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Sieben Siegel 06 - Die Nacht der lebenden Scheuchen

Sieben Siegel 06 - Die Nacht der lebenden Scheuchen

Titel: Sieben Siegel 06 - Die Nacht der lebenden Scheuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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widersprach Lisa entschieden.
    Kyra stimmte zu. »Das hätten wir gerochen.«
    Wieder verfielen sie alle in Schweigen und blickten auf das Schaf hinab.
    Henrietta war tot, gewiss – doch die Vogelscheuche, von der Kropf gesprochen hatte, war nirgends zu sehen.
    Kyra rang nach Luft. »Sie ist erstochen worden, oder?«
    »Sieht so aus«, erwiderte Chris. »So eine verdammte Sauerei!«
    Lisa wischte sich die Tränen von den Wangen.
    »Kropf hat gesagt, die Vogelscheuche hätte …« – sie stockte – »… sie hätte in dem Schaf gesteckt.«
    Chris überwand seinen Widerwillen und betrachtete die Wunde genauer. »Könnte hinkommen.« Er rümpfte die Nase. »Mann, ist das eklig.« Er erhob sich und machte einen Schritt nach hinten.
    »He, seht mal!«, rief plötzlich Nils aus und deutete nach rechts, in jene Richtung, in der in einiger Entfernung Giebelstein lag.
    Zwischen den Hecken blitzte ein Lichterpaar auf. Scheinwerfer! Ein Fahrzeug rumpelte über den schmalen Feldweg und näherte sich der Kieselwiese. Jeden Moment würde es hinter den Büschen hervorkommen.
    »Los, hauen wir ab!«, entschied Kyra. »Das ist ein Polizeiwagen.«
    »Aber wir haben doch nichts getan«, sagte Lisa.
    »Wollt ihr neben einem toten Schaf gefunden werden?«, fragte Kyra. »Ich meine, für die sind wir Kinder! Die werden glauben, dass wir das waren. Irgend so ein blöder Streich.«
    Nils zog eine Grimasse. »Lustiger Streich!«
    Alle vier drehten sich um und rannten den Hügel hinauf. Sie konnten sich gerade noch hinter der Kuppe verstecken, bevor der Polizeiwagen das Ende der Hecke erreichte. Das Blaulicht war abgeschaltet, und so tauchten nur die Scheinwerfer die Wiese und das tote Schaf in kaltes, weißes Licht.
    Die Freunde warfen sich ins Gras und beobachteten zwischen den Halmen hindurch, was dort unten geschah.
    Der Wagen hielt an. Zwei Polizisten stiegen aus. Kropf saß auf dem Rücksitz. Er verließ den Wagen als Letzter und folgte den Uniformierten zu Henriettas Kadaver.
    »Er hat Glück gehabt«, flüsterte Nils. »Er muss dem Streifenwagen genau über den Weg gelaufen sein. Sonst wären die niemals so schnell hier gewesen!«
    Seit Giebelstein kein eigenes Polizeirevier mehr hatte, patrouillierten hier manchmal Streifenwagen aus der nächstgrößeren Stadt. Kropf musste einem davon begegnet sein.
    Die Freunde spitzten die Ohren und versuchten zu verstehen, was die Männer dort unten sprachen. Vergeblich. Die Entfernung war zu groß.
    »Kommt, wir gehn nach Hause«, meinte schließlich Chris.
    Nils fluchte. »Ich glaub, ich hab mich in ’nen Kuhfladen gelegt.«
    »Uuh«, machte Kyra und rümpfte die Nase.
    »Wartet mal!«, zischte in diesem Augenblick Lisa. »Oh nein!«
    »Was ist?«
    Lisa hielt den anderen ihren nackten Unterarm hin.
    Sie sahen es alle auf einmal, und sofort rasten die Blicke der drei anderen auf ihre Arme.
    Da waren sie – die Sieben Siegel! Wie frisch mit schwarzer Tinte aufgetragen, schimmerten die magischen Schriftzeichen auf ihrer Haut.
    »Scheiße!«, fluchte Nils.
    »Kann man wohl sagen«, stimmte Chris zu. Es kam selten genug vor, dass er und Nils einer Meinung waren.
    Unten auf der Wiese führten die Polizisten den alten Kropf zurück zum Wagen. Das Fahrzeug setzte zurück, wendete und fuhr langsam zwischen den Hecken davon. Wahrscheinlich würden die Polizisten mit einem Tierarzt zurückkehren, der ihnen etwas über die exakte Todesursache sagen konnte.
    »Schaut mal, da drüben«, kam es von Kyra. Ihre Stimme klang eisig.
    Die Blicke der Übrigen folgten ihrem ausgestreckten Arm.
    Auf der anderen Seite der Kieselwiese, dort, wo der Boden wieder anstieg, gut fünfzig Meter von dem toten Schaf entfernt, stand eine Gestalt. Sie erhob sich oben auf dem Kamm des Hügels, hoch und dürr und Ehrfurcht gebietend. Zerzauste Lumpen flatterten gespenstisch um ihre ausgestreckten Arme.
    Die Vogelscheuche.
    »Ich will hier weg«, flüsterte Nils und sprach damit aus, was alle dachten.
    Blitzschnell sprangen sie auf und rannten den Weg zurück, den sie gekommen waren. Das tote Schaf, die Siegel – und jetzt auch noch die Vogelscheuche. Das war zu viel für einen einzigen Abend. Erst einmal mussten sie irgendwohin, wo sie sicher waren.
    Erst einmal Atem holen.
    Sich beraten.
    Einen Plan fassen.
    Oben auf dem Hügel drehte sich die Vogelscheuche knirschend zur Seite – so, als blicke sie den vier Freunden aus schwarzen, schattigen Augenhöhlen hinterher.
    Aber vielleicht war es auch nur der Wind, der sie

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