Shannara V
herannahen hören, aber das Geräusch schien aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen. Wo …?
Aus dem Schatten eines dunklen Eingangs schoß der Schleicher hervor und schlug mit seinen eisernen Armen wenige Zentimeter neben Pe Ell auf den Boden, und der Mörder sprang davon. Pe Ell brüllte vor Wut und Entsetzen.
So schnell!
Er wollte sich umwenden und kämpfen, wollte das Monster auf das kalte Eisen des Stiehls reagieren sehen, wenn er seinen Leib in Streifen zerschnitt. Er wollte fühlen, wie der Schleicher starb. Aber er rannte statt dessen wieder weiter, jagte über die Steinwege der Stadt, die Straßen hinunter an den Hausmauern entlang, durch Schatten und graues Licht, ein Hauch von etwas, das schwärzer war als die Nacht. Tentakel knisterten und peitschten hinter ihm her, fingen sich in Türen und Fensterrahmen, fetzten sie auseinander und ließen Staub und Steinsplitter aufstieben. Der massige Leib raste auf metallenen Beinen donnernd über den Stein. Der Kratzer schien immer schneller zu werden. Falls das Tageslicht ihn störte, falls seine Blindheit ihn behinderte, so war davon jetzt nichts zu merken. Pe Ell konnte seine wilde Wut fühlen, als wäre sie greifbar.
Die Verfolgungsjagd führte eine weitere Straße entlang und um eine letzte Ecke. Pe Ell fühlte, daß er an Vorsprung verlor. Vor ihm endete die Straße vor einem versteinerten Park mit Stufen, die in ein Becken mit einer geflügelten Statue in der Mitte führten - und davor eine Falle, die gleiche Falle, in die der Hochländer und der alte Mann ein paar Tage zuvor gestürzt waren.
Horner Dees wartete an das Seil gebunden am Rand der versteckten Tür als Köder für die Falle. Pe Ell sprang seitlich auf den Gehsteig und beschleunigte, als der Kratzer hinter ihm mit peitschenden Tentakeln um die Ecke bog. Er rannte an Horner Dees vorbei, erhaschte einen Blick auf sein rauhes, unter dem dichten Bart bleiches Gesicht, und sprang zu der Mauer, wo die Seile für den Flaschenzug bereitlagen. Er zog sie stramm, und Horner Dees wurde über der Falle in die Höhe gerissen. Pe Ell hörte den Schleicher die Straße entlangtrampeln, und er hörte Horner Dees schreien. Der Kratzer entdeckte den alten Mann, veränderte seine Richtung leicht und stürmte auf ihn zu. Dees strampelte gegen seinen Willen, als der Moloch mit quietschenden Eisenscharnieren auf ihn zudonnerte.
Dann löste sich die Falltüre und das Monster begann abzustürzen. Es schlidderte wild und scheppernd die Steinrampe hinunter. Es war so begierig gewesen, den Fährtensucher zu schnappen, daß es die Falle vergessen hatte. Jetzt hatte es den Schleicher erwischt, und er rutschte hinunter und außer Sicht. Pe Ell schrie entzückt auf.
Doch plötzlich kamen die Tentakel zum Vorschein und klammerten sich an steinerne Vorsprünge - eine Ecke der Stufen des Beckens, ein Stück einer halb eingestürzten Mauer, was immer sie fanden. Und das Vieh rutschte nicht mehr. Staub stieg auf und verdunkelte alles. Pe Ell zögerte, vergaß einen Augenblick lang an dem Seilzug zu ziehen, der Dees festhielt. Dann hörte er den alten Mann brüllen. Er riß heftig an den Seilen, doch sie rührten sich nicht. Etwas zog am anderen Ende, etwas, das weit mehr Kraft hatte als er. Er hatte zu lange gewartet. Der Kratzer hatte Horner Dees.
Pe Ell zauderte nie. Er dachte nicht an sein Versprechen; sein Wort zu halten, war ihm nie wichtig erschienen. Er reagierte nur. Er ließ die Seile fallen, sprang von der Mauer und raste durch das steinerne Becken auf die Straße. Er sah den alten Fährtensucher mit Händen und Füßen um sich schlagend, einen Fangarm um seinen stämmigen Leib gewickelt, über den Stein zum Rand des Lochs rutschen. Er erreichte Horner Dees gerade in dem Moment, in dem der alte Mann im Loch verschwinden würde. Mit einem Hieb des Stiehls wurde der Fangarm durchtrennt, ein zweiter zerschnitt die Seile des Flaschenzugs.
»Hau ab!« brüllte Pe Ell und stieß den kräftigen Mann vorwärts.
Ein Tentakel schlängelte sich näher und versuchte, ihm die Arme zu fesseln. Er wand sich, die Klinge des Stiehls glühte mit magischer Kraft, und der Fangarm fiel ab. Pe Ell raste nach links und zerschnitt die Tentakel, die den Kratzer festhielten. Staubwolken stiegen in die Luft und vermischten sich mit dem Dunst, bis man kaum noch etwas erkennen konnte. Pe Ell folgte seinem Instinkt. Er huschte und sprang zwischen dem Gewirr von Tentakeln herum, und zerhackte einen nach dem anderen. Dann hörte er ein
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