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Semmlers Deal

Semmlers Deal

Titel: Semmlers Deal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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Geschäftsvorgang, wie Dr. Wurtz schon sagte. Die wollen Geld, sonst nichts. Karin passiert nichts, glaub mir.«
    »Bis jetzt keine Forderungen?«, fragte Wurtz.
    »Nein. Er hat nur gesagt, sie haben Karin, und es passiert nichts, wenn wir vernünftig sind, Ursula und ich, und keine Polizei. Und er ruft wieder an. Ich konnte nichts fragen, es ging zu schnell.«
    »Wenn er sagt, er ruft wieder an, dann wird er das auch tun. Und er wird Geld verlangen. Ab dann hängt es nur noch an dir.«
    Es wurde nichts mehr gesprochen. Semmler versank in dumpfes Brüten. Nach einer Weile verabschiedeten sich Wurtz und Koslowski. Sie ließen ihn im Hinterzimmer des Café Moosmann in Altach sitzen wie einen sabbernden Onkelzweiten Grades, den man gern dem Pflegepersonal überlässt.
    »Was meinen Sie«, fragte Wurtz auf dem Parkplatz, »wie viel werden die verlangen?«
    »Keine Ahnung. Die werden sich sicher kundig gemacht haben ...«
    Wurtz blieb beim Toyota Koslowskis stehen. Er hatte es nicht eilig. Er hatte es nur eilig gehabt, der Gegenwart Semmlers zu entkommen.
    »Er hat sich einfach zu weit aus dem Fenster gelehnt«, sagte er, »das ist die einzige Erklärung.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Diese ... diese Villa ... haben Sie die einmal gesehen?«
    »Nein ...«
    »Ein Monsterding. Viel zu teuer. Damit hat er sich übernommen, wenn man’s genau nimmt.«
    »Das mag sein, aber was hat das mit der Entführung zu tun?«
    »So ungewöhnliche Dinge wie dieser Bau sprechen sich herum, glauben Sie mir. Die Leute reden und reden den ganzen Tag. Hauptsächlich über Dinge, die sie nichts angehen.«
    So wie du jetzt, dachte Koslowski, du merkst es nur nicht.
    »Das zieht weite Kreise ...«
    »... und erregt natürlich die Aufmerksamkeit gewisser Personen ...«
    »Sie sagen es! Die beobachten den Markt, ganz professionell. Und sagen sich: wenn einer sich so ein Ding hinbaut, dann ist er nicht reich – sondern ungewöhnlich reich. Denn ein vermögender Mensch wendet für sein Heim einen gewissen Prozentsatz seines Vermögens auf. Wenn nun derBau sehr teuer ist, dann kommt man unter Zugrundelegung dieses Prozentsatzes zu einer unrealistisch hohen Einschätzung dieses Vermögens!«
    Unter Zugrundelegung, dachte Koslowski, wo lernen die das bloß?
    »Ich verstehe«, sagte er. »Die können nicht wissen, dass er nicht extrem reich ist – nur verrückt!«
    »Verrückt haben jetzt Sie gesagt!«
    »Ich bin mit ihm in die Schule gegangen ...«
    »Leider hat das üble Konsequenzen für das Kind«, setzte Wurtz fort. »Die werden ihre Forderung an der Höhe des geschätzten Vermögens festmachen, ich kann das natürlich nicht beschwören, behaupte aber, die haben da ihre Umrechnungsfaktoren, hundertprozentig!«
    Er war immer lauter geworden, seine Augen glänzten. Die Sache machte ihm Spaß. Koslowski ging auf Abstand. Nur einen halben Schritt.
    »Sie meinen, die werden zu viel verlangen?«
    »Viel zu viel. Das wird Semmler nicht bezahlen können, weil er es ganz einfach nicht hat. Und dann ...« Wurtz hob und senkte die Schultern – so langsam und deutlich, dass man sein Spiel auch noch aus der zwanzigsten Reihe bewundern konnte.
    »Was glauben Sie: wie viel werden sie verlangen?«
    »Eine Million! Ich sage Ihnen ganz offen: eine Million. Sie werden sehen! Ich hab ein Gespür für so etwas, ich irre mich selten!«
    »Und das wäre zuviel?«
    »Es würde ihm das Kreuz brechen. Die Million hat er nicht mehr, auch wenn er alles verkauft!« Er blickte zu Boden, schüttelte den Kopf. »So ein nettes Mädchen ...«
    »Kennen Sie Karin?«
    »Nein, nein. Aber sie ist sicher nett, oder? Eine Tragödie ... ich muss jetzt ... wir bleiben in Verbindung ... also dann ...«
    »Sie haben keine Kinder?«
    »Ich? Nein, hab ich nicht. Bis dann!« Er ging mit langen Schritten zu seinem Mercedes.
     
    » W as möchtest du essen?«
    »Egal – irgendwas. Mir ist alles recht.«
    »Du solltest wirklich besser darauf achten, was du isst, du weißt ...«
    »Bitte!«
    Er verstummte, räumte den Inhalt des Rucksacks auf den Holztisch, der fast den ganzen Raum einnahm. Dieser Raum war nicht groß, quadratisch, auf drei Seiten gab es ein Fenster. Hinter dem Tisch führte eine schmale Leiter unter das Satteldach. Dort konnten zwei Leute in fest eingebauten Kojen schlafen. Wie auf einem Schiff, hatte er damals gedacht, als Herr Messmer ihm das Häuschen gezeigt hatte; alles aus dicken Bohlen sauber gefügt, Esche und Eiche. Die Bezeichnung »Häuschen« verwendete Messmer

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