Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt
Tür hinter ihm zu.
Lara lehnte sich zurück und schloß die Augen. Sie war froh, daß Helder gegangen war. Sie fragte sich, warum, aber sie fand keine Antwort.
II.
Sie trafen sich neben dem silbernen Jet, mitten in der glühenden Hitze der Wüste.
Conal Nord lehnte an dem Fahrzeug und wartete. Charru tauchte zwischen den schroffen Felsen auf, die den Übergang von der Steinwüste zu den ersten, von Quellen durchzogenen Ausläufern der Berge bildeten. Sekundenlang standen sie sich gegenüber: der schlanke blonde Venusier, in dessen Haltung die selbstverständliche Sicherheit einer jahrhundertealten Zivilisation lag, und der schwarzhaarige Barbarenfürst, nicht minder selbstbewußt, dessen brauner, muskulöser Körper etwas von der geschmeidigen Kraft einer Raubkatze hatte. Schweigend reichten sie sich die Hand, und sie wußten beide, daß das mehr war als eine Geste.
»Wir konnten nicht ahnen, daß Lara Ihre Tochter ist, Conal Nord«, sagte Charru langsam. »Sie haben mein Wort, daß wir sie nicht als Geisel benutzen, um euch mit ihrem Leben zu erpressen.«
Der Venusier nickte. »Das wußte ich. Sie werden sie freilassen?«
»Ja. Sobald ich zurück bin. - Und was geschieht dann?«
Nord hob die Schultern.
»Ich kann euch keine neuen Bedingungen bieten«, sagte er. »Ich bin nur hier, um mir eure Antwort zu holen.«
»Hat Jessardin Sie geschickt, weil er weiß, daß Sie der einzige sind, den wir nicht angreifen würden?«
»Er hat mich nicht geschickt. Er wäre selbst gekommen, aber ich konnte ihn davon überzeugen, daß es so besser ist.«
Charru nickte. Er starrte an dem großen, schlanken Mann vorbei in die Wüste, wo Laserkanonen und Polizeijets eine drohende Barriere bildeten.
»Warum laßt ihr uns nicht in Ruhe?« fragte er leise. »Was kümmert es euch, ob wir dieses Schiff wieder instandsetzen oder nicht, was...«
»Ihr habt immerhin den stellvertretenden Kommandanten des Raumhafens entführt«, stellte Conal Nord fest.
»Weil wir keine andere Wahl hatten! Weil wir jemanden brauchen, der uns hilft, wenn wir den Mars verlassen wollen, und weil das unsere einzige Hoffnung ist. Wir hätten es nicht zu tun brauchen, wenn ihr bereit gewesen wäret, uns eine Chance zu geben.« Charru hielt inne, hob den Kopf und suchte den Blick des anderen. »Und es ist nicht wahr, daß es um Helder Kerrs Entführung geht«, fuhr er fort. »Das gilt nur für Sie, das mag der Grund dafür gewesen sein, daß Sie unser Versteck preisgegeben haben. Aber Simon Jessardin würde uns so oder so verfolgen, ganz gleich, was wir tun. Warum? Warum glaubt er, daß wir auf irgendeinem anderen, vielleicht unbewohnten Planeten Unheil anrichten würden? Warum kann er uns nur tot oder in einem Käfig dulden?«
Conal Nord sah an ihm vorbei. »Weil ihr Erdenmenschen seid. Ihr habt seit Jahrhunderten Kriege geführt und...«
»Kriege, die uns aufgezwungen wurden!« Charrus Stimme klang rauh vor Bitterkeit. »Erinnern Sie sich nicht? Beim letztenmal hatten die schwarzen Götter, die ihr unter den Mondstein schicktet, den Priestern verkündet, daß die Feuerbestattung Frevel sei. Und daß die Tiefland-Stämme ihre Toten verbrannten - auch diese Tradition war ein Werk eurer Wissenschaftler. Ihr wolltet, daß es Krieg unter dem Mondstein gab. Ich habe es gehört, Conal Nord. Damals, als ich mich mit dem schwarzen Fluß durch die Flammenwand tragen ließ, weil ich sterben wollte, und statt dessen in eurer Welt landete - damals habe ich Sie mit Simon Jessardin vor der Kuppel stehen sehen und gehört; wie ihr über den Krieg unter dem Mondstein spracht. Sie sagten, Sie hätten nicht geglaubt, daß der Krieg tatsächlich genauso verlaufen würde, wie ihn die Wissenschaftler programmiert hatten. Sie nannten unsere Welt ein perfektes Spielzeug, und Jessardin meinte, es sei mehr als das. Lehrreich - das war dieser Krieg für euch. Meine Freunde starben, meiner Schwester wurde auf dem Opferstein bei lebendigem Leibe das Herz aus der Brust gerissen, und für euch war es lehrreich.«
Er verstummte.
Der Zorn hatte ihn fortgerissen, jetzt biß er sich auf die Lippen. Conal Nords Gesicht war blaß und beherrscht.
»Ich weiß das alles«, sagte er. »Ich weiß auch, daß es ein Unrecht war - sonst hätte ich Ihnen damals nicht zur Flucht verholfen. Aber jetzt kann ich nichts mehr für euch tun. Wenn ihr euch ergebt, werde ich meinen Einfluß im Rat dafür einsetzen, daß man euch irgendwo erträgliche Lebensbedingungen einräumt. Aber ich kann nichts
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