Sigma Force 03 - Der Genisis Plan
er Kratzer. Halten Sie ihn fest, rief Lisa. Ang Gelu tat sein Bestes – doch als hätte der Wahnsinnige die Absicht der Ärztin geahnt, warf er sich plötzlich vor und biss Ang Gelu in die Wange. Seine Zähne drangen bis zum Knochen vor. Der Mönch schrie auf, ließ aber nicht locker.
Lisa kam ihm zu Hilfe, rammte dem Wahnsinnigen die Kanüle in den Hals und drückte den Kolben hinunter. Lassen Sie ihn los! Ang Gelu versetzte dem Mann einen Stoß, sodass dieser mit dem Schädel gegen den Türrahmen prallte. Dann traten sie beide zurück.
Die Wirkung setzte in weniger als einer Minute ein. Lisa hätte dem Kranken das Mittel lieber intravenös injiziert, doch das war unter den gegebenen Umständen nicht möglich gewesen. Die muskuläre Injektion musste reichen. Sobald der Mann ruhiggestellt war, würde sie ihn besser versorgen können und vielleicht erste Erkenntnisse gewinnen.
Der nackte Mönch fasste sich stöhnend an den Hals. Das Beruhigungsmittel brannte. Er schwankte vor und bückte sich nach der am Boden liegenden Sichel. Dann richtete es sich wieder auf.
Lisa zerrte an Ang Gelus Gewand. Vorsicht…. Wumm!
In dem engen Gang war der Gewehrschuss ohrenbetäubend laut. Der Kopf des wahnsinnigen Mönchs explodierte in einem Schauer von Blut und Knochen. Von der Wucht des Treffers wurde er zurückgeschleudert und brach zusammen. Lisa und Ang Gelu starrten den Schützen entsetzt an. Der nepalesische Soldat hatte die Waffe noch immer angelegt. Langsam ließ er sie sinken. Ang Gelu schalt ihn in seiner Heimatsprache aus und hätte ihm beinahe die Waffe entrissen. Lisa kniete nieder und tastete nach dem Puls des Mannes. Nichts. Sie nahm die Leiche in Augenschein. Um die Ursache des Wahnsinns herauszufinden, müsste eine Autopsie mit modernsten Geräten durchgeführt werden. Der Schilderung des Boten nach zu schließen, war er nicht als Einziger erkrankt. Auch andere Mönche mussten mehr oder weniger stark betroffen sein.
Aber was die Ursache? Hatten die Mönche mit dem Trinkwasser Schwermetalle zu sich genommen, war aus der Erde ein giftiges Gas ausgetreten, oder war das Korn von giftigem Schimmel befallen gewesen? Handelte es sich um ein Virus wie den Ebola-Erreger? Oder um eine unbekannte Form von Rinderwahnsinn? Sie überlegte, ob Yaks von der Rinderseuche befallen wurden. Sie wusste es nicht.
Ang Gelu war wieder neben sie getreten. An der Wange hatte er eine blutige Wunde, doch er beachtete sie nicht. Sein ganzer Schmerz rührte von der Leiche her.
Er hieß Relu Na Havarshi. Sie kannten ihn. Der Mönch nickte. Es war der Cousin meines Schwagers. Er stammte aus einem kleinen Dorf in Raise. Er war unter den Einfluss maoistischer Rebellen geraten, doch deren Wüten war gegen seine Natur. Deshalb setzte er sich ab. Damit hatte er sein eigenes Todesurteil gesprochen. Ich verschaffte ihm eine Anstellung im Kloster, weil ich glaubte, dass seine ehemaligen Kameraden ihn hier niemals finden würden. Hier fand er die nötige Ruhe, um wieder gesund zu werden – zumindest hoffte ich das. Jetzt muss er seinen eigenen Weg zum Seelenfrieden finden.
Es tut mir leid. Lisa richtete sich auf. Sie dachte an die im Nebenraum gestapelten Gliedmaßen. Hatte der Wahnsinnige einen posttraumatischen Schock ausgelöst und ihn dazu gebracht, seine größten Ängste auszuagieren?
An der Decke knarrte es wieder. Alle Blicke wandten sich nach oben. In der Zwischenzeit hatte Lisa ganz vergessen gehabt, was zuvor ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Ang Gelu zeigte zu einer schmalen Treppe neben dem mit einem Vorhang verhüllten Tempeleingang. Die hatte sie bislang übersehen. Eher war es eine Leiter als eine Treppe.
Ich gehe rauf, sagte er. Wir bleiben zusammen, widersprach Lisa. Sie nahm eine weitere Spritze aus der Tasche und zog vorsichtshalber ein Sedativum auf. Die Spritze behielt sie wie eine Waffe in der Hand. Sorgen Sie dafür, dass unser Scharfschütze den Finger vom Abzug lässt.
Der Soldat stieg als erster die Leiter hoch. Als er sich umgesehen hatte, bedeutete er ihnen nachzukommen.
Lisa folgte ihm und gelangte in einen leeren Raum. In der Ecke waren dünne Kissen gestapelt. Es roch nach Harz und Räucherstäbchen, die unten im Tempelraum brannten. Der Soldat zielte mit der Waffe auf eine Holztür an der anderen Seite. Licht fiel über die Schwelle. Bevor sie sich der Tür nähern konnten, wanderte ein Schatten durch das
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