Serafina - Das Königreich der Drachen - Wie alles begann ... (German Edition)
Spieler seinem Instrument und mit so viel Feingefühl darauf reagiert.«
Ich drehte mich zum Cembalo und spielte ein paar eigenwillige Akkorde. »Wenn man dem Instrument zu zaghaft gegenübertritt, wird es das zu seinem eigenen Vorteil nutzen. Die Töne klingen kläglich, selbst wenn man sie richtig spielt. Wenn man zu forsch ist« – was mir bei der Prinzessin wahrscheinlicher zu sein schien, weshalb ich ihr ein paar grobe Beispiele vorführte – »rächt es sich mit der falschen Klangfarbe. Manchmal ist diese Rache recht plump, ja nach Instrument.«
Ich warf ihr aus dem Augenwinkel einen Blick zu; sie starrte gedankenverloren auf den Cembalodeckel.
»Jedes Instrument will mit Respekt behandelt werden«, sagte sie leise.
Ich nickte. »Aber auch mit Entschiedenheit. Es ist eine Frage der Balance. Das Cembalo macht es dem Anfänger leicht, denn zum Glück ist es ein nachsichtiger und umgänglicher Partner. Man kann die falsche Taste anschlagen und es erklingt trotzdem kein Misston. Der Klang ist angenehm gleichbleibend, ganz egal wie man auf die Tasten hämmert.«
Die Prinzessin nahm neben mir auf der Bank Platz und sah meinen Händen bei der Arbeit zu. Nachdenklich zog sie die Augenbrauen zusammen. »Nachsicht und Umgänglichkeit sind Eigenschaften, die Viridius abgehen«, sagte sie schließlich. »Und ... und mir vielleicht auch.«
Die Akkorde verdichteten sich langsam zu einem Stück, das ich kannte. Prinzessin Glisselda beobachtete meine Hände, während sich die Melodie allmählich als Viridius’ Suite Infanta offenbarte, die er ihr zu Ehren geschrieben hatte, als sie noch ein kleines Kind gewesen war. Ich hatte es immer für ein seltsames Stück gehalten, an der Oberfläche heiter, darunter jedoch von einer verborgenen Schärfe, wie ein in Seide geschlagenes Messer. Während ich es jetzt spielte, verstand ich es besser.
Prinzessin Glisselda erkannte es natürlich sofort wieder und setzte sich kerzengerade hin. Nach einer Weile unterbrach sie mich. »Zeig mir, wie du das machst.«
»Sehr gern.« Mit der rechten Hand spielte ich die Hauptmelodie. Die Prinzessin begriff es nicht sofort, aber sie gab sich Mühe. Mit gerunzelter Stirn und zwischen die Zähne geklemmter Zungenspitze versuchte sie es immer wieder. Ich hätte nicht genau sagen können, wie lange wir dasaßen und übten, aber als sie schließlich die Melodie beherrschte, sah sie mich triumphierend an.
Dann sagte sie wie aus heiterem Himmel: »Da kommt er.«
Im selben Moment krachte es im Nebenzimmer laut.
Die Prinzessin sprang auf und rannte wie der Blitz durch die Tapetentür. Ich folgte ihr auf den Fersen. Ich war so damit beschäftigt gewesen, sie zu unterrichten, dass ich Orma ganz vergessen hatte.
Es war gar nicht Orma, natürlich nicht. Es war Meister Viridius, der mit gerötetem Gesicht dastand und brüllte. Der vergorene Fisch hatte sich über seinen kahlen Kopf ergossen, seinen üppigen Leib durchnässt und seine bandagierten Hände befleckt. Der vermeintliche Angriff von oben hatte den alten Mann so erschreckt, dass er hingefallen war. Prinzessin Glisselda streckte ihre schlanke Hand aus, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Ihre Lippen waren zusammengepresst in dem vergeblichen Versuch, sich ein Lachen zu verbeißen. Viridius schlug mit seinen Krücken nach ihr, sobald sie auch nur in seine Nähe kam. Ich rannte um ihn herum und half ihm, sich aufrecht hinzusetzen.
»Nun?«, keuchte er und stieß mich weg. »Wie war sie?«
Ich stammelte: »Sie ... sie ...«
»Viel besser als so ein altes Walross wie Ihr«, mischte sich Prinzessin Glisselda ein, als hätte die Frage ihr gegolten.
Als ich die verschwörerischen Blicke der beiden sah, begriff ich, dass es tatsächlich so war.
»Ich hoffe, Eure Erwartungen wurden erfüllt?«, fragte Viridius spitz. Er nahm das Taschentuch, das ich ihm schweigend reichte, und tupfte sein Wams ab.
»Sie hat mir erlaubt, Euer Cembalo zu spielen«, sagte die Prinzessin zuckersüß und klimperte mit den Wimpern. Viridius hielt in der Bewegung inne und sah mich finster an. Die kleine Prinzessin hüpfte um die Fischpfütze herum und tänzelte zur Tür.
»Ihr habt es von Anfang an gewusst«, rief ich ihr hinterher, ehe sie verschwand. »Ihr wusstet, dass ich die dritte Bewerberin war.«
An der Tür hielt sie inne und lächelte. »Natürlich wusste ich es. Diplomatie ist nur ein kleiner Teil der Staatskunst, Serafina. Spionieren gehört ebenfalls dazu. Außerdem« – mit der Fußspitze malte sie einen
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