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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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»Jetzt bist du hier bei mir, das allein zählt, nicht dieser Winzling und seine verkorkste Alte. Du verschwendest da nur deine Zeit, das habe ich dir schon immer gesagt. Komm, mach dich locker, zieh dich aus, seit Stunden warte ich schon auf diesen Moment und dir wird es auch gut tun.«
    »Mir ist nicht danach«, habe ich geantwortet, erst mal noch ruhig. »Merkst du das nicht?«
    »Ich werde schon dafür sorgen, dass dir doch danach ist.« Manuel hörte nicht auf, versuchte seine Hand unter mein Top zu schieben, aber vor meinen Augen tauchte immer wieder Willys blutendes Gesicht auf, der wutverzerrte Mund seiner Mutter, ich konnte nicht so schnell umschalten. Ich schlief nicht gern mit Manuel, meist tat er mir weh, und wenn ich es ihm sagte, meinte er bloß, meine Wahrnehmung sei gestört, er wüsste, wie man ein Mädchen befriedigt. An diesem Nachmittag konnte ich nicht mehr darüber hinwegsehen und hoffen, dass ich irgendwann vielleicht noch Gefallen an seiner wenig einfühlsamen Art finden würde. Nicht, wenn ich in aufgelöster Stimmung zu ihm kam. Und schon gar nicht sofort.
    »Komm schon«, hatte er noch einmal gesagt und so getan, als merkte er nicht, wie steif ich mich machte und dass ich das, was er unter Zärtlichkeiten verstand, nicht erwiderte. Er saugte sich an meinem Hals fest, zog mir die Hose herunter, versuchte sich auf mich zu schieben. »Ich halte es sonst nicht mehr aus. Du liebst mich doch, Valerie, du willst mich doch auch spüren. Du gehörst mir doch.«
    Er machte mir Angst; nicht zum ersten Mal spürte ich, dass er sich nicht bremsen und mir damit gefährlich werden konnte. Ich mobilisierte meine letzten Kräfte, stieß ihn von mir und sprang auf.
    »Weißt du was, Manuel – das hier halte ich nicht mehr aus!«, zischte ich. »Wie kann man so unsensibel sein, das ist widerlich. Ich will das nicht mehr. Es ist vorbei mit uns.«
    Dann stürmte ich nach draußen. Feuchte, schwere Gewitterluft empfing mich auf der Straße und kurz darauf krachten auch schon die ersten Donner los. Sekunden später war ich völlig durchnässt, doch ich rannte die ganzen fünf Kilometer bis nach Hause, und wenn ich außer Puste war, blieb ich kurz stehen und legte den Kopf in den Nacken, um den Regen zu trinken. Mit jedem Schritt, der mich weiter von Manuel entfernte, spürte ich die Gewissheit, das Richtige getan zu haben. Endlich war ich frei, niemand würde mehr über mich, über meine Zeit, meinen Körper verfügen, über meine eigenen Sehnsüchte und Wünsche hinwegbrettern, nur um sich selbst irgendeine fragwürdige Art von Macht und Stärke zu beweisen. Endlich konnte ich tun und lassen, was ich wollte, auf mich selbst gestellt in den Tag hinein leben, wenn mir danach war, oder mich verabreden, wenn ich lieber mit anderen zusammen sein wollte! Niemanden mehr würde es geben, der mich als seinen Besitz ansah, der zu Beginn der Pausen schon vor der Tür des Raumes stand, in dem ich Unterricht hatte, um sofort nach dem Klingeln hereinzukommen, den Arm um meine Schulter zu legen und mich herumzuführen wie eine Trophäe, die er allen zeigen musste, und der am Ende des Schultages festlegte, was wir am Nachmittag oder Abend tun würden. Nie mehr würde Manuel die Möglichkeit dazu haben, denn ich hatte mich endlich von ihm befreit.
    Seither war ich froh, keinen Freund zu haben, schon gar keinen aus der Schule, wo man sich viel zu oft sieht, und, was noch belastender ist: wo man einander nicht aus dem Weg gehen kann, nachdem es aus ist.
    Zum Glück hat Manuel andere Leistungskurse als ich; trotzdem werden wir uns natürlich fast jeden Tag über den Weg laufen. Dabei hat es mir schon gereicht, was er in den Ferien abgezogen hat. Ständig schrieb er mir SMS , zuerst noch eher belanglose unter irgendwelchen Vorwänden, später wurde er aggressiver, unterstellte mir, mit anderen Jungs herumgemacht zu haben, nur weil einer seiner Freunde gesehen hatte, wie ich mich im Freibad mit jemandem unterhalten habe. Manchmal stand er stundenlang vor unserer Haustür und ließ den Motor seiner Kawasaki im Leerlauf tuckern, bis nicht nur ich, sondern auch meine Eltern und unsere Nachbarn fast wahnsinnig wurden. Statt mich in Ruhe zu lassen, klingelte er bei uns Sturm, bis mein Vater ihm mit der Polizei gedroht hat. Dass er mich mit einem solchen Verhalten erst recht abstößt, begreift er nicht. Mich hat die Bedrängnis durch ihn völlig fertiggemacht, denn nachdem mich die Mutter des kleinen Willy entlassen hatte, hatte ich mir

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