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Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Allanons Schatten ihm gegeben hatte, oder er war es nicht. Entweder war er dazu bestimmt, in den Besitz des schwarzen Elfensteins zu gelangen und Paranor und die Druiden zurückzubringen, oder er war es nicht. Entweder würde er Uhl Belk überleben, oder auch nicht. Er stellte nicht mehr in Frage, daß seine Zweifel einer Entschlossenheit weichen mußten; er erlaubte sich nicht mehr, sich mit »Was, wenn’s« abzugeben, die ihn so lange geplagt hatten. Die Umstände hatten ihn an diesen Ort geführt, und das war genug. Gleich, ob er überlebte oder den Tod fand, er wäre endlich frei von der Vergangenheit. War die Shannara-Magie in ihm lebendig und trotz des Verlustes seines Armes an das Asphinxgift stark genug, um dem Zorn des Steinkönigs standzuhalten? War das Vermächtnis, das Allanon Brin Ohmsford übertragen hatte, für ihn bestimmt? Er würde es erfahren. Wissen, dachte er mit unleugbarer Ironie, war immer befreiend.
    Morgan Leah war weniger gewiß.
    Ein halbes Dutzend Schritte hinter ihm klammerte sich der Hochländer an Quickenings Hand, eine zerbrechliche Schale, in der Ängste und Befürchtungen wie gefangene Fliegen umhersummten. Im Gegensatz zu Walker Boh wußte er schon viel zuviel. Er wußte, daß Walker nicht mehr der Dunkle Onkel von früher war, daß der Mythos seiner Unbesiegbarkeit gleichzeitig mit seinem Arm in Scherben gegangen war und daß er von der gleichen Welle von Prophezeiungen und Versprechungen getragen wurde, wie sie alle. Er wußte, daß er selber noch unfähiger war, ein Mann ohne eine intakte Waffe und einer Magie beraubt, die ihn bei früheren Auseinandersetzungen mit weit geringeren Gegnern nur um Haaresbreite gerettet hatte. Er wußte, daß alles von ihnen beiden allein abhing, daß Quickening nicht eingreifen konnte, daß sie ihr Schicksal teilen, aber nicht beeinflussen konnte. Er konnte behaupten, daß er verstand, warum sie den schwarzen Elfenstein brauchte, warum sie den Versprechungen ihres Vaters glaubte und darauf vertraute - er konnte es beim Namen nennen. Er konnte beten, daß sie das, was sie da unternahmen, irgendwie überleben würden, daß ein Wunder sie retten würde. Aber die Ängste und Befürchtungen ließen sich durch Worte und Gebete nicht vertreiben; sie ließen sich mit falschen Hoffnungen nicht beschwichtigen. Sie flohen in seinem Inneren wie aufgeschrecktes Wild, und er konnte sein Herz zur Antwort auf ihre Flucht heftig pochen hören.
    Was würde er tun, fragte er sich verzweifelt, wenn der Steinkönig diese toten Augen auf ihn richtete? Wo sollte er die Kraft hernehmen?
    Heimlich warf er einen Seitenblick auf Quickening, auf die Linien und Schatten ihres Gesichts und den dunklen, beruhigenden Glanz in ihren Augen.
    Doch Quickening ging neben ihm, ohne es zu merken.
    Sie folgten den leeren Straßen zum Herzen der Stadt, schlichen wie Katzen mit dem Rücken zu den Hausmauern entlang der steinernen Bänder der Gehsteige. Sie konnten den Boden unter sich beinahe von dem Leben des Steinkönigs pulsieren fühlen; konnten fast das Geräusch seines Atems in der Stille hören. Eine alte Gottheit, ein Geist, ein Wesen von unbegreiflicher Macht - sie konnten seine Augen auf sich gerichtet fühlen. Die Minuten verstrichen, Straßen und Gebäude kamen und gingen mit einer Gleichförmigkeit, die von Zeitaltern wisperte, die gekommen und gegangen waren, von Leben vor dem ihren, das diesen Weg gegangen war, ohne Spuren zu hinterlassen. Eine erdrückende Gewißheit erfaßte sie, eine wortlose Stimme, ein kaum erinnertes Gesicht, eine federleichte Berührung, alles dazu angetan, sie von der Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens zu überzeugen. Sie fühlten seine Gegenwart und reagierten jeder auf seine Weise, jeder mit der ihm zur Verfügung stehenden Abwehr. Keiner kehrte um. Keiner gab nach.
    Aneinander gebunden durch ihre Entschlossenheit, diesem Alptraum ein Ende zu setzen, gingen sie weiter.
    Im Osten hellte sich das fahle Dämmerlicht zu frostigem Silbernebel auf, der sich mit den Wolken paarte und die Stadt kristallen machte.
    Kurz darauf sahen sie die Kuppel zum ersten Mal, und Walker Boh drängte sich in den Schatten des Hauses, an dem sie entlanggingen, als fürchte er, die Kuppel könne sie sehen. Er führte sie den Gehsteig zurück und eine Nebenstraße entlang, hinüber und eine andere hinunter; im Zickzack schlängelten sie sich durch das Labyrinth. Sie schlichen durch die Feuchtigkeit wie ein Wasserrinnsal, das immer das niedrigste Niveau sucht und nie

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