Shadowfever: Fever Saga 5 (German Edition)
tödliche Macht, die ein Korken zurückhält – mit Mühe.
Ich wiege mich vor und zurück.
Die Eine-Million-Dollar-Frage: Was bist du, Barrons? Bei den seltenen Gelegenheiten, in denen er mir eine Antwort gegeben hat, sagte er immer dasselbe: Derjenige, der Sie nicht sterben lässt.
Ich habe ihm geglaubt, verdammt.
»Nun, du hast es vermasselt, Barrons. Ich bin allein und in ernsthaften Schwierigkeiten, also steh auf !«
Er rührt sich nicht. Da ist zu viel Blut. Ich taste mich mit meinen Sidhe -Seher-Sinnen vor. Ich erkenne nichts auf dem Felsen – nur mich.
Ich schreie.
Kein Wunder, dass er mir eingeschärft hat, niemals die Nummer anzurufen, die in meinem Handy unter IYD – If You’re Dying (Wenn du stirbst) – gespeichert ist, es sei denn ich wäre tatsächlich in Lebensgefahr. Nach einer Weile fange ich erneut an zu lachen. Er war nicht derjenige, der Mist gebaut hat. Das war ich. Wurde ich manipuliert, oder habe ich das Fiasko ganz allein heraufbeschworen?
Ich hielt Barrons für unbesiegbar.
Ich warte immer noch darauf, dass er sich bewegt, umdreht, aufsetzt. Dass seine Wunden auf magische Weise heilen. Dass er mich mit einem seiner strengen Blicke bedenkt und sagt: Nehmen Sie sich zusammen, Miss Lane. Ich bin der Unseelie-König. Ich kann nicht sterben.
Das war eine meiner größten Ängste: dass er derjenige ist, der das Sinsar Dubh erschaffen und alles Böse darin gesammelt hat; jetzt will er es aus unerfindlichen Gründen zurückhaben, kann es aber nicht selbst einfangen. Bei der einen oder anderen Gelegenheit ziehe ich alles in Erwägung: Er ist ein Feenwesen, ein Halbblut, Werwolf, Vampir, ein uraltes verfluchtes Wesen aus grauen Vorzeiten, vielleicht sogar die Kreatur, die er und Christian an Halloween im Castle Keltar herbeirufen wollten – das Schlüsselwort in allen Thesen ist Unsterblichkeit; im Klartext: Barrons kann nicht getötet werden .
»Steh auf, Barrons!«, brülle ich. »Beweg dich, verdammt noch mal!«
Ich getraue mich nicht, ihn anzufassen; ich fürchte mich davor, dass sein Körper bereits kalt sein und ich die Verletzlichkeit seines Fleisches, die Sterblichkeit von Barrons fühlen könnte. »Verletzlichkeit«, »Sterblichkeit« und »Barrons« in einem Atemzug zu nennen fühlt sich an wie Blasphemie – fast so, als würde man durch den Vatikan schleichen und die Kreuze falsch herum an die Wände nageln.
Ich hocke zehn Schritte von seinem Leichnam entfernt.
Ich rühre mich nicht vom Fleck. Wenn ich ihm näher käme,müsste ich ihn auf den Rücken rollen und ihm in die Augen sehen. Und was, wenn sie so leer sind wie die von Alina?
Dann wüsste ich mit Bestimmtheit – genau wie bei Alina –, dass er nicht mehr lebt und meine Stimme ihn nicht mehr erreicht. Alina hat mich auch nicht mehr gehört, als ich rief: Sorry, Alina – ich wünschte, ich hätte öfter angerufen; ich wünschte, ich hätte die Wahrheit in unseren oberflächlichen Gesprächen erkannt; ich wünschte, ich wäre nach Dublin gekommen und hätte an deiner Seite gekämpft oder dir den Kopf zurechtgerückt, weil Angst, nicht Hoffnung dein Handeln bestimmt. Sonst hättest du dich mir anvertraut, Alina. Bei Barrons hätte ich mich entschuldigt, weil ich zu jung bin, um meine Prioritäten richtig zu setzen wie er, weil ich nicht erlebt habe, was immer er durchlitten haben mag. Dann würde ich ihn an die Wand drängen und küssen, bis er keine Luft mehr bekommt, und das tun, was ich schon tun wollte, als ich ihn das erste Mal in seinem verdammten Buchladen gesehen habe. Ihn so durcheinanderbringen, wie er mich durcheinandergebracht hat, ihn zwingen, mich zu sehen, mich zu wollen, seine Selbstbeherrschung zu verlieren und vor mir auf die Knie zu fallen. Und das alles, obwohl ich mir immer gesagt habe, dass ich einen solchen Mann gar nicht will, dass er zu alt für mich ist, zu wollüstig, mehr Tier als Mensch, das noch mit einem Fuß im Sumpf steckt. In Wahrheit hatte ich nur Angst vor den Empfindungen, die er in mir wachrufen konnte. Mit den Gefühlen, zu denen Jungs die Mädchen verleiten, hatte das nicht viel zu tun – keine Träume von Babys und weißen Lattenzäunen –, sondern viel mehr mit wilder Leidenschaft und Selbstaufgabe, als könne man nicht mehr leben, wenn man diesen einen Mann nicht ständig um sich hat. Es zählt nur noch das, was er denkt, der Rest der Welt kann zur Hölle gehen. Dabei wusste ich, dass Barrons mich ändern kann. Wer möchte schon mit jemandem zusammen sein,
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