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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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habe ich vorhin erst in den Schrank gelegt; weil er einen anhat, friert er nicht, während ich hier oben vor Erschöpfung und Kälte zittere. Noch immer sieht er mich nicht an, sondern starrt geradeaus aufs Wasser, so als grübele er über irgendetwas nach. Um ihn nicht zu erschrecken, trete ich wie in Zeitlupe neben ihn und schiebe meinen Arm in seinen. Ruckartig dreht er sich um, nimmt die Hände aus den Taschen seiner Jacke und reißt sich erst die Kapuze vom Kopf, dann den Schal. Lange Mädchenhaare fallen auf seine Schultern. Ein Zopf, straff an den Hinterkopf gebunden und nun zerzaust nach vorn über die Schulter fallend. Es ist nicht Corvin. Ich erschrecke mich so sehr, dass ich drohe zu fallen, dasselbe Gefühl wie in meinem Traum vorhin, nur dieses Mal ist es echt.
    »Carla«, stoße ich hervor. Es kann nicht sein, das passiert alles nicht wirklich. So etwas macht sie nicht, doch nicht Carla, die zuverlässige, stille Carla, die sich als Einzige immer aus allem herausgehalten hat, die einzige verlässliche Person in unserem Kurs, neutraler noch als Alena, eine, die sich nur für ihr Fortkommen in der Schule interessiert, nicht für die Querelen untereinander. Ein Mädchen ohne Freunde und ohne Feinde. Sie sieht so unwirklich aus in Corvins Sachen. Mit flammenden Augen starrt sie mich an, ich habe sie noch nie so gesehen.
    »Jetzt bist du platt, wie?« Ihre Stimme wird beinahe vom Wind verschluckt. »Das hättest du nicht von mir gedacht. Die Carla, die tut doch keinem was, oder wie? Auf die Streberin kann man zählen, die mischt sich nicht ein. Es dreht sich schließlich alles um dich, nicht wahr?« Sie atmet schnell. »Die Mitschüler, egal ob Jungs oder Mädchen, Frau Bollmann und natürlich Herr Schwarze. Vor allem er. Jeden Tag bist du das Thema Nummer eins, du ahnst nicht in der letzten deiner egoistischen Gehirnwindungen, wie sehr mich das ankotzt. Ich kann auch anders, Valerie. Du hast ausgespielt.«
    »Was willst du damit sagen: Alles drehe sich um mich?«, frage ich. »Die ganze Zeit versuche ich, es allen recht zu machen. Das musst du doch mitbekommen haben.«
    »Du tust das alles, damit du deine Ruhe hast«, zischt sie. Jetzt zittert sie doch, ihre Beine beben richtig, sie kann sich kaum halten. »Aber damit ist jetzt Schluss. Dieses eine Mal noch, dann wird keiner mehr von dir reden. Ein paar Tage Aufregung wird es um dich noch geben und dann wird der Name Valerie Glimm im Nichts unguter Erinnerungen versickern wie die Wellen da unten im Sand.«
    »Was redest du da?«, stammele ich, meine Zähne schlagen aufeinander. Carla lacht bitter.
    »Du begreifst es nicht«, bemerkt sie. »Aber wie auch, wo doch all dein Denken und Tun nur um dich selber kreist? Sonst hättest du längst gemerkt, dass du nicht die Einzige bist, die in Corvin Schwarze verliebt ist.«
    »Das weiß ich. Fiona, Yuki und wahrscheinlich auch Frau Bollmann.«
    »Aber von mir weißt du es nicht«, fährt sie fort. »Weil ich mich ihm nicht an den Hals werfe wie ihr alle, denn ich weiß genau, dass ich nicht den Hauch einer Chance bei ihm habe. Ich habe nur versucht, ihn mit meinen Leistungen zu beeindrucken.«
    »Das ist dir sicher gelungen«, versichere ich.
    »Ich habe meine guten Noten bekommen, das schon. Aber es genügt nicht«, sagt sie, »weil er mich nicht wahrnimmt und auch niemals wahrnehmen wird, solange du da bist. Ihr beide liebt euch wirklich, und ich halte es nicht mehr aus, das Tag für Tag mit anzusehen. Schon gar nicht hier, wo wir alle immerzu aufeinanderhocken. Es ist so unfair, denn ich liebe ihn auch, mehr als du. Und deshalb ist jetzt Schluss.«
    »Ich habe mit ihm Schluss gemacht, Carla. Wirklich.«
    Sie stößt einen verächtlichen Laut aus. »Deshalb bist du auch hinter mir hergelaufen wie ein Esel hinter dem Heuballen, solange du mich für deinen Schatz gehalten hast«, spottet sie. »Nein, meine Liebe, das glaubt dir hier keiner. Und wenn ich sage, es ist Schluss, dann meine ich Schluss. Mit dir, und zwar für immer. Das Spiel ist aus, Valerie.« Carla kommt einen Schritt auf mich zu. Aus ihren Augen lodert jetzt blinder Hass, sie bekommt mich am Ärmel zu fassen und reißt am Stoff, greift noch einmal nach, hält mich fest und zerrt mich dichter an den Abgrund.
    Ich stolpere und falle auf die Knie, doch irgendwie gelingt es mir, mich von ihr loszureißen, sie hatte nur den Stoff fassen können. Mit letzter Kraft rappele ich mich hoch, aber das nasse Gras ist so rutschig, genau wie die alte Mrs Lewis es

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