Sein mit Leib und Seele - Band 02
besorgt an. Ich bin krebsrot.
„Ihre Unterwäsche.“
„Was ist damit? Ist sie Ihnen auch nicht recht?“
„Das meine ich nicht; ziehen Sie sie einfach aus, sie wird sich durch das Kleid durchzeichnen.“
Ich bin tief gekränkt, doch ich tue schnell, was er mir sagt. Kurz darauf sehe ich mich im Spiegel an. Das Kleid ist perfekt. Es hat genau meine Größe. Ich lächle mein Spiegelbild an und auch Charles lächelt mich durch den Spiegel an. Er steht hinter mir. Mit einem sicheren Handgriff nimmt er mein Haarband ab und lässt meine Haare auf meine Schultern fallen. Er scheint zu überlegen.
„Haben Sie Schmuck?“
„Nein.“
Er denkt kurz nach, verschwindet plötzlich aus meinem Zimmer und lässt die Türe offen. Einige Sekunden später kommt er mit einer Schmuckschatulle zurück.
„Emma, dies sind die Diamanten von Lady MacAllister.“
Er sieht das Unverständnis in meinem Blick.
„Oh, Sie müssen sie nicht kennen. Sie war eine schottische Adlige im 19. Jahrhundert. Sie war bekannt für ihre Lasterhaftigkeit, ihren unermesslichen Reichtum und ihre grenzenlose Leidenschaft für Schmuck. Ich habe dieses Unikat vor einigen Tagen gefunden und war sofort fasziniert davon. Ich sollte eigentlich dafür sorgen, es zu verkaufen, doch ich kann mich nicht dazu überwinden, das Stück fasziniert mich.“
Ich öffne die Schatulle. Ich habe noch nie etwas so Kostbares gesehen. Drei Reihen von kleinen Diamanten, unterbrochen von einem grünen Band. Ich kann mich nicht zurückhalten, ich möchte es berühren.
„Das sind Smaragde.“
Ich lasse ihn mir das Collier um den Hals legen und versinke dabei in andächtiger Stille. Ich sehe uns im Spiegel an. Wir sehen gut zusammen aus, das kann man nicht leugnen. Ich habe große Lust, ihn zu küssen. Ich drehe mich um, stelle mich auf die Zehenspitzen und spitze die Lippen; er erwidert den Kuss leidenschaftlich. Ich fühle, wie ich wieder den Boden unter den Füßen verliere, doch er nimmt mein Gesicht in seine Hände und sagt zu mir, als würde er ein Kätzchen ausschimpfen:
„Emma, wir werden noch zu spät kommen. Warten Sie doch zumindest bis zum Dessert …“
Kurz darauf nehmen wir auf dem Rücksitz einer schwarzen Limousine Platz. Paris gehört uns. Ich habe mich daran gewöhnt, mit der Metro zu fahren, deshalb ist mir die Umgebung, durch die wir fahren, völlig unbekannt. Ich bin fasziniert und vergesse darüber beinahe Charles. Mit Bedauern stelle ich fest, dass unsere Fahrt vor einem noblen Restaurant an der Seine zu Ende geht. Wir verlassen die Limousine und werden von einem Majordomus empfangen. Ich habe so etwas noch nie erlebt, es ist, als wären wir allein im Restaurant. In Wirklichkeit sitzen wir in einem Privatsalon mit Ausblick auf die Seine, in dem ein Tisch für uns beide gedeckt ist. Der Raum ist sorgfältig hell und dunkel dekoriert. Bordeauxroter Samt, Kerzenleuchter, ein hundert Jahre alter Parkettboden mit orientalischen Teppichen in warmen Farben … Doch trotz des Luxus ist der Raum gemütlich, fast wie ein Wohnzimmer. Irgendwo spielt jemand am Klavier, man kann ihn jedoch nicht sehen. Es ist eine romantische Sonate, vielleicht Chopin oder Liszt, sehr zart und leidenschaftlich, in perfekter Harmonie zur Umgebung. Ich sehe mich um und lausche; es ist, als wäre ich im Museum. Als eine junge Frau in andächtiger Stille die Karte bringt, glaube ich, vollkommen vergessen zu haben, dass wir uns in einem Restaurant befinden. Ich könnte stundenlang hier bleiben, ohne zu sprechen, und zusehen, wie die Lichter der Stadt in der Seine reflektiert werden und wie das Kerzenlicht in Charles' Augen tanzt.
„Vertrauen Sie mir?“
„Natürlich.“
Ich überlasse Charles das Bestellen, ich möchte mich überraschen lassen. Schon wieder. Er bestellt, doch ich höre nicht hin. Ich sehe ihn an und fühle mich wohl in seiner Welt. Die junge Frau kommt nach kurzer Zeit mit zwei Weingläsern und einigen mysteriösen Schälchen zurück und zählt mit hochtrabenden Worten deren Inhalt auf. Ich habe kein Wort verstanden. Charles ist mein fragender Blick aufgefallen und er zwinkert mir zu.
„Wunderbare luxuriöse Eigenartigkeiten in kleinen, protzigen Schälchen“, äfft er die Kellnerin nach, als sie verschwunden ist. Ich platze fast vor Lachen. Ich hätte nicht gedacht, dass er so lustig sein kann.
„Dieser Wein …“
„Ich kann mich erinnern, dass er Ihnen geschmeckt hat …“
Wir stoßen an und sehen einander dabei tief in die Augen. Der Abend
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