Sherlock Holmes und das Phantom der Oper
daher die Worte ›nicht mehr als‹ großzügig interpretiert und die Aktivitäten des Geistes um zehn Jahre verschoben. Ich hoffe, daß dies niemanden allzusehr erschüttern wird.
Darüber hinaus bin ich, wie stets, einer großen Anzahl von Gelehrten und Theoretikern unter den Sherlockianern verpflichtet, vor allem dem inzwischen verstorbenen William S. Baring-Gould, dem Verfasser der ersten Holmes-Biographie, der auch die Anmerkungen zur Gesamtausgabe von Clarkson N. Potter beigesteuert hat und dessen Chronologie ich ohne Bedenken übernommen habe.
Zwei Nachschlagewerke haben sich als unschätzbar erwiesen: Sherlock Holmes and Dr. John. H. Watson, M.D.: An Encyclopedia of Their Affairs von Orlando Clark; und The Encyclopedia Sherlockiana: A Universal Dictionary of Sherlock Holmes and His Biographer, John H. Watson, M.D. von Jack Tracy.
Ebenfalls verpflichtet bin ich Otto Friedrichs gut lesbarer Geschichte des zweiten Kaiserreichs, Olympia: Paris im Zeitalter von Manet , die mein Interesse am neunzehnten Jahrhundert und Frankreich angefacht hat, lange bevor ich mir erträumen konnte, dieses Buch zu schreiben, und auch dem Guide Michelin für Paris, der mir sehr gelegen kam, nachdem ich mich entschieden hatte, einen solchen Traum Realität werden zu lassen.
Besonderen Dank schulde ich meiner Frau Lauren, deren Geduld, Rat, Ermutigung, kritischer Scharfsinn und nie nachlassender Enthusiasmus mich durchhalten ließen, wenn ich an mir selbst irre zu werden drohte.
Es bleibt schließlich noch ein Helfer übrig, der genannt werden muß.
»Dein Alter ist also Irrenarzt«, sagte man mir während meiner Kindheit immer wieder. »Ist er Freudianer?«
Wie sollte ich das wissen. Ich war ja niemals hei ihm in Therapie gewesen.
»He, Papa, bist du Freudianer?«
»Das ist eine dumme Frage«, antwortete er und zündete sich seine Pfeife an.
»Wieso?«
»Weil man nicht darum herumkommt, jede Geschichte der Psychoanalyse mit Freud zu beginnen, genauso wie man eine Geschichte Nordamerikas mit den Indianern anfangen muß – oder mit Columbus. Aber anzunehmen, daß seit Columbus nichts mehr geschehen sei, ist nicht nur absurd, sondern es ist auch völlig falsch. Und es wäre genauso starrsinnig und furchtbar doktrinär, so zu tun, als wäre seit Freud nichts mehr geschehen.«
(Er fuhr dann fort und stellte mir seinen karthographischen Vergleich mit Columbus vor, der zu Beginn dieses Romans beschrieben wird.)
»Wenn ein Patient zu mir kommt«, erklärte mein Vater weiter, »höre ich zu, was er zu sagen hat. Und ich höre darauf, wie er es sagt. Ich versuche herauszuhören, was er nicht sagt. Und diese und andere Beobachtungen betrachte ich dann vor dem Hintergrund einer ansehnlichen klinischen Erfahrung. Ich bin, um es kurz zu sagen, auf der Suche nach Hinweisen – von ihm –, die mir helfen können, herauszufinden, warum er nicht glücklich ist. Freud hat damit nicht viel zu tun.«
Es folgte eine lange Pause, in der ich das zu verdauen versuchte. Ich sah meinem Vater zu, wie er zufrieden an seiner Pfeife paffte. Plötzlich wußte ich, wer es war, an den Sherlock Holmes mich stets erinnert hatte, die ganze Zeit über. Es hatte mir immer auf der Zunge gelegen, ohne daß ich es hatte aussprechen können.
Danke, Papa.
Ins Deutsche übertragen von Michaela Link
BASTEI-LÜBBE-TASCHENBUCH Band 13596
Erste Auflage: November 1994
Zweite Auflage: Dezember 1994
© Copyright 1993 by Nicholas Meyer
All rights reserved
Deutsche Lizenzausgabe 1994
by Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co., Bergisch Gladbach
Originaltitel: The Canary Trainer
Lektorat: Stefan Bauer
Titelbild: Red Point Studios
Gabriele Rehak-Döring
Zeichnungen und Vignette: Fabian Fröhlich
Umschlaggestaltung: Quadro Grafik, Bensberg
Satz: KCS GmbH, Buchholz/Hamburg
Druck und Verarbeitung: Brodard & Taupin, La Flèche, Frankreich
Printed in France
ISBN 3404135962
Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Fußnoten
Für die Echtheit von Papier und Tinte haben sich die Abteilung für kriminaltechnische Spurensicherung von Scotland Yard und Professor Harding von der Nationalgalerie London verbürgt. Die Handschrift ist von zwei Experten auf diesem Gebiet aus Langley, Virginia, die namentlich zu nennen mir nicht gestattet ist, als diejenige Watsons bestätigt worden.
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Vielleicht existiert – oder existierte – irgendwo an anderer Stelle eine
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