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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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Couch saß und sehr angestrengt nachdachte, und vor ihm stand ein anderer und sagte: »Und deshalb ist das und das wahr.«
    »Wieso denn das?« fragt der auf der Couch.
    »Trivial! Trivial!« sagt der andere und rasselt eine Reihe von logischen Schritten herunter: »Als erstes nimmst du das und das an, dann haben wir Kerchoffs dies und jenes; dann gibt es das Waffenstoffersche Theorem, und das ersetzen wir und konstruieren dann dies. Jetzt nimmst du den Vektor, der hier herumgeht, und dann das und das...« Der Typ auf der Couch müht sich ab, dieses ganze Zeug zu verstehen, das mit großer Geschwindigkeit noch ungefähr eine Viertelstunde so weitergeht!
    Schließlich kommt der, der steht, zum Schluß, und der auf der Couch sagt: »Yeah, yeah. Das ist trivial.«
    Wir Physiker lachten uns kaputt und versuchten daraus schlau zu werden. Wir beschlossen, daß »trivial« soviel heißt wie »bewiesen«. Deshalb trieben wir mit den Mathematikern unsere Spaße: »Wir haben ein neues Theorem - nämlich: Mathematiker können nur triviale Theoreme beweisen, denn jedes bewiesene Theorem ist trivial.»
    Den Mathematikern gefiel dieses Theorem nicht, und ich neckte sie deswegen. Ich sagte, daß es nie irgendwelche Überraschungen gebe - daß Mathematiker nur Dinge beweisen, die offensichtlich sind.
    Die Topologie war für die Mathematiker durchaus nicht offensichtlich. Es gab allerlei verrückte Möglichkeiten, die »unanschaulich« waren. Dann hatte ich einen Einfall. Ich forderte sie heraus: »Ich wette, ihr könnt mir nicht ein einziges Theorem nennen - und zwar die Annahmen und das Theorem in Begriffen, die ich verstehen kann -, bei dem ich euch nicht auf der Stelle sagen kann, ob es zutrifft oder falsch ist.«
    Das lief oft so: Sie erklärten mir: »Du hast eine Orange, o. k.? Nun schneidest du die Orange in unendlich viele Stücke, setzt sie wieder zusammen, und sie ist so groß wie die Sonne. Wahr oder falsch?«
    »Keine Löcher?«
    »Keine Löcher.«
    »Unmöglich! So etwas gibt's nicht.«
    »Ha! Wir haben ihn! Kommt mal alle her! Es ist Soundsos Theorem des unmeßbaren Maßes!«
    Genau dann, wenn sie meinen, sie hätten mich, erinnere ich sie: »Aber ihr habt doch von einer Orange gesprochen! Man kann die Orangenschale nicht dünner schneiden als die Atome.«
    »Aber wir haben die Bedingung der Kontinuität: Wir können immer kleiner schneiden!«
    »Nein, ihr habt von einer Orange gesprochen, also habe ich angenommen , daß ihr eine wirkliche Orange gemeint habt.«
    Auf diese Weise gewann ich immer. Wenn ich richtig riet, großartig! Riet ich falsch, dann konnte ich immer etwas in ihren Vereinfachungen finden, das sie ausgelassen hatten.
    Tatsächlich war an meinen Vermutungen wirklich etwas dran. Ich folgte einem Schema, das ich noch heute benutze, wenn mir jemand etwas erklärt, das ich zu verstehen versuche: ich denke mir Beispiele aus. Die Mathematiker kamen zu Beispiel mit einem tollen Theorem an, und sie sind ganz aufgeregt. Während sie mir die Bedingungen des Theorems nennen, konstruiere ich etwas, das alle Bedingungen erfüllt. Etwa so: Gegeben sei eine Menge (eine Kugel) - und die Menge sei disjunkt (zwei Kugeln). Dann stelle ich mir vor, daß die Kugeln farbig werden, daß sie Haare bekommen oder sonstwas, während die Mathematiker immer mehr Bedingungen stellen. Schließlich tragen sie das Theorem vor, und das ist dann irgendwas Dummes über die Kugel, was für mein haariges grünes Kugel-Ding nicht zutriff;, also sage ich: »Falsch!«
    Dann sind sie ganz begeistert, und ich lasse ihnen den Spaß für eine Weile. Danach weise ich auf mein Gegenbeispiel hin.
    »Oh. Wir haben vergessen, dir zu sagen, daß es sich um einen Hausdorffschen Homomorphismus 2. Klasse handelt.«
    »Ja, wenn das so ist«, sage ich. »Dann ist es trivial! Trivial!« Aber zu dem Zeitpunkt weiß ich, wie es geht, auch wenn ich nicht weiß, was Hausdorffscher Homomorphismus bedeutet.
    Meistens riet ich richtig, denn obwohl die Mathematiker meinten, ihre Topologie-Theoreme seien unanschaulich, waren sie eigentlich nicht so schwierig, wie sie aussahen. Man kann sich an die komischen Eigenschaften dieses Geschäfts gewöhnen, wo alles bis in allerletzte Feinheiten zerlegt wird, und recht gut erraten, was dabei herauskommen wird.
    Obwohl ich den Mathematikern eine Menge Schwierigkeiten machte, waren sie immer sehr freundlich zu mir. Das war ein lustiger Haufen, immer dabei, etwas zu entwickeln, und sie waren unheimlich begeistert davon. Sie

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