist auch nicht furchtbar schlimm dick, mehr so propper, sie ist ein Mädel, das einfach gut im Saft steht, wenn man ihr auf den Hintern klopft, schnallts. Die steht einfach gut im Fleisch. Weil sie immer so Näschereien nascht, sie ist fürwahr genäschig, würden die Hinkebeine in meinem Seminar jetzt sagen, sonst sagt das kein Mensch mehr. Nascht die vielen Süßigkeiten, die ihr naive verliebte junge Bauernburschen zustecken, so ins Busentuch hineinstecken, schau mich nicht so an, das macht man dort so, ich habs auf einer deiner Tassen haargenau gesehen. In der Provence tragen junge Mädchen Busentücher und junge Burschen stecken ihnen ein Calisson d’Aix hinein, eine eiergelbe Brioche. Aber den Sämann und mich, uns verwöhnt kein Mensch. Nein, die Hosen sind nicht so enorm, weil vorher der Sämann dick war wie eine Dame vor dem Besuch bei Mrs. Sporty , das sind diese Hosen gemacht aus Sackleinen, oben exakt der Durchmesser von einem Mehlsack zum Beispiel und das ist ein ordentlicher Durchmesser, es sind Hosen gemacht aus Mehlsäcken. Da bindet man sich dann einfach ein Stück Schnur drumherum, fertig ist der Sack, passt.
    Frederik.
    Ja, Omi.
    Du hast schlechte Laune.
    Ja, Omi. Ich habe entsetzlich schlechte Laune.
    Wenn es wegen der Finanzen ist, wenn du dir keine Klamotten mehr kaufen kannst, dann –
    Nein, Omi, ist nicht wegen Geld. Ich geh zu Hause immer nackt, das schont die Kleider enorm.
    Frederik, bitte, ich –
    War ein Witz, Omi. Ich habe Geld wie Heu. Ich zieh zu Hause immer meinen teuren Daunenschneeanzug an, der ist mit Daunen aus purem Papiergeld. Es ist ein Managerschneeanzug, sicher fehlt er auf keiner ernsthaften Berechnung eines Managerlohnes, der Manager sagt: Ja, 30 Millionen Jahreseinkommen sind berechtigt,

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