Skulduggery Pleasent -2- Das Groteskerium kehrt zurück
den Füßen hatte und stehen konnte.
In tiefen Zügen füllte sie ihre Lunge mit Luft und schaute zurück zum Pier. Wegen der Lampen vor ihr, die alles zu einer kompakten schwarzen Masse werden ließen, konnte sie nichts erkennen. Sie hievte sich aus dem Wasser. Es herrschte Flut, sodass kaum Ufer da war, an das sie wanken konnte, doch es gelang ihr, sich auf den verbliebenen Strandstreifen zu schleppen. Und dann kam etwas aus der Dunkelheit und schlug sie nieder, und sie landete im Sand.
Sie schlug um sich und wälzte sich herum, doch da war noch jemand, und eine Faust traf sie im Gesicht. Die Umrisse eines Mannes, der leicht gebückt über ihr stand.
Dusk.
Das Menschenfleisch, das er versucht hatte loszuwerden, klebte an manchen Stellen noch an seiner Vampirhaut. An der rechten Hand hatte er Krallen, doch die linke war noch eine Menschenhand. Sein Gesicht war das eines Mannes, eines ehemals gut aussehenden Mannes, der nun eine Narbe hatte, aber die Vampirzähne hatten sein Zahnfleisch durchstoßen und ihm die Lippen aufgerissen.
Walküre spreizte die Finger und wartete, bis ihr Kopf klar wurde. Dusk rührte sich nicht.
Sie streckte die Hand aus, und jetzt bewegte auch er sich, packte ihre Handgelenke, bevor sie gegen die Luft drücken konnte. Er riss sie hoch und wirbelte sie herum, packte sie von hinten und legte ihren Hals frei.
Walküre erstarrte.
Der Vampir lachte kehlig. „Ich werde dich nicht umbringen. Ich werde dich umwandeln. Du wirst sein wie ich.“
Sie wollte reden, etwas sagen, brachte jedoch nichts heraus. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut.
„Weißt du, wen du als Erstes umbringen wirst, Unruh?“, fragte er. „Weißt du, wen du in Stücke reißen wirst, weil der Blutrausch das Einzige ist, das zählt? Deine Eltern.“
„Nein“, keuchte sie.
„Für das, was du mir angetan hast, für die Narbe, die ich von dir habe, und für die Schmerzen, die ich jetzt wegen dir aushalten muss, wirst du mich einmal anflehen, deine Eltern umbringen zu dürfen. Dafür werde ich sorgen, wenn es so weit ist.“
Und dann eine Stimme: „Dusk.“
Der Vampir drehte sich um, und da war jemand, der sie aus der Dunkelheit heraus ansprang. Walküre spürte einen Aufprall und fiel nach vorn. Sie hörte, wie auch der Vampir im Sand landete. Er knurrte. Sie drehte den Kopf und sah zwei Gestalten, die sich ineinander verhakten.
Derjenige, der sie gerettet hatte - sie hatte gedacht, es sei Skulduggery, erkannte nun aber, dass er es nicht war -, war schnell, so schnell wie Dusk. Er trug einen abgerissenen Anzug und einen verbeulten Zylinder.
Dusk holte zum Schlag aus, und die Gestalt mit dem Zylinder duckte sich, und ihre Fingernägel ratschten über den Bauch des Vampirs, dass es blutete.
Dusk ließ ein wütendes Gebrüll hören, und die Gestalt trat ihm mit dem Fuß ins Gesicht. Dusk fiel nach hinten, griff aber sofort wieder an, erwischte den Neuen mitten im Sprung, und beide landeten in der Brandung. Klauen schlugen zu, und der Mann im Zylinder schrie auf.
Walküre griff nach einem Stein, flach, aber dick und schwer. Dusk war wieder auf den Beinen, stand über dem Neuen, und Walküre lief hin und schlug ihm mit dem Stein auf den Hinterkopf. Dusk knickte etwas ein, der Neue hob den Fuß und trat Dusk mitten ins Gesicht.
Walküre testete die Luft zwischen ihnen, streckte beide Hände mit gespreizten Fingern aus. Sie traf Dusk im Rücken, und er stürzte ins Wasser.
Der Neue war wieder auf den Beinen, sprang plötzlich kerzengerade in die Luft und verschwand in der Dunkelheit.
Dusk krabbelte aus dem Wasser, das menschliche Gesicht von Hass verzerrt. Der Mund, den er, um kein Salzwasser schlucken zu müssen, fest zugepresst hatte, öffnete sich jetzt zu einem gefährlichen Knurren. Den Mann im Zylinder konnte er nicht sehen, aber Walküre stierte er voller Wut an und ging auf sie zu. Im letzten Moment schaute er hoch und sah gerade noch, wie der Neue von oben auf ihn herunterschoss.
Die Absätze des Neuen krachten in Dusks nach oben gewandtes Gesicht, der Vampir brach zusammen und fiel in den nassen Sand.
Walküre sah zu, wie der Mann im Zylinder seine Wunden untersuchte und leise vor sich hin murmelte.
„Ist er tot?“, fragte sie.
„Nö“, antwortete der Fremde leicht atemlos, „er schläft nur.“ Er sprach mit einem deutlichen Londoner Akzent. „Leute zu retten ist normalerweise nicht mein Ding, aber wenn er hinter dir her war, geh ich mal davon aus, dass du was mit Vengeous zu tun hast.
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