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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Sprünge. Hinter der Trennung war zwischen den Polizeibooten unter dem Befehl des Piloten und den Schiffen der Admiralität eine ausgewachsene Schlacht entbrannt. Die Schreie von zwanzigtausend Menschen, die kopflos die Flucht ergriffen, bildeten eine gedämpfte Begleitmusik.
    Als ihnen nun der Himmel von allen Seiten um die Ohren flog, schmolzen Chaisons Zweifel und Bedenken dahin. Für ein solches Chaos war er qualifiziert. Es war seine Aufgabe, solche Situationen herbeizuführen und dann den Wahnsinn in die gewünschte Richtung zu lenken. Er war endlich in seinem Element.
    Er schaute zuerst zum Piloten zurück, dann hinauf zu dem nahenden Schiff, bewertete das Geschehen und schätzte ab, was zu tun sei.
    Als Kestrels beschädigtes Bike sachte gegen die Fahnenstange des Schwimmbads stieß und die Palastwachen abstiegen, um sie einzukreisen, prophezeite Chaison: »Die Trennung wird den Palast als Schild nützen. Ihr müsst euch zu ihr durchschlagen. Ich hole mir den Piloten.«
    Kestrel blinzelte überrascht. »Und wie?«
    Â»Mit diesen Prachtkerlen als Eskorte«, gab Chaison ironisch zurück. »Sie wollen mich, nicht euch. Also geht schon.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, schoss Chaison auf die Luke des Schwimmbadgebäudes zu. Laute Rufe ertönten, und er wurde gefasst, bevor er sich durch die
Öffnung manövrieren konnte. Das spielte keine Rolle, denn Antonin Kestrel und Antaea Argyre hatten die Gunst des Augenblicks genützt und waren in die andere Richtung gesprungen. Wie erwartet waren die Gardisten Chaison gefolgt.
    Die Wachen feuerten ein paarmal halbherzig auf das flüchtende Paar, aber die beiden hatten bereits das zwiebelförmige Gebäude umrundet und waren nur noch verschwommen durch das Glas zu erkennen.
    Chaison wandte sich an seine Häscher. »Tun Sie Ihre Arbeit«, befahl er lächelnd. »Bringen Sie mich zum Piloten. «
    Â 
    Die Trennung war an Dutzenden von Stellen durchlöchert, und bei jeder Drehung fielen Beton- und Eisenbrocken ab, aber die schwer gepanzerten Triebwerke arbeiteten noch. Sie zog etwa fünfzig Meter unterhalb von Antaea und Kestrel vorbei, wurde aber nach wie vor von einem Kugelhagel verfolgt, der feine Leuchtspuren an den Himmel stickte, und zahlte ihren Angreifern mit gleicher Münze zurück. Es gab keine Möglichkeit, näher heranzukommen, also hielten sich die beiden am vergoldeten Eisengerüst des Pilotenschwimmbads fest und warteten.
    Antaea warf einen kurzen Blick über die Schulter. Chaison wurde gerade hinter dem Piloten hergezerrt, aber er schien unverletzt. Sie hatte es für verrückt gehalten, ihn zurückzulassen, doch inzwischen hatte sie begriffen, dass er nach allen moralischen und taktischen Überlegungen zu dem Ergebnis gekommen war, der sicherste Platz für ihn sei derzeit an Sempeternas Seite.

    Der Pilot würde nicht den einzigen Mann töten, der fähig war, durch Verhandlungen einen Weg aus diesem Schlamassel zu finden.
    Die Trennung befand sich jetzt innerhalb des rotierenden Palastrings. Nicht einmal während der Belagerung von Stonecloud hatte Antaea eine solche Wahnsinnsszene erlebt: Das Schiff der Admiralität, von Rauch umwogt, pflügte sich wie ein rasendes Tier durch die Trägerkabel und Fahrstuhlschächte, die speichenförmig ins Innere des Rades führten, und zerfetzte und zerquetschte sie rücksichtslos. Teile der Schächte fielen nach unten auf die Dächer und ließen sie hinter Wolken aus Steinstaub und umherfliegenden Schindeln verschwinden. Begleitet wurde das Schauspiel vom Lärm der Schiffe, die zwischen dem Palast, der Admiralität und der Stadt miteinander kämpften.
    Die Trennung war kein schnelles Schiff, aber dank seiner gedrungenen Büchsenform brauchte es sich zum Wenden nur um sein eigenes Schwerkraftzentrum zu drehen. Genau das tat sie, als sie das Zentrum des Palastrades erreichte. Antaea sah, wie eine Leiter von der Achse zur Oberfläche majestätisch darauf zu rotierte, und erkannte erschrocken, dass sich Menschen darauf befanden. Erst Sekunden, bevor die Trennung die Leiter durchschlug und die Teile davonschleuderte, sprangen sie ab. Sie purzelten durch die Luft und wurden mit hoher Geschwindigkeit auf die Dächer zu getragen. Antaea wandte den Blick ab.
    Â»Kommen Sie«, drängte Kestrel einen Moment später. »Es ist so weit.«
    Niemand feuerte mehr auf die Trennung . Sie hatte

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